Eisenbart und Meisendraht ist das Literaturvermittlungsmagazin für geschundene Seelen. Jeden Monat wird ein neues Thema von unserem Schriftsteller*innenpool beackert und hernach in Radiowellen (Z) transformiert, in den Pod geschmissen und hier im Internet kybernetisch in den space gepresst.
Diese Seite ist gut, denn sie bietet eine einwandfreie Möglichkeit, in allen Beiträgen herumzustöbern, die im Rahmen von EB&MD veröffentlicht worden sind.
Aktuelle Themen
Neue Textbeiträge
Michael Ludwig: Fliegen
Wenn sich eine Fliege die Hände reibt, dann sieht das sehr menschlich aus. Sie ist voller Vorfreude, dass sie uns Menschen eines Tages überleben wird. Vielleicht freut sie sich auch gehässig über die Vorstellung, eines Tages ihre Eier in unsere verwesenden Körper zu legen und ihren Kindern, diesen weißen fettigen Maden dabei zuzusehen, wie sie uns auffressen. Der Entomologe nimmt uns aber jeden Spaß, wenn er erklärt, dass die Fliegen nur die Sensoren an ihren Beinen reinigen. Die Entomologie macht wie jede Wissenschaft irgendwann jeden fantasievollen Gedanken kaputt. Obwohl… das stimmt nicht ganz. Es gibt viele wirklich fantastische Sachen die...
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Theobald Fuchs: Fliegen
Ich liebe es zu fliegen. Richtig zu fliegen, frei in der Luft, ohne Geräte, ohne Maschinen. Nur mit der Kraft meiner Arme. Dabei fühle ich mich sicher, da ich ja selbst entscheide, in welche Höhe ich steige und wohin ich segele. Da wo ich selbst hinkomme, komme ich auch wieder heil heraus und zurück und herunter. Das ist die alte Regel. Der ich vertraue. Deswegen hat eine Katze Schnurrhaare, damit sie spürt, ob sie aus einem Loch wieder herauskommt, ehe sie hinein kriecht. Meine Mutter war dagegen, dass ich flog. Strikt dagegen. Sie wollte, dass ich etwas Gescheites lerne. Sie...
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Katja Schraml: schlupf
„Und ist doch so, dass du die Tür aufreißen möchtst und soviel Verlangen hast in dir drin, dass dir die Flügel herauswachsen müssten aus dem, was die anderen anschaun für deinen Buckel, wenn eins bloß Augen dafür hätt und hätt an dich noch einen Glauben. Aber das gibts ja nicht auf der beschissenen Welt. Was dich beißt, sind nicht deine Flügel, wo herausstoßen mit aller Gewalt, das bleibt ewig dein Buckel.“ Marieluise Fleißer, Der starke Stamm dem kaschpar wirds schlupfloch <gömställen1> unterm first zugemauert, weil er zu oft gegens fenster geflogen, zu viele brüche im glas verursacht, als dass ichs...
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Zeha Schmidtke: Ein Vogel frei
Beim ersten Knall bleiben die Dohlen sitzen. Die schmächtige ganz hinten links flattert kurz einen verschreckten Halbstart; die Ruhe des übrigen Schwarms bringt sie zurück auf den Boden. Aufgeregter als die anderen bleibt sie gleichwohl, sie pickt und scharrt und legt unter dem spinnwebdünnen Raureifglitzer das Schwarz der Ackerkrume frei. Die nächsten Schüsse fallen ineinander, Maschinengrummel tönt dazu. Fehlzündungen und ein alter Motor sind das, von einem Schießauto, einem Scheißauto. Mit fettigem Orgeln schiebt es sich aus der sanften Kurve in Sicht, viel zu viel Lärm für das bisschen Tempo und Steigung. Darinnen sitzt fast niemand. Vorn links so gerade...
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Jutta v. Ochsenstein: es fließt
doch spürbar die bleibenden Flügel:ein Dornenstich in der Brustam Felsenufer gestrandet auch dort wohnen Zeichen:Samenflug, Windrosenwir atmen mit bleiernen Flügeln zwischen den Zeilen zittertdie Hand auf der Stirn weiß Augenblicke springen im Spiegeldas Himmelsblau im Vorüberziehen
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Arabella Block: Die Fliege
Die ganze Nacht schon ist der Fliegeals stecke sie in einer Flascheund surre wieder und wiedervergeblich gegen das Glas.Gegen Morgen entdeckt sie den Ausgang.Summend fliegt sie hinaus ausdem Flaschenhals des Erwachens.
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Arabella Block: Die Eintagsfliege
Wie erklärt man der Eintagsfliege den Schlaf?Als wärest du kurz nicht,als verlöschte das Licht,als flögst du nicht dichtüber der bebenden Haut des Tags?Sein oder Nichtsein summt sie und lacht,wach unsterblich.
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Harald Kappel: die Motte
im silbergrauen Regenaus dem dunklen Moorunter den niedrigen Kiefernschlüpfe ich aus der alten Hauthinterlasse milchweiße Fetzenkrieche rücklingsaber voller Hoffnungüber Wurzeln und Steine erscheine eigenartig schönin fremden Augenin deinen Augenbleibe ich eine heuchelnde Madeohne Einsehen so altere ich schnellunter der grünen Lampe des Waldeswohne im Bootsstegtief im Eisenholzblinzele gelegentlichin die träge Sonnenage Bitternis in den Magenschmeckerieselnde Verzweiflungund doch glitzerst duunsterblich ich werde niemals fliegenim silbergrauen Regen
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Harald Kappel: ans Fenster treten
Ans Fenster tretendas Leben steht stillVögel fliegen nicht mehrSeelen schaben die Landschaftunsere Zeit sinkt in verschimmeltes BrotBäume wandern umherendlichdie Farben brennenwas bleibt ist Aschetote Halme unter Planenans Fenster tretendas Leben ich sehe nichtdas Lebenvergessene Spurendas Leben lebenwomit dennwenn nichts fliegtwenn Klänge im Vacuum versiegenwomit dennfühlen wenn man Händeim kalten MeerGebeine nenntans Fenster tretentunwas zu tun ist
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Luca Rihm: Die große starke Erde
Sanfter FrühlingswindStreichelt meine HautIch bin so tief versunkenGefühle werden laut Die Sonne deckt mich zuHält meinen Körper warmDie große starke ErdeNimmt mich in ihren Arm Geheimnisse des Lebenswohnen in den BäumenIch spüre, ich lausche, ich binUnd brauche nicht zu träumen Das Wasser trägt den HimmelEr erwacht im WellenspielAlles ist verbunden, alles ist einsUnd doch unfassbar viel
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Şafak Sarıçiçek: Sammlung Prinzhorn 4
1 – Diorama aus Wer aus der Stadt steigt, siehtSkarabäen ihres Hauptes, o Hexe.Wer aus der Stadt steigt, siechtam Marmor ihrer Augen, o Wahn. 2- Diorama an Hackerin der Stadt, Hekate hatfalsche Sonnen gebrachtund rote Wellen rollen über Acker, Äon, Feldund die Leinwand brennt, Codes erhaben. 3- Diorama aus Wer in die Stadt steigt und sieht.Wer in die Stadt steigt, nicht siegtund siecht dahin in ihrem Kopfenur seichte virtuelle Idee.
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Matt S. Bakausky: F wie Liebe
Dieser Text beruht auf wahren Begegebenheiten. Ich bin verliebt. Beim Online-Dating hat es Klick gemacht. Sabine liebt mich auch, ganz bestimmt. Ich wollte eigentlich das Angebot kündigen, doch dann tauchte sie plötzlich wie aus dem Nichts auf. Ist das nicht romantisch? Ich mit 35 noch einmal die große Liebe finden! Wer hätte das gedacht. Stolz erzähle ich meinem Kumpel Bert davon. Er kann sich das irgendwie nicht vorstellen, so ganz einfach nur durch den Austausch von Worten und Fotos sich zu verlieben. Man muss doch die Person mal treffen oder zumindest ihre Stimme hören. Aber ich bin auf Wolke Sieben....
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Matthias Rische: Besitzlos
Ein Junge robbt durchs Unterholz. Sein Gesicht ist dreckverschmiert und von Ästen und Dornen zerkratzt, die Haare mit Erde und Laub überzogen. Die Armeejacke am Rücken zerrissen. Noch einige kräftige Züge mit den Unterarmen und er hat die Straße erreicht. Ein erstes Ziel. Unentdeckt. Es ist finster. Die Chance, gesehen zu werden, verdammt gering. Solange er sich im Schutz der Bäume bewegt. Als sich seine Atmung beruhigt, zieht er sich an einem kräftigen Baumstamm in die Höhe. Die Oberschenkel fühlen sich an wie Watte. Aus der klammen Hose ragen nackte Füße. Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis er dem Wald...
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Vincent Eivind Metzger: Fake.
Ich weiß ganz genau, was ihr jetzt hören wollt. Ihr wollt etwas über Fakenews hören, über Donald Trump, vielleicht (wenn es gut läuft) etwas über Herrn aus zu von Guttenberg oder über Gucci Shirts. Aber nein. Ist doch eh alles fake? Wie wäre es mit den schönen Seiten von Fakes. Wir sollten uns mit diesen Seiten beschäftigen. Stellts euch nur mal vor, ein Traum! Wie schön ist es, den Arzt anzulügen, ein Attest zu bekommen und den Tag freizumachen? Fake! Wie schön war es in der Schule abzuschreiben und ohne gelernt zu haben die Matheklausur zu bestehen? Fake! Wie schön ist es, zu...
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Harald Kappel: Lügenregen
in der alten Fabrikströmt saure Gegenwartaus den Oberlichternregnen langsam Lügendie Anzahl der Legendenkreuzt das Imperfektmit der ZeitKapitel des Schreckensüberdauern die Dummheit der Prokuristen Gerechtigkeitverflüssigt alle Spiegeloffene Fragenerhitzen die Zungenschwüle Raumluftströmt aus Oberlichternam Himmelin der sauren Fabrik
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Harald Kappel: der wahre Glaube
am Zaundie schwarze Pupille Öl quillt aus dem Schlüssellochfärbt Lügen blindnurein loses Brett zeigt mirdas Geheimeden Winterschlaf der Rattendie verklumpten Sternegern glaube ich pinsele mein Selbstgrabe im Erdschattenstehe hüfthoch im Wurmlochfinde eingelegte Aalewinde mich in Neuigkeitennurdie Lügenzeigen mirmeinen wahren Glaubenam Zaun
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Katja Schraml: Ich nähe 1 Kopf an den Mantel
„Später stürzte er sich in seine Reinschrift. Es wurde Abend. Morgen früh würde es sich ja zeigen, ob er eine Kraft oder eine Null, eine Intelligenz oder eine Maschine, ein Kopf oder ein Hohlkopf sei. Für heute war es seines Erachtens nach genug.“ Robert Walser. Der Gehülfe Neulich kam der Winter ins Land – man hat gar nicht mit ihm gerechnet <klimaneutral>. Da sperrt ich den Schrank auf, wo <komme, was Wolle> das gefriertauglich gewebte Einwickelgarnmaterial, das <Schal Schuh Chapeau> uns auf den Stadtstraßen schützt vor dem Kalthauch der Menschenköpfe. 1 Halsrheumatismus kriegt man nicht nur vom Grübeln … Der...
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Harald Kappel: Intrauterine Märchen
nicht schuldigspucke ich das Attentatlässigeine bedauerliche Hysterielebenslanglese ich nunim Käfigim Kinderbuchintrauterine Märchenverfluche am Telefonlockerdie Opferden symmetrischen Abdruckihrer Brandblasenlebenslangwachsen mirselbstunähnlichFlügel aus Chitinund Pathologien im Schädelmanchmalhäute ich mich lässigeine bedauerliche Hysteriemein tüchtiges Ich nicht schuldiglebenslang
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Zeha Schmidtke: Das Märchen von der Ameise und der Grille und ihrem gemeinsamen Feierabendpilz
Eine Grille hatte den ganzen Sommer über musiziert, während die Ameise für den Winter Getreide sammelte. In Wahrheit nun taten es beide längst schon im Gefühl des zeitlos Immergleichen. Zu jeder Zeit und an allen Orten waren sie verfügbar für Königin und Publikum. Die Ameise durfte ihre Königin sogar duzen und fuhr mit ihr auf teambildende Erlebniswochenenden. Die Grille fiedelte auf den Bällen ihrer vermögenden Fans lustig zum Buffet. Selbst wenn sie insgeheim so manches Mal alledem schrecklich müde waren: Solange sie gebraucht wurden, konnten sie nicht untergehen im Mahlstrom des Weltengewimmels. So war ihr Glaube, und er stand fest....
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