An einem Tag, der kommen wird, steh ich morgens auf der Straße und erkenne nach Jahren, in denen du tot warst, an einem Menschen in der Ferne deinen Gang. Ich weiß noch das karierte Hemd (von einem deiner Brüder, viel zu groß) & die abgeranzten, ausgelatschten Turnschuh‘. Du bist es wirklich. & wie du den Kopf unterm Arm die Straße runter rennst, könnt‘ man denken es wär alles normal. Nur das Pfeifen kommt von etwas tiefer unten & eine Kragenweite enger bist du auch. Da bin ich platt, da schau ich her hinter dir, schau wie du mit dem Riesenkopf die Straße runtergehst. Trophäe eines allzu kurzen Lebens. Statuiertes Exempel einer Kritik der Moral.
An einem Tag, der kommen wird, steh ich morgens am Bahndamm und schaue dir zu, wie du Haare aufsammelst, deine Haare auf den Schienen von Gleis drei. Mit ernstem Fleiß hältst du den Schädel ins Gebüsch, deinen Suchscheinwerfer, greifst hinein, ziehst Büschel heraus, unternimmst du nach zehn Jahren Schlaf eine etwas verspätete Rekonstruktion. In meinen Ohren – sitzten fest an mir dran – erhebt sich ein‘ Moment lang ein Gemurmel, ein satanischer, wüster Gesang. Dann ist es still auf einmal, nur das Hämmern eines Spechtes an der Borke eines Baumes & das Läuten der Glocke am Bahnübergang. Langsam drehst du dich um zu mir. Dein Gesicht lächelt lässig in die Seite gestemmt, dein abgerissener Kopf sieht aus wie neu. Du winkst mir zu. Wir blicken uns an. Sorror is worn out joy...
„Danke, dass du aufräumst“, bringe ich endlich heraus, doch da rauscht schon der Zug durch den kommenden Morgen & eh‘ ich begreife bist du auf und davon.