Alleinstehende, Kranke, Fußlahme, Einsame, Schüchterne haben es oft nicht leicht, mit ihren Mitmenschen in Kontakt zu kommen. Die einen müssen das Bett hüten, die anderen können sich nur unter Schmerzen, mit Krücken und hinkend vorwärts mühen, manche haben Phobien oder sind ohnehin Analphabeten im zwischenmenschlichen Bereich. Sehr gern benützen sie stattdessen ein Fenster zu Welt, das sich öffnen lässt, durch das sie vom Wohnzimmer, vom Esstisch, vom Krankenlager aus auf die Anderen blicken können: den Fernseher. Aus sicherer Entfernung informiert er sie über gesellschaftliche Zu-, Um- und Missstände und über aktuelle Tagesereignisse, fremde Länder und Kulturen, aber auch menschliches Glück und zwischenmenschliche Katastrophen.
Aber großes Aber: Der Fernseher ist kein Fenster zur wirklichen Welt. Sobald man ihn einschaltet, wird einem die Welt der Anderen übergestülpt, die von wieder Anderen ausgewählt wird, für die Geld und Einschaltquoten die bestimmenden Faktoren sind. Und was für eine Welt! Nicht die reale, die normale, nicht Menschen wie du und ich. Die TV-Anbieter weltweit kippen das ab, was ihrer Meinung nach lukrativ ist. Allen voran präsentieren sie Mord und Totschlag in mehr oder weniger blutrünstigen Varianten in den unzähligen Krimis. Dancing Star serviert Adabeis aus Politik und Seitenblicke-Gesellschaft. Rosamunde Pilcher liefert die Welt der Reichen und Schönen inklusive Intrigen und Happy End ins Wohnzimmer. Das Dschungelcamp langweilt mit C- und D-Promis und Ekelprüfungen. Historische Schinken in Schwarz-Weiß sollen Nostalgie-Bedürfnisse befriedigen. Talkshows diskutieren nach inszenierten Skripten. Nichts ist irrealer als das sogenannte Reality-TV, das Fälle von Familiendramen, Liebesproblemen, Krankheiten und ihre wundersame Heilung, Berichte von Restauranttestern, Auswanderern und Schuldenberatern als wahre Geschichten verkaufen. Die Liste wäre beliebig fortzusetzen. Kurz: Was von einem Fernsehabend bleibt, ist ein Haufen Müll, unter dem die eine oder andere sehenswerte Doku oder ein vergnüglicher Film verschüttgegangen ist.
Dem Fern-Seher wird via Fernseher eine Scheinwelt präsentiert. Das wahre Leben spielt sich live ab. Also nichts wie aktiv werden und die Nähe zu realen Menschen suchen!