Christian Knieps: Der Wanderer

Der Wanderer hatte sein Ziel fest im Blick und schien dennoch noch weit davon entfernt zu sein. Den Gipfel hinan richtete er seine Augen und wusste, dass er die alte Burg von dieser Stelle des Berges aus sehen würde. Als er endlich schnaufend und mit verausgabten Kräften sein anvisiertes Ziel erreichte, ließ er sich auf einen Steinblock nieder und schaute gen Sonne, die hinter der Burgspitze stand und das vor ihm ausgebreitete Tal hell erstrahlte. Durch die Wolken gleißte das Licht in verschiedenen Sphären und malte sonderliche Konturen auf den Boden und die Wälder, mal schattig, mal sonnig, aber immer mit einer raumgreifenden Helligkeit.

Langsam packte der Wanderer eine Wegration aus seinem Rucksack, trank etwas und begann, die mitgebrachte Wurst zu zerkleinern, als er unvermittelt den Kopf hob und etwas zu sehen bekam, von dem er bis ins Mark erschrocken zurückblieb. Aus der Sonne hatte sich ein gleißendes Etwas gelöst und auf den Weg zur Burg gemacht. Wie eine sanfte Feder sank dieses Etwas Richtung Burg nieder, leicht schwankend, sodass der Blick des Wanderers wie gebannt war.

Wie viele Minuten vergingen, konnte der Zuschauende nicht sagen; nach einer geraumen Weile stand dieses Etwas als leuchtender Punkt über der Burg und schien zu warten. Worauf, das wusste der Wanderer nicht, aber als die Sonne hinter der Wolke hervorkam und das Tal vollends bestrahlte, verband sich dieses Etwas mit der Sonne und gab die Strahlkraft weiter an die Burg, sodass diese hell erleuchtete.

Der Wanderer war fasziniert von dem Schauspiel, das nach einer schieren Unendlichkeit zu Ende ging. Die Wurst hatte er immer noch in seiner Hand und ließ sie auf dem Platz liegen, packte seinen Rucksack und machte sich auf den Weg ins Tal. Dort angekommen hörte er von einer alten Frau, die sich mit einer anderen unterhielt, wie die Prinzessin, die in der Burg lebte, vor wenigen Stunden ein gesundes Kind geboren hatte. Plötzlich war dem Wanderer bewusst, dass er etwas erlebt hatte, das nicht für seine Augen bestimmt gewesen war, das aber ab nun ein Teil seiner eigenen Legende sein würde.

Miriam Gil: Das Monster und der Froschkönig

Am Wasser fühl ich mich wohl und frei und geborgen.
An Seen und Flüssen will ich sein.
Dort fühl ich mich wohl und sorgenfrei.

Naja was heißt schon ganz ohne Sorgen?!

An Brunnen bleib ich gerne stehen und betrachte die schimmernden Cent Stücke, welche Passanten in Hoffnung auf das große Glück im Wasser versenkten.

Ich mag es, wenn Wasserfälle platschen – in Matschpfützen und Regenwasser mit meinen Gummischuhen auf dem Weg zum Briefkasten patschen

Auch Tiere und Pflanzen am Wasser liebe ich sehr
Trauerweiden sind meine Lieblingsbäume sie streicheln mich mit ihren Ästen behutsam
Sitze ich an ihren Füßen und hab es gerade ganz unfassbar schwer.

Frösche quaken und Mücken schwirren
Wie kann man sich in solch einer Umgebung schon richtig irren?
Das Wasser ist klar
Gedanken sind es auch

Ebenso wird die Welt unter Wasser ganz anders wahr:
Sirenen und Piraten
Fische bunt – groß – die sonderbarsten und schönsten verschiedenen Arten!

Doch quälen mich Monster und gar Dämonen
Will es erzählen und Niemand verschonen.
Erblick ich einen Abgrund er zieht mich an
Seh ich tiefes Wasser will ich reinspringen obwohl ich doch gar nicht gut schwimmen kann.

Will oft in meinem schwarzen Schatten verschwimmen der sich beim Schwimmen ganz unter mir auftut

Es gibt Piranhas in Seen also seid auf der Hut.

Das Monster bin ich und ja das ist ganz klar
Der Froschkönig spielt unten am Seegrund die Mundharmonika
Aus Langeweile und Trott spielt er immer das selbe traurige Lied

Die Muscheln sie speien Perlen und singen dazu folgendes Lied:

„All of your demons will wither away
Ecstasy comes and they cannot stay
You′ll understand when you come my way
Coz all of my demons have withered away

All of your demons will wither away
Ecstasy comes and they cannot stay
You’ll understand when you come my way
Coz all of my demons have withered away
All of my demons have withered away“

Ihr Dämonen verschwindet ich mag euch nicht mehr

Ich bin und bleibe stärker – ich bin euer Herr.

Liedtext Ausschnitt Fatboy Slim „Demons“ (ft. Macy Gray)

Jutta v. Ochsenstein: Rückkehr

Auf gewohnter Straße färben Bäume, Licht und Plakate das Gedächtnis. Hauseingänge riechen nur hier so. Mein Gang wird schneller, die Schatten dunkler. Ich höre die Fragen ihrer Gesichter. 

Auf dem Stadtplan verirre ich mich zwischen Straßennamen, taste die Stadtmauer entlang durch den grauen Graben hinauf zur Burg. Falken stechen in den glühenden Untergang der Sonne. Ich verharre vor dem Drehkreuz, versinke in die Weite des Tals bis zur Bergkette. Ich bin da.

Jutta v. Ochsenstein: und wenn sie nicht gestorben sind

wir trinken von deinem Wasser
Fisch, dich nährt das Licht
dein stilles Singen fordert zum Tanz
vielleicht ist noch Zeit

wir trinken von deinem Feuer
Vulkan, dich nährt der Stein
dein brennendes Sterben mahnt uns zur Feier
vielleicht ist noch Zeit

wir trinken von deiner Erde
Baum, dich nährt der Wind
dein schwankender Stand weckt uns
vielleicht ist noch Zeit

wir trinken von deiner Luft
Vogel, dich nährt die Weite
deine verlässliche Rückkehr löst unsere Trauer
vielleicht ist noch Zeit

Arabella Block: Märchenqueens

Dornröschen

Wann baute Dornröschen die Mauer?
Wo hatte sie die stacheligen Rosen her,
die sie pflanzte,
und stieß sie die Schaufel dafür in die Erde,
schwitzend und gebückt,
voller Vorfreude auf den Schlaf,
den ungestörten Schlaf,
den sie sich redlich verdient hat?
Hat sie den Wecker gestellt?
Und als sie die Augen öffnete, waren da
all ihre Pläne aufgegangen?
Sagte sie „Setz dich da hin und halt still“
zu dem Prinzen und klebte ihm
fröhliche Pflaster auf die zerschrammte Haut,
zufrieden mit dem, was sie ertastete?
Ein Königreich für den ersten Gedanken, 
der ihr durch den Kopf ging.

Schneeweißchen & Rosenrot

glückliche Kindheit,
lässige Mutter 
und als Haustier einen Bären,
größer als der von der Losbude.
der Zwerg kriegt sein Fett weg.
dazu gibt’s nen Schatz
und am Ende pro Nase
einen Märchenprinz gratis.
Blöde Schnepfen.

Rotkäppchen

30, Single, backe gern Kuchen 
und schätze
hier und da ein gutes Glas Wein.
Meine Lieblingsfarbe ist rot.
Such naturverbundenen Ihn
für ausgedehnte Wandertouren und mehr.
Wenn du schöne Augen hast und kräftige Hände
und ein Lächeln mit strahlenden Zähnen,
dann schreib mir.
Das Kennwort ist:
Jagdschein.

Schneewittchen

Das lustvoll Gegessene wieder ausspucken.
Sich modisch gürten, dass einem die Luft wegbleibt.
Im Glassarg zum Bild erstarren
als Männertrophäe – ja,
Schneewittchen ist ein hoffnungsloser Fall.
Wie typisch die Lösung:
Nicht der Faustschlag eines Riesen,
Nicht der Schlachtruf eines Einhorns,
Nicht der Schwerthieb eines Prinzen 
löst den Bann, nein, es ist: 
das Stolpern eines Zwergs.
Das muss wohl den meisten genügen.

Martin Knepper: Der trunkene Hausrat

Ein reicher Mann ist einmal ausgegangen, er wollt mit anderen Reichen speisen,  gerade, wie es die feinen Leute immer tun. Da aber haben die Dinge in seinem  Hause sich gedacht, dass sie sich’s auch einmal wollten gut gehen lassen. Und es  war ein Schrank unter ihnen, der hat den Bauch voll des Branntweins gehabt,  den tät er den anderen kredenzen. Und sind sie alle lustig worden und immer  wilder in ihrem Übermute; der alte Stiefelknecht tät sich auf die Chaiselongue legen, das Geschirr hat munter auf dem Tische geklappert und ein Hifthorn und  eine Tanzgeige, die haben ihnen dazu aufgespielt, die waren froh, dass sie sich  hören lassen durften; denn es hätt sie ihr Herr nur zum Zierrate an die Wand  gehängt, denn er war kein Musikus und pflag viel lieber dem Klingen der Taler  zu lauschen tagein, tagaus. Doch wie sie alle sind immer trunkener worden, ist  ein Streit aufgekommen, es war ein alter Stiefel wohl eifersüchtig auf einen  jungen Käs geworden, der hat mit seiner Bürste getanzt. Und hast du nicht  gesehen, gab ein böses Wort das andere, das Tintenfass hat mit dem Brotkorb das  Raufen angefangen, da traten dann auch Kerze und Schirm hinzu, und  schließlich hat die ganze Gesellschaft, die eben noch so munter miteinander ist  gewesen, einander Wims und Knuff gegeben. Und als unser lieber Herr Jesus,  der an seinem Kreuze an der Wand gehangen, ein begütigendes Wort spricht, hat  ihn der Wandschirm gepackt und in den Ofen geworfen, denn der Wandschirm  war aus dem fernen Nippon und achtete der anderen Götter nicht. Und noch  manch andres hat sein Leben ausgehaucht in dieser Rauferei, der Feuerhaken tät  ein ganzes Regiment von Tellern erschlagen, ein altes Buch ward in der  Waschschüssel ersäuft und gleich vieles mehr. Unter all dem kommt der reiche  Herr nach Hause und mag es gar nicht fassen, was er sieht, spricht „Weh!“ und  „Ach!“, und da er einen Schritt in die Stube macht, fällt er über ein sterbendes  Schemelchen, schlägt unglücklich mit dem Kopfe auf eine ohnmächtige Bain  Marie und war selbst hinüber. Und weil er ein alter Hagestolz gewesen ist, hat er  keine Kinder gehabt, und was noch zu gebrauchen von seinem Hausrate, das  ward in alle Welt verkauft. Manche haben’s besser funden, andere schlechter, just  wie es so geht in der Welt. Das Hifthorn aber ist zu einem Jägersmann  gekommen und fürderhin alle Tage an der guten Luft gewesen, war fröhlich  allzeit und hat nimmer der alten Tanzgeige und des Heilands im Ofen gedacht.

Jone Engel: Gedanken über Märchen

Märchen sind wieder im Kommen, hieß es vor ein paar Jahren.
In Nürnberg gibt es sogar mindestens eine Märchenerzählerin.

In der Pandemie ist sie wohl nicht verfügbar. Märchen, mit Maske vor Mund
und Nase erzählt, sind wahrscheinlich ziemlich unglaubwürdig.
Ich bin mit Märchen aufgewachsen und liebe Märchen. Meine Oma hat mir -als Kind, als ich krank war- einen ganzen Nachmittag lang Märchen vorgelesen.
Bis ihre Stimme heiser war. Ich bat sie um noch eins und noch eins… 
Es ging mir natürlich um das Hören der Geschichten – und sicher auch darum,
dass meine Großmutter in meiner Nähe war und blieb…

Auch in meinen erwachsenen Jahren haben mich Märchen begleitet.
In meinen Psychosen, so behauptet man, würde ich in einer Märchenwelt leben.
Und mein englischsprachiger ehemaliger Verlobter meinte nüchtern, das Leben wäre kein „Lala-Land“.

So grausam wie in einem blutigen Märchen ist unser deutscher Alltag nicht. Nicht mehr. Wirkliche Grausamkeit spielt sich oft lediglich subtil, in der den Blicken verborgenen Psyche – und in fernen Ländern, woanders ab. Was die Grausamkeit nicht wirklich leichter und erträglicher macht. Es scheint auch nicht mehr am Ende der Lebensgeschichte ein Happy End zu geben.

Ich möchte einmal ein richtig gutes Märchen schreiben. Vielleicht sogar eines, was heutzutage stattfindet.
Es gibt keinen Platz mehr für Märchen in unserer sachlichen, wissenschaftlich geprägten Welt und Gesellschaft. Da geht es um Leistung und Ellenbogen-Mentalität. Nur den Kindern räumt man gnädig das Recht ein, an Märchen glauben zu dürfen. 

Irgendwie hat es sich – für Erwachsene zumindest – ausgemärchelt.

Der Spruch von Oskar Wilde: „Am Ende wird alles gut, und wenn es nicht gut ist, ist es auch noch nicht das Ende“ gibt mit Halt und Hoffnung, wenn das Märchen versagt.

Katja Schraml: Ich nähe 1 Kopf an den Mantel

„Später stürzte er sich in seine Reinschrift.
Es wurde Abend. Morgen früh würde es sich ja zeigen,
ob er eine Kraft oder eine Null, eine Intelligenz
oder eine Maschine, ein Kopf oder ein Hohlkopf sei.
Für heute war es seines Erachtens nach genug.“

Robert Walser. Der Gehülfe

Neulich kam der Winter ins Land – man hat gar nicht mit ihm gerechnet <klimaneutral>. Da sperrt ich den Schrank auf, wo <komme, was Wolle> das gefriertauglich gewebte Einwickelgarnmaterial, das <Schal Schuh Chapeau> uns auf den Stadtstraßen schützt vor dem Kalthauch der Menschenköpfe.

1 Halsrheumatismus kriegt man nicht nur vom Grübeln …

Der Nacken dient uns als Gradmesser für die Kälte des Zugs. Es dauert nicht lang, bis der Hals wechselt von starr auf steif. Da muss man frühzeitig entgegenwirken – wenn der Wind erst im Land, fegt er rau übers Pflaster, da brauchts 1 guten Stand.

Da sperrt ich den Schrank auf + kramte in Winkeln, ihr wisst schon, wo man sonst nicht gern hiRnlangt, da hab ich zwischen Schund+Schmutz (Schmuddel+Schnulzen) den Schutz verpackt, weil ich mich ohne warm+sicher fühlte allein. Da holte ich den Mantel raus, klopfte ihn ab, schlüpfte hinein + stellte mich vor den Spiegel.

Jeden Tag 1 Selfie = sich selbst auf dem Laufenden sein.

Da war der Kopf los. Weg aus vorbei. Nur keine Panik!, denk ich, den finden wir schon. Wär ja gelacht.

Jaja.

Zwischen engagiert+enragiert den ganzen Tag hypertoniert … Winkel durchwühlen, Ecken eruieren, nachschauen in Nischen: nichts. Hab ich ihn verloren?

Abgefallen ist er mir wohl. Lose_gelockert entschwunden. Denn hätt eine_r ihn abgerissen, hätt ichs gemerkt. Da war aber, glaub ich, keine Gewalt am Werk. Kein Zerren Ziehen + Zwiebeln. Liegen lässt man sowas nicht. Oder doch? Haben wir unseren Kopf verschusselt verbummelt vertüdelt?

Was machen wir nun? Wo kriegen wir 1 Kopf zum Mantel überm Körper her? Lassen können wirs so nicht, fällt ja gleich auf. Wir müssen 1 finden, der zum Rest passt.

Wie soll das ausschauen?

Rund muss er sein. Ohne Ecken+Kanten. Soll ja nicht stören, nicht auffallen blöd. Schwarz soll er sein, selbiger Grund. Neon ist nicht unser Ding. Matt könnt er sein. Vom vielen Gebrauch glänzt er bald sicher <Patina> allein.

Amazing sur_face must-have used look.

1 Druckkopf vielleicht, der schön+schnell schließt. Der wehrt sich nicht lang. Man muss nicht viel anpassen einfädeln durchösen, der reagiert sofort. Mit genug Kraft ist er mit 1 Klick zu. Braucht man nicht mal 2 Hände.

Abers passt nicht so recht. Der Druck ist zu laut. Wir mögens, wenn sichs geräuschlos schließt. Geschickt sind wir ja, Gespür in den Fingern ist da – kein Zeichen von Glieder Gelenk Gichtschwierigkeit –

kein Dupuytren Raynaud Quervain Syndrom –

nur kalt sind die Hände oft – taub über Nacht. Mit Auf+Zuköpfen bleiben sie in Bewegung.

1 runden mattschwarzen Kopf mit 6 Löchern zum Ein+Ausfädeln. (1 siebtes gäb Sinn.)

Wo krieg ich den her? War da keiner im Futter <Ersatz>? Vielleicht haben wir irgendwo 1 übrig. Im Nähzukasten 1 Gratisexemplar? Nein. Aber …

Im Keller, ihr wisst schon, in 1 Kiste, liegt noch 1 altes K_leid. Das haben wir aussortiert, weils uns zu eng. Wegwerfen konnten wirs <K_leider_sammler_in> nicht. Der Stoff ist noch gut, da ist viel Erinnerung drin verwoben. Nur der Schnitt ist veraltet, das trägt heut keine_r mehr (auf). Da hängt noch 1 Kopf dran, den keine_r mehr braucht. Das zieh ich heraus.

Wie bringt man den Kopf an? Fest sicher Halt: Dass er nicht wieder fehlt fällt herab. Was braucht man für Werkzeug? Wie tief sticht die Nadel? Wie stark muss der Faden? Soll er vielleicht rot?

Wer hat uns das Nähen gelernt? <Flick Stopfen Strumpf.> Mit stumpfen Spitzen gegen plastische Kunsthüte auf zarten Kuppen. 1 Talent allein hilft uns wenig. 1 Bildung tut Not.

Doch den Kopf vom Kleid abschneiden, um ihn an den Mantel zu schneidern, will mir nicht von der Hand. Bevor ich mich vertu unds nicht richtig hinkrieg, der Kopf schwer_fällt übern Boden unters Bett rollt, wo keine_r hinkommt

(da liegt noch 1, ich weiß – der ist aber zu klein),

lass ich den Kopf dran + zieh das Kleid an – unterm Mantel merkt mans vielleicht nicht, dass passen+hineinpassen 2 verschiedene Maßangaben sind.

Was für 1 Fetzen! Verwaschen+zerrissen <kachektisch>; wos nicht spannt über BauchBeineBrust, leierts aus. Der Kopf sitzt nicht schlecht, wenn auch nicht sicher, den müsst man verstärken. (Haben wir noch 1 grünes Tuch?) Bestimmt hält er nicht lang, irgendwas, sagt das Spiegelbild, stimme nicht recht. Kleid Kopf + Mantel seien nicht ganz 1/1 ganzes ICH.

Das schlimmste ist nicht, wies (heute) aussieht. Sondern, an was (sich) der Kopf (mich) erinnert. Alte Zeit, wo alles schwer, müßig+leid. Es hilft alles nichts. Das Kleid muss jetzt weg, mit dem Kopf kommts zusammen in 1 Wegwerfwurfsack. Und nicht mehr hinunter in diesen Keller → hinaus in die Tonne schmeißen wir das.

Doch bevor wir da rauskönnen, brauchen wir 1 gescheiten Kopf. Und keinen vom Straßenrand mehr aufgelesen, nichts reduziert oder Gut_schein wie günstig. Schluss mit der Mesquinerie! Wir brauchen 1 Kundenkarte, um unsere Vorteile genießen zu können.

Ich bitte dich! Was?!

Janein stimmt hast du Recht. Bloß keine Massenware, uns interessiert nur, was l_imitiert. Wir kaufen Qual_i_tät exklusiv Luxusobjekt …

Ja sind wir denn 1 MoERdeRpuppe?

Vielleicht doch lieber old school <Bastlwastl>: malen falten + kneten.

Das hamwa doch imma so jeane jemacht!

Und dann siehts aus wie selbstgemacht. Gekonnt bis gewollt …

Suchen wir doch den alten Kopf wieder? Gehen wir hinaus, laufen die Wegstrecken ab? AlleE die Jahresgänge? Vielleicht hat ihn schon jemand (1 Josef) gefunden, mitgenommen + aufgesetzt. Vielleicht wurd er überfahren. Als Fußball benutzt in 1 Netz gekickt.

Vielleicht liegt er, bis wir 1x an die VerlustVerlierStelle kommen, längst im Lande des lost+found?

Ich nähe 1 Kopf an den Mantel, damits nicht auffällt, dass da 1 Körper lose wankt durch die Welt, der nicht weiß wohin. 7 Sinne geb ich ihm zum Gespür. 

Immer 1-2 mehr als nötig.

(Wer weiß, ob der Leib das, wenn er sichs aussuchen könnt, hätte gewollt – der hat doch am Tasten genug).

Ich nähe 1 Kopf an den Mantel, fragt mich nicht, woher ich den hab. Er passt wunderbar zum Körper unterm Umhang, wenn man davon ausgeht, dass Minus+Plus zusammengehören.

[Nur unter uns: Ich hab 1 paar Bücher <ausgelesen> in Wasser geWeicht, zusammengekleistert, gekugelt so gut wies geht (ganz rund wirds nicht). Natürlich ists feuergefährdet, das sind wir nunmal <attestiert traum_atisiert>. Wir halten uns besser mit AbisZ <Aggression Wut + Zorn> zurück, entzünden darfs nicht. Zweidrei Schwarzstriche+Silbersträhnen, so sollts gehen.]

Luftig locker + leicht ist mein neuer Kopf, gut gefüttert, darauf geb ich Acht: Wissenschaftsmacht.

Doch kaum ist der Kopf dran, hab ich den Mantel an, redet er mir was hinein. Ich soll ausm Fenster schauen, draußen der Himmel wär blau, was ich den Wollsack bräuchte <Umgang statt Umhang.> Und außerdem: 1 Kopf wie er würde nicht an Krägen vernäht, sondern <just in a second> extrahaftstark mit dem Hals verklebt. 1 Mantel, man schaut kaum, reißt schnell mal entzwei, da baumle der Kopf am Kragen herab. Gescheiter wärs, wir trögen träg trügen ihn selbst.

Der Kopf ist nicht dumm. Seh ich den Himmel an, seh ich, wie recht er hat, ganz schön <schLau> blau. Vielleicht kommt noch 1 Frühling <how unexpected!>, der letzte war schlampig+grau. Wenn ich mich trau?

Jahrelang haben wir Pandoras B. tiefhintenunten im Schrank verschlossen. Stell dir vor, wir merkten beim Rausholen+Öffnen, swar gar nichts drin?

Also zieh ich den Mantel aus, trenne den Kopf ihm ab, kleb ihn mir auf. Sieht nicht schlecht aus. Jetzt brauchen wir noch 1 ÜberAnzug. Ich hol uns die Schuhe für Schnelllauf und 4bis5 Teile Funktionsmaterial. <Schwurwolle, ich komme!> Wenn wir uns zügig bewegen, brauchen wir auch keinen Stehkragen, nur 1 Tuch, das den Atem uns schützt, und 1 für den Kopf – kühl bleibt nur die Stirn. Der Rucksack natürlich <survival extrem> → das nenn ich Aus_Rüstung. Alles scheint sicher, tüchtig, perfekt.

Da pochen <Schlag artig! Blut_Ader> dem Kopf beide Schläfen, schwindelt uns der was vor? Die Stirne ganz faltig, die Wangen so blass, die Schatten schwarz unterm Lid. Ich muss ihn kurz halten, sanft massieren, einölen vielleicht, damit, was noch rissig, schon bald geschmeidig. Was hat er denn jetzt?

Da schüttelt der Kopf sich. Er würde ja mitgehen, gar kein Problem, abers wär vielleicht <tRaukopf> endlich die Zeit für 1 Spazierlustwandelkleid. Unsere Lederhaut, meint er, als ob er uns kenne, sei genug gegerbt + bereit für den Wind in der Welt.

So schlau er auch ist, für klug halten wir ihn nicht. Wir schütteln+ziehen, anspannen+lockern: Janein, der sitzt fest. Den verlieren wir nicht. Den Kopf reißt uns keine_r mehr ab.

Nun gut, hab deinen Willen. Im Schrank hängen ja auch Aus_Geh_Gewänder. 1 werfen wir über, sfällt uns ganz leicht. Vielleicht ist der Kopf doch ganz gescheit. Wir packen die Tasche, schlüpfen in Schlappen, so schlieren schlenz schleufern wir durch die Welt.

Der Kopf ists zufrieden, heut wär so 1 Tag. Wir nicken uns zu. Nun gut, lieber Kopf, bleib mir erhalten haftbar + treu, wenn ich dir schon nachgebe nachgehe. Wie sollts anders sein, 1 Sturkopf zum Starrhals, so mussts sein. Denn mal los, lieber Trotz_, denn man tRau.

Harald Kappel: Intrauterine Märchen

nicht schuldig
spucke ich 
das Attentat
lässig
eine bedauerliche Hysterie
lebenslang
lese ich nun
im Käfig
im Kinderbuch
intrauterine Märchen
verfluche am Telefon
locker
die Opfer
den symmetrischen Abdruck
ihrer Brandblasen
lebenslang
wachsen mir
selbstunähnlich
Flügel aus Chitin
und Pathologien im Schädel
manchmal
häute ich mich 
lässig
eine bedauerliche Hysterie
mein tüchtiges Ich 
nicht schuldig
lebenslang