Eisenbart und Meisendraht ist das Literaturvermittlungsmagazin für geschundene Seelen. Jeden Monat wird ein neues Thema von unserem Schriftsteller*innenpool beackert und hernach in Radiowellen (Z) transformiert, in den Pod geschmissen und hier im Internet kybernetisch in den space gepresst.
Diese Seite ist gut, denn sie bietet eine einwandfreie Möglichkeit, in allen Beiträgen herumzustöbern, die im Rahmen von EB&MD veröffentlicht worden sind.
Aktuelle Themen
Neue Textbeiträge
Daphne Elfenbein: FERNSEHEN…
.. nein, nicht Medien, nicht Internet, sondern Fernsehen! Das ist das Gerät, das ich neulich im Ferien Appartement vorfand, das ich für meinen Urlaub gebucht hatte, nur 150 Meter bis zum Strand. Ich bin von Natur aus neugierig, drum habe ich abends, als ich sonnenverbrannt und erfrischt vom Strand zurückkam, doch mal diese Fernbedienung in die Hand genommen, mit der ich die Welt der Sendekanäle so wundervoll beherrschen kann. Obwohl ich zu Hause keinen Fernseher habe, ich will ja im Urlaub nichts verpassen. Auf dem Bildschirm erschienen ein Mann und eine Frau, jung, attraktiv, modisch gekleidet, eloquent, geschminkt, totale Gewinnertypen,...
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Arabella Block: Fernsehen
ganz nahvor dem fern seher sitzender gar nichts sieht nur meinen blick einfängtder in vergeblicher langeweileden horizont fokussiert wo keine beute sich zeigtdoch hier springt es und zucktund ich starre dankbar gedankenverlorenkrallen eingezogenblutgeschmack unter der zunge satt und lasse mich treibenlasse für mich sehenund lasse mich leben
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Harald Kappel: BlauWeißNahsehen
irgendwo am Meerwo's warm istBewegungen der KörperLampe ausLampe anzwei Farben begegnen sichblaue Tablette im Magen flauweiße im Glas zusammengefügtes Wartenauf nassem Lakenim Zimmerein stummer Fernseherdie Wände voller geheimer Gedankendraußen die Volksmengetobtein strömendes Grauin Erwartung des Augenblicksim ZimmerSchneefall in der Wüstedraußen lärmende MehrheitenBewegungen des Hauptstromsim Zimmerein stummer Schrei
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Harald Kappel: SchwarzWeißFernsehen
inmitten der Arbeit der Nachtbade ich im Schwarzen Golddie rauchigen Schlotewerfen Ungemach auf Unterwäsche und Lakendunkle Schwerkraftdurchdringt unsere private Stilledas Dich und MichKäfer fallen im Novemberdunstin die Kälte des nebligen Wassersdas letzte Grubenpferd lahmtauf dem Heimwegdie Augen gewöhnen sichan seine Langeweilemein Fernseher schreitin den meisten Ohren wächst wildes Grünich will es nicht hörenverdammter Mondhalbfertige Novembernachtin den Kanälen rauschen Worteerwartet und blöd ein dünner Draht verbindet die Unterweltmit der katholischen Messein eigenen Binnenmeersprechen Fischeunerwartetder Neubau der Sprachehellt die seltsame Befindlichkeit auf und ich sehein der Arbeit der Nachtungestrichene Sinnlosigkeitnurwer hilft dem Grubenpferdauf dem Heimwegzu sich selbst?Du?Ich?nicht
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Margret Bernreuther: Fernsehen
Unser Wohnzimmer befand sich im obersten Stockwerk unseres riesigen Hauses und nahm dort beinahe die gesamte Fläche ein.Ausgelegt war es mit einem rauen Teppich, der früher mal beige war, aber auf dem so oft etwas verschüttet worden war, das sich die eigentliche Farbe nicht mehr genau bestimmen ließ. Wir hatten eine Leder Sofa Garnitur, bei der man die Sitzkissen abnehmen konnte, um dann auf den Lehnen sitzend Pferd zu spielen.Auf der anderen Seite des Wohnzimmers stand ein Flügel.Ein Klavier, aus hellem braunen Holz. Er passte gut zu uns.Weil obwohl, es eben ein verdammter Flügel war, das Ding bestimmt unglaublich teuer...
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Matt S. Bakausky: Die neue Nachbarin
Ich hatte noch nie eine Nachbarin auf dem Stockwerk. Rechts von mir wohnte schon immer ein Mann um die 50, der nachts gerne Keyboard spielte, Musik hörte oder mit seiner lauten Stimme durch die Wand telefonierte.Links von mir wohnten kurzzeitige Besucher im Haus, die teils mehr, teils weniger, kontaktfreudig waren. Da gab es den Insektenmann, der so hieß wie ein Insekt und mir manchmal auch lästig war wie eines. Dann gab es den Fahrradmann, der es häufig schaffte, sich aus seiner Wohnung auszusperren und ansonsten im Treppenhaus Fahrräder reparierte. Ich half ihn einmal mit einer Plastikkarte die Türe zu öffnen...
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Margit Heumann: Der Fern-Seher
Alleinstehende, Kranke, Fußlahme, Einsame, Schüchterne haben es oft nicht leicht, mit ihren Mitmenschen in Kontakt zu kommen. Die einen müssen das Bett hüten, die anderen können sich nur unter Schmerzen, mit Krücken und hinkend vorwärts mühen, manche haben Phobien oder sind ohnehin Analphabeten im zwischenmenschlichen Bereich. Sehr gern benützen sie stattdessen ein Fenster zu Welt, das sich öffnen lässt, durch das sie vom Wohnzimmer, vom Esstisch, vom Krankenlager aus auf die Anderen blicken können: den Fernseher. Aus sicherer Entfernung informiert er sie über gesellschaftliche Zu-, Um- und Missstände und über aktuelle Tagesereignisse, fremde Länder und Kulturen, aber auch menschliches Glück...
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Zeha Schmidtke: Es kommt ein Wetter
Achtung, Achtung. Hier ist das Letzte Deutsche Fernsehen mit einer aktuellen Wetterwarnung. In großen Regionen des sozialen Miteinanders kommt es in Bälde zu extremen Verwirbelungen und höchst ungemütlichen Turbulenzen. Besonders betroffen sind Menschen ohne Rettungsschirm und Systemrelevanz. Die Nichtoptimierten und Unverwertbaren. Ihr irrlichternde Geister, Ihr Schlendriane, Du spielender Mensch: Ihr müsst vermehrt mit Niederschlägen rechnen. Denn, ja, Lockdown. Ja, Krise, Du weißt ja selber, was das heißt: Krise heißt immer Krisengewinnler. Ihre Karawane zieht weiter, es muss ja voran gehen. Nun sind sie schon so weit weg, die Gewinnler, dass sie unsere Rufe gar nicht mehr hören könnten, selbst wenn...
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Theobald Fuchs: Fernsehen
Der Mann, der uns den Fernseher installierte, tauchte an einem Donnerstagabend im Juni 1974 auf. Ohne Voranmeldung stand er in der Uniform des Fernsehministeriums vor der Tür. Wir wussten, dass Widerstand zwecklos war. Er ging, ohne Zeit mit Ritualen der Höflichkeit zu vergeuden, direkt ins Wohnzimmer und sagte, dass das Tischchen, auf dem meine Mutter vier oder fünf Steingutschüsseln mit Kakteen errichtet hatte, perfekt geeignet sei. Er stellte die Schüsseln auf den Boden und baute das Gerät auf. Kraft seines Amtes ernannte er meine Oma zur Zuständigen für den Fernseher. Sie hatte das alleinige Recht, ihn ein- und auszuschalten und...
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Arne Zank: Interview »Die Vögel fliegen hoch«
Transkript: Felix Brenner 0: Wie geht`s? Müde, warm 0.15 Was fasziniert dich so an Vögeln? Irgendwie ist es so ein Leitmotiv. Anfang der 90er hab ich auch schon Vögel gezeichnet in der Comicgruppe an der Uni. Ich hatte als Kind ein gutes Verhältnis zum Wellensittich meiner Schwester. Seitdem mag ich Vögel und ich mag das Wort „Vogel“. Im Comicbereich drängt es sich auf, da gibt es viele Gestalten aus dem Vogelreich. Bei meinem punkigen Stil fand ich es reizvoll, sich an klassische Figuren anzulehnen. Es gibt schöne Querverweise, z.B. zu Hitchcock. Ich mag es düster und gleichzeitig albern. Schräge Vögel,...
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Arne Zank: Die Vögel fliegen hoch
Teil 1: Bank Teil 2: Krabben Teil 3: Dr. Zank Teil 4: Geld Teil 5: Schnell essen Teil 6: Dr. Zank II Hörspielskript, Regie, Schnitt: Lukas MünichMastering: Bernd Pflaum Sprecher*innen:Vogel 1: Timo MöllerVogel 2: Luca RihmCousinvogel/Polizistvogel: Bird BerlinKapitän/Wirtin/Polizei/Arzt: Philipp KauseKrabbenlehrling Nils/Bankbeamter: Roman BahrDr. Arne Zank: Anders Möhl
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Lea Schlenker: Astronomische Denkweise
77 Gedichtegelangweilt aneinandergereiht sie gleichen sich wie falsche Freundeund leiten eine Katastrophe einein Autounfall auf einer Seitenstrasse im Verzascatal77 Deutschschweizer Touristensterben dumm beim Einparken Ich habe gemischte Gefühlewenn es um meine Familie geht sehe meine Grossmutter unter Rosenschön aber auch giftigsehe meine Mutter in meinem Spiegelbildschön aber auch gefährlich 77 Gedichtelieblos in die Tastatur gehauenich kann nicht mehr einschlafenohne sie und dich und dem Wissendass ein Sextape von mir im Umlauf ist Ich schaue es mir anIch vermisse dich Ich weiss nichtOb Gedichte wirklich helfenIch weiss nichtWo mein Kopf aufhört und mein Herz beginnt Ich weiss nichtob das Aufschreiben nicht...
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Fabian Lenthe: Ida
Ich habe nicht viel mit den Nachbarn zu tun. Man grüßt sich, hält sich die Tür auf, nimmt Pakete entgegen. Einigen, begegnet man ständig, anderen nie. „Hi, ich bin Ida!“, sagt sie. Ich bleibe stehen und drehe mich um. Der Sommer steht ihr. „Ich bin gerade eingezogen und wohne im Achten“. „Ich im Dritten.“, antworte ich. Sie lächelt. Einige Tage später versuche ich etwas über die verschiedenen Ursachen meiner Symptome herauszufinden. Dazu zählt plötzlich einsetzende Todesangst, Übelkeit bis zum Erbrechen, Atemnot, Schwindel, Realitätsverlust, Herzrasen, Harndrang, Schweiß an Händen und Füßen und die absolute Gewissheit alleine zu sterben. Dann klingelt es...
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Fabian Lenthe: Marie
Auf dem Schoß des Mannes, der neben mir sitzt, liegt der nackte Schenkel einer jungen Frau. Der Rest ihres Beines verschwindet zwischen seinen. Mit dem anderen steht sie elegant und sicher. Ihre Absätze haben Bleistiftlänge. Ihr Haar glänzt. Sie lächelt, streicht ihm mit der Hand über den Rücken. Gleich wird es passieren. Sie wird ihm die Wünsche erfüllen, für die er bezahlt hat. Ein Geschäft, nichts weiter. Ich trinke mein Glas aus und sehe mich um. Für einen Moment erliege ich der Illusion, doch ich gehöre nicht hier her. Zuhause schließe ich die Augen. Ich stelle mir Körper vor, Beine,...
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Margit Heumann: Mehr oder weniger zusammen
Unser blauer Planet ist ins Trudeln geraten und gondelt richtungslos durch das All wie ein besoffenes Segelschiff bei Windstärke 12. Eine Welle jagt die nächste noch höhere und droht die Erde in den Abgrund zu reißen. Die ganze Welt sitzt im selben Boot, das Gefahrenpotential steigt mit dem Wasser im lecken Schiff. Doch der Mensch wäre nicht Mensch, ergäbe er sich ideen- und kampflos. Schon greifen die ersten nach Eimern und beginnen zu schöpfen. Ob Eimer die Rettung sind, ist ungewiss, aber alles ist besser als mit Nichtstun mit hundertprozentiger Gewissheit abzusaufen. Eine Welle der Solidarität erfasst die Menschheit, Allianzen...
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Zeha Schmidtke: Wildnis
Ein milder Dienstagnachmittag. Auf der schmalen Straße vor dem berankten Ziergartenzaun pickt eine Elster an etwas frisch Überfahrenem. Hinter dem Zaun ist der Kinderspielplatz heute kaum besucht. Zwei Eltern schaukeln ihr korpulentes Kind mit gemeinsamer Kraft. Eine weitere Mutter hat sich auf die Holzumrandung des Sandkastens gesetzt und beobachtet glücklich seinen Säugling, der im Sand liegt und mit den Ärmchen rudert. Zu ihr setzt sich ein drahtiger Fremder und beginnt mit leiser Stimme grußlos dieses Gespräch. - Ist das da Ihrer? - (zustimmend) Das ist Paul. - Der kann ja gar nix. - Wie bitte? - Liegt im Sand und...
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Lea Schlenker: Der Kaiman
Der Kaiman Ich habe die Nachricht aus der Zeitung erfahren. Sie hat es zwar nicht auf die Titelseite geschafft, allerdings war sie auch für Personen, die normalerweise bloß nach den Kreuzworträtseln Ausschau halten, kaum zu übersehen. Fett gedruckt und neben einem anschaulichen Bild aus der Mediendatenbank las ich folgende Schlagzeile: Aargauer Polizei jagt in Hallwilersee Kaiman. Ich war gerade bei meinem morgendlichen Tee, einer entspannenden Mischung aus Alpenkräutern und frischer Kamille. Um diese Nachricht aufnehmen zu können, musste ich allerdings sicherheitshalber meine Tasse absetzen und einmal tief Luft holen. Ein Kaiman im Hallwilersee! Das war schon eine eher ungewöhnliche Nachricht. Ich wuchs nur wenige Dörfer weit entfernt von diesem See...
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Margit Heumann: Freiheit im Wandel
Es war einmal ein kleines Mädchen, das lernte die Freiheit beim Zuhören kennen. Oma, erzähl mir eine Geschichte, und schon durfte es sich in Fantasiewelten tummeln. Es war einmal ein Schulkind, das holte sich die Freiheit aus Büchern. Mit einem Buch vor Augen entfernte es sich aus der engen Umgebung, weg von den Hausaufgaben, vom lästigen kleinen Bruder, von der fordernden Mutter, von allen Pflichten. Es war einmal ein Mädchen, das wollte nicht immer nur anziehen, was die Mutter nähte, was die anderen trugen. Schließlich hatte der Papa Erbarmen: sie bekam eine Hose, dunkelblau, dreiviertellang, mit roten Kordeln an den...
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Zeha Schmidtke: Ein Tag vor dem Abend
Ich lief durch die Felder und tollteund streichelte zart einen Baum er rauschte mir zu, dass er’s wollte früh morgens und halb noch im Traum Dann biss ich mich in fremdes Lebenund liebte und wollte doch fortwer liebt, muss die Freiheit aufgebengebunden an Mensch und an Ort Wir schworen bis mittags noch Schwüre und gaben der Wahrheit dann Laut:wär besser, wenn ich jetzt führeans Meer oder aus meiner Haut. Ich ging, kreuz die Stadt, ihre Knoten begegne dem Wahn und sei’m Sinn sprech mit Lebenden, spreche mit Toten. spür, wie müd und wie wach ich doch bin Der Abend, der Körper braucht RuheKehre ein, find als...
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Peter Momberg: Ich möchte mich vor euch öffnen
Ich möchte mich vor euch öffnen.Ich bin pEtEr Momberg.Ich pisse mir in die Hose. Ich pisse mir in die Hose wenn ich Alkohol getrunken habe. Ich werde diskriminiert, weil Männer die sich einpissen noch immer ein Tabu sind. Öffentliches einpissen, ihr bekommt Anzeige. Ich spreche es aus: pEtE pisst sich ein. Wer nnocch Karl Dall im Fernsehen genießen durfte, weiß was ich meine. Heute dagegen Ausgangssperre fürs Gehirn, ich habe gelesen Schuld und Sühne und habe nichts verstanden, warum wird dieses Buch heute noch verlegt. Kein Fortschritt in der Geschichte erkennbar. Ich pisse mich ein, nicht weil ich krankhaft bin...
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