Eisenbart und Meisendraht ist das Literaturvermittlungsmagazin für geschundene Seelen. Jeden Monat wird ein neues Thema von unserem Schriftsteller*innenpool beackert und hernach in Radiowellen (Z) transformiert, in den Pod geschmissen und hier im Internet kybernetisch in den space gepresst.
Diese Seite ist gut, denn sie bietet eine einwandfreie Möglichkeit, in allen Beiträgen herumzustöbern, die im Rahmen von EB&MD veröffentlicht worden sind.
Aktuelle Themen
Neue Textbeiträge
Andreas Lugauer: Die Zerstörung der Martin Suter’schen Twitterlyrik
Wer einmal wirklich ~grauenvolle~ Lyrik lesen will, besuche den Twitter-Account des Schweizer Schriftstellers Martin Suter: twitter.com/martinsutercom. Suter, dem Publikum in erster Linie bekannt als Romancier, nicht aber als Lyriker, twittert dort ausschließlich und fast täglich Gedichte. Dies jedoch allem Anschein nach ohne besondere Qualitätsansprüche. Nach ein wenig Durchgescrolle frage ich mich ernsthaft, ob Suter seine ›Gedichte‹ voller dichterischer Selbstüberzeugung twittert, oder ob ich einen oder gar mehrere Ironielayer nicht gette. Ein erstes Beispiel: »Die US PräsidentenwahlHat der Welt den Nerv getötet.Sogar der Mond ist vom SkandalDeutlich sichtbar leicht errötet.« Gemeint ist in diesem Gedicht vom 21. Januar 2019 der an...
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Stefan Lienerth: Grauen
Morgenstund hat Gold im Mund, Morgengrauen hingegen hat keine Dritten weil es gesunde Zähne zum zubeißen braucht. Dann beißt es sich fest im Nacken und lässt den Tag über nicht mehr los. Mit dem Morgengrauenatem in deinem Nacken stehst du nackt neben der Dusche und frierst, weil das Wasser zu heiß ist, um drunter zu steigen. Ab einer bestimmten Uhrzeit zählt es nicht mehr als Morgengrauen sondern wird zum Mittagsgrauen und Abendgrauen. Es graust dir schon vorm grauen Kaffee der aber sein muss sonst fällt das Grau auf. Fest im Nacken gepackt beißt es immer tiefer und durchdringt mit seinen...
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Matt S. Bakausky: Fetzen
Gut, nun sitze ich also in diesem dunklen Kasten fest. Der Duft nach verbrannten Papier ist gar nicht mal so unangenehm, nur die stickige Luft ist störend. Leise höre ich draußen die abgemagerten Ratten durch die Dunkelheit huschen. Als kleines Kind ekelte ich mich immer, wenn ich diese dreckigen Viecher sah. Mittlerweile weiß ich, dass sie zwar massenhaft Krankheiten übertragen, aber nicht die widerlichste Spezies auf diesem Planeten sind. Gegen diese Plage gibt es genauso kein Mittel wie gegen die Ratten. Die Nagetiere sollen mit vergifteten Futter angelockt werden, doch sozial niedrig stehende Männchen werden als Vorkoster eingesetzt und somit...
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Matt S. Bakausky: Weiß
Sie trug immer schwarze Kleidung. Sie kletterte gut. Sie meldete sich bei mir über Facebook und fragte ob meine Schwester auch da wäre. Meine Schwester hat kein Internet. Dann meldete sie sich wieder ab. Ein paar Monate später die gleiche Nummer. Wir waren zusammen im Urlaub mit dem Betreuten Wohnen für seelisch Kranke Menschen. Im bayerischen Wald. Klettern, Lagerfeuer, Abenteuer. Sie war in einem Einzelzimmer, nicht weit von mir entfernt. Sie war still und sehr intelligent, wenn man sie traf. "Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag." Dietrich Bonhoeffer Geboren 21.09.1985. Gestorben 16.04.2017. Sie trug immer...
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Pauline Füg: zwei morgen wach
zwei morgen wach und keine nacht dazwischen nen morgen land zurückgelegt wir wollten wach, wir wollten weg sein. Und blieben doch an einem Ort Seit der Sommer begonnen hatte, wohnten wir weiter draußen. Vania trat in die Pedale, ich zögerte noch, wir sagten nichts. Manchmal wichen wir ein paar Enten aus, ich legte mich immer falsch in die Kurve. Der Schotter wurde Schlamm und wir schlitterten durch engbezaunte Gassen, in denen sogar Dreirad fahren verboten war. Mir fiel ein, dass man seine Kleidung im Dschungel nicht waschen soll, sie trocknet dann nicht mehr, wegen der Luftfeuchtigkeit, weißt du. zwei morgen...
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Walter Hirschwieserl und Werner Lönsch: Ein Herz aus Zierkies
für Lotte, die dumme Sau (mein ehemaliges Zwergschwein, dass sich für mich opferte, obwohl ich eigentlich gar nicht in Gefahr war) Prolog Es war einer dieser regnerischen Oktobertage, an denen du schon beim Aufstehen merkst, dass es nur noch ein elender Dreckstag werden kann. Am Fenster klebte der Regen wie die Kaugummis auf den Straßen dieser stinkenden Stadt, in der die Träume zerplatzen wie Seifenblasen im warmen Sommerregen. Doch von alledem hatte Gunther nichts mehr mitbekommen, denn er war tot. Doch wer konnte schon ahnen, dass es so kommt, wie es kam? Das Leben ist nun mal kein Kinderspiel,...
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Fabian Lenthe: Hank & Sylvie
Es gab keinen Grund für sie mich zu verschonen, auch nicht nach all den Jahren, in denen wir uns immer wieder das Leben retteten. Ich trank zu viel und nachdem sie den letzten Fall alleine lösen musste, konnte ich zum ersten Mal einen leicht verächtlichen Unterton in ihrer Stimme hören. Ich wusste nicht ob sie es ernst meint oder einfach nur erschöpft war aber ich wusste, dass sich unser Verhältnis geändert hatte. Ich gab ihr, wie immer, am Ende jeder Woche ihren Scheck, als sie eines Abends in mein Büro kam, um ihn sich abzuholen. „Na, wie sieht´s aus?“ „Hi...
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Juliane Kling: Der Film noir
Mord und Gesetzlosigkeit, Schatten und Verlorenheit. Fern vom Licht, zwischen Nebel, Dunst und Finsternis, ragt der Höllenschlund der Großstadt. Dort im Regen treffen sie sich, die Figuren aus dem Film noir, finden sich wieder in diesen dunkelsten Ecken der menschlichen Existenz, wo sie schließlich doch nichts anderes erwartet als Verderben. Film noir, der „schwarze Film“, was ist das für ein Genre, das – wenn man es überhaupt so nennen kann – die Filmgeschichte seit Jahrzehnten durchzieht und einige der bemerkenswertesten Werke der internationalen Filmkultur hervorgebracht hat? Mit dem Ausdruck Film noir wird im Wesentlichen ein stilistisches Phänomen des amerikanischen Films...
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Theobald O.J. Fuchs: Noisette
Noisette mochte ich ehrlich gesagt noch nie. Wozu man Schokolade mit Nüssen streckt leuchtet mir überhaupt nicht ein. Das muss so ein Nachkriegseffekt sein, als man Sägespäne ins Brot und Eicheln in den Kaffee mischte. Als ob es heute noch bei der Hofpfisterei ein Brot namens »Dreispan-Gesundheits-Holzbrot« gäbe. Oder beim ebl »Kaffichel – die Köstlichkeit aus dem Thüringer Wald nach Großmutters Original-Rezept«. Nutella geht ja schon gar nicht, wegen Anbaugebieten und Regenwaldabholzung. Dann maximal Nusspli, aber echt nur in höchster Not, wenn man kurz vorm Koma im Unter-Kakao steckt. Aber auch das nicht wirklich. Ausnahme: Nougat-Schokolade. Die mag ich manchmal...
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Mareike Schildbach: Noir
Warte! Ich wollt dich noch was fragen, weil ich es sonst fast vergessen hätte. Und das ist: Meine Lehrerin hat erzählt von diesen großen Dingen, diese dunklen Löcher im Himmel. Ja, schwarzes Loch, sag ich doch. Wollt dich nur testen. Und zwar, ich wollte dich fragen, stimmt das? Gibt es die wirklich? Hast du schon mal eins gesehen? Meine Lehrerin hat gesagt, die schicken jetzt eine Kamera rein und schauen die an. Was glaubst du was da drin ist? Oha. Wer reingeht wird wie ne Spaghetti und stirbt? Ihh, das ist ja größerlich, ist das sicher? Aber was ist mit...
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Angela Aux: Club im Dunst
Der Himmel in Oberhausen war mit Wolken verhangen. Ein paar Vögel schossen über die niedrigen Häuser und verschwanden hinter den Feldern. Es war kurz vor halb vier. Sein Termin würde erst in knapp einer Stunde stattfinden und gegen seine Gewohnheit war er überpünktlich. Diese Abweichung seiner Gewohnheit konnte er sich nicht erklären und vermutete dahinter schicksalshafte Fügung. Aus irgendeinem Grund sollte er früher an der ausgemachten Adresse sein. Es würde sich zeigen warum. Er ging die Straße hinunter und wunderte sich über die seltsamen Lichtverhältnisse. Es wirkte als würde sich der Tag schon verabschieden. Nichts warf einen Schatten. Alles lag...
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Immanuel Reinschlüssel: Stundendiebe
Wir können beide nicht alleine sein, haben es versucht. Aber wir haben zu viele Messer in der Schublade, um uns etwas kochen zu können, haben zu viele Flaschen im Kühlschrank, um Musik zu hören, haben einen Föhn zu viel, um ein Bad zu nehmen und einen zu großen Berg an Tabletten angesammelt, um uns ins Bett zu legen. Doch wir können auch nicht unter Menschen, weil uns jedes Wort weh tut, wir unsere Kiefer zu jeder Silbe zwingen müssen, um am Ende doch vor dem Nichts eines Gesprächs zu stehen, das wir so schon viel zu oft geführt haben –...
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Christine Wiesel: Auflösung in der Nacht
Kontaktlos verbringen wir die Zeit Raum bleibt molekularlos Galaktische Körper schwirren umher. Blockaden im Kopf das Herz im Asphalt wird wortlos umverteilt Sprecherin: Selina Früchtl
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Lisa Neher: Life is a rollercoaster
In der Popmusik der Neuzeit werden Leben und Liebe oft mit Abenteuerspielplatz verglichen. Schon Ronan Keating wusste: „Life is a Rollercoaster you just gotta ride it.“ Oder Kimya Dawson singt: „My Rollercoaster's got the biggest ups and downs – as long as we keep moving it is unbelievable“. Sie sind allgegenwärtig, die Ups, die Downs – aber manchmal fühlt sich das ganze weniger wie eine gaudigen Achterbahn an, sondern vielmehr nach „Riding Solo“. Nach schäbigem Geräteturnen. Betrachten wir als Beispiel mal eine Wippe. Schon mal jemanden beobachtet, der einsam auf einem dieser frustrierenden, nach Zweisamkeit schreienden Pärchengeräten saß? Lächerlich, wie...
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Felix Benjamin: Filme
In der vierten Klasse dreht sich alles nur noch um den Übertritt aufs Gümminasium. Mama sagt: „Mein Kind geht nicht auf die Hauptschule!“ Was passiert, wenn ich es nicht aufs Gümminasium schaffe?! Bin ich dann nicht mehr ihr Kind?! Das frag ich mich nachts im Bett, lieg deshalb lange wach und komme in der Schule noch schlechter mit. Mama bringt mich jede Woche zur Frau Göllner. Das ist eine komische Frau, die will, dass ich meine Familienmitglieder als Tiere male und sich dazu Notizen macht. Ich gehe trotzdem gern zu ihr, weil sie einen Abreißkalender hat, wo jeden Tag ein...
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Ruben Trawally: Salat
Scheppernd flogen die Fensterläden des kleinen Nürnberger Bungalows, der Wind blies feurige Flöten, als bei dem Sturm auch noch die Familienkutsche abhob und krächzend auf Nachbars Trampolin landete. Geläufig war einem dies Getöse ja nicht, und geheuer ebensowenig. Was für ein Spektakel - zumindest aus dem Wintergarten. Am nächsten Morgen konnte sich die Nachbarschaft ein Wunder hoffen, denn sämtliche Wege waren aus Salat. Es hat in der Nacht eben gestürmt und die Kohlfelder zuerst auf den Windpark, dann in den Hühnerhof, dann übers Möhrenfeld und dann noch etwa 3 Stunden in den Kreisverkehr geweht, womit sich ein durchaus angenehm duftender...
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Tibor Baumann: Volition – brennt hinter dem Rubikon
Er sagte: „nun“ Es gibt keine Entschuldigung. Ich erinnere mich gut, plastisch. Die Sonderausgabe wog schwer, limitiert, Fadenbindung. Es ist nur ein Schritt über den Fluss ohne Wiederkehr. Wussten Sie: Es wird ein System entwickelt, um Autoren pro angefangener Seite zu bezahlen. Flatratelesen. Spannung ist die Motivation. Wie oft ein Spannungsmoment aufgebaut werden muss, wie viele Zeichen es braucht, bis der nächste Coitus Interruptus stattfinden muss, errechenbar. Dann schreibt man nur mit Ziel; Volition, klar so weit? Mir war das nicht klar. Es tut mir so leid. Ich hatte schon immer Angst, dass ich einfach so - eines Tages -...
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Anja Gmeinwieser: Die Welt
In den Killerwalen sammelt sich die Welt. Ich meine das wörtlich, alles, alles was ist auf der Erde endet letztlich im Inneren eines Killerwales. Also, wirklich alles. Sie sind „Spitzenräuber“, ganz oben in der Nahrungspyramide, in der weltweiten Fressordnung, sie fressen Fische, die kleinere Fische fressen, die kleinere Fische fressen, die kleinere Fische fressen, die kleinere Fische fressen, die kleinere Fische fressen, die kleinere Fische fressen, die kleinere Fische fressen, die kleinere Fische fressen, die kleinere Fische fressen, die kleinere Fische fressen, die kleinere Fische fressen, die kleinere Fische fressen, die Plankton und/oder Pflanzen fressen. Und wahrscheinlich fressen die Killerwale...
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Frau Lärm: Ihr sagt
Ihr sagt, das ist doch ganz einfach. Die schaffen es nicht, weil sie persönliche Probleme haben. Da muss man einfach an sich arbeiten. Alle haben schließlich die gleichen Chancen. Die Plattformen sind da. Die versuchen es nur nicht genug, haben kein Herzblut investiert. Es wäre schön, wenn das selbstverständlich wäre und wir darüber nicht reden müssten. Ihr sagt das, weil euch nie Steine in den Weg gelegt worden sind, weil ihr alle Privilegien, alle Unterstützung und alle Macht habt, diese zu behalten. Weil ihr nicht in andere Schuhe schlüpfen könnt. Oder warum?
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Gerwin Weinknoth: Spießdeutsche Pretiosen V – Der Kloß
Oh, güldengelbe Seele vom Potack, aus Bulwens Leib geborenes Gezier, von Erdenäpfeln bestgeratner Erb, Die Götter lachten und es strahlte schier der Himmel, als Bramburo dich gebar. Schneeweiß liegst du auf unsern Tellern hier wie Alabaster oder Marmor gleich. Oh, feisteste der Speisen, sieh dich an! Gibt es ein Ding auf Koches weiter Flur, das Rundungen so reizvoll hat wie du? Wie Meißners Porzellan, so schön und pur liegst du wie Aphrodite in der Schal. Noch nicht wie sie, oh unschenante Hur, gehst schwanger du, mit Brot in deinem Leib. Wir blicken deine Rundung an und nur der Anstand hält...
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