Clara Fieger: Wenn man jetzt Freund_innen treffen möchte

Letztes Jahr ging ich in den Steinbrüchen bei Eichstätt spazieren. Es war um Ostern herum. Ich besuchte meine Eltern, um das Fest mit ihnen gemeinsam zu feiern, doch musste ich mal raus – frische Luft schnappen, mich bewegen, den Osterschinken verdauen. 

Ich spazierte also den Berg nach oben zu den Jura-Steinbrüchen. Erst ging ich nur um verschiedene Steinhügel herum und zwischen ihnen hindurch, später stieg ich auch auf einen hinauf, was vom Geräusch der hinunterpurzelnden Steine und der zerbrechenden Jura-Plättchen unter meinen Füßen begleitet wurde. Die Sonne schien. Es war ein schöner Frühlingstag. Ich konnte oben den weiten Ausblick genießen, stand da wie ein Caspar David Friedrich, nur ohne Nebel. 

Von oben aus konnte ich eine kleine Gruppe Jugendlicher beobachten. Sie waren etwas abseits auf einem weiteren Steinhügel, den die Sonne beschien. Sie hatten eine Picknickdecke ausgebreitet. Sie hörten durch eine Bluetooth Box Musik, die leise bis zu mir hinauf zu hören war. Es lief Estelle – American Boy. Sie tranken Bier und sie rauchten Zigaretten – sie waren einfach am Abhängen. Das Abhängen, bei dem man einfach Zeit miteinander verbringt, nichts Spezielles tut, aber dabei zusammen ist. 

Mich beamte es in meine eigene Jugend zurück, als ich hier auch mit meinen Freund_innen abhing. Meist auf einem anderen Berg. Oft tagelang, nächtelang. Mal auch im Tal, am Fluss, im Freibad, mal bei jemanden zuhause. Alle konnten kommen und gehen, wann es für sie gepasst hat. Im schlimmsten Fall, wenn die Eltern Stress machten.  

Hey, ihr da unten! Genießt eure Zeit, so viel werdet ihr vielleicht später nie wieder davon haben.
Während ich am liebsten diese Gedanken heruntergerufen hätte, begann ich zu überlegen: Hänge ich noch ab? Also mit Freund_innen selten bis nie. Ich weiß nicht, ob es am Erwachsen werden liegt, oder an Corona, an meinen Wohnsituationen, am Arbeiten oder an etwas anderem, aber die Zeit zum Abhängen fehlt mittlerweile.  

Wenn man jetzt Freund_innen treffen möchte, dann ist es meistens sehr schwierig überhaupt einen gemeinsamen Termin zu finden – alle sind immer so busy, ich selbst ja nicht ausgeschlossen. Dann ist es zeitlich auch meistens ziemlich begrenzt – ein paar Stunden genügen. Dann ist das meistens kombiniert mit fancigem Essen und Trinken – es wird immer besonderer und teurer gekocht und ich frage mich, wann ich wieder einfach nur Nudeln mit Pesto essen darf. Meistens sind diese Treffen halt „ganz nett“. Danach ist man aber froh wieder allein zu sein.  
Die Menschen werden ja auch immer komplizierter!, denkt man noch, legt sich dann mit vollem Magen ins Bett und schläft ein – allein.

Michael Schmidt: Prof. Wüirzer und das Kochen

Aus der Chronik „Gesta Professorum Wuiser“.

Anatol Xerophil Wüirzer

*1656 in Haderfleck, + 1723 in Canterbury, England.

Frühe Beschäftigung mit den Schwarzen Kochkünsten. Lehre zum Rübenschäler und Fledermausrupfer in der Garküche des berüchtigten Topfpressers Alphonso Calceusbeckus.
Anschließend unstetes Leben als Feldkoch im Gefolge von Eugen Franz Prinz von Savoyen-Carignan im Rang eines Untergulaschkanoniers.

Von Wüirzers Wirken zu dieser Zeit zeugt das Volkslied „Prinz Eugen, der arme Ritter“. Nach einer offenen Feldküchenschlacht mit sieben Verwundeten und fünfzehn Toten Degradierung und unehrenhafte Entlassung.

1699: Flucht nach England. Dort erwarb sich Wüirzer innerhalb kürzester Zeit den Ruf eines raffinierten Gaumenkünstlers, was ihm ein Engagement am Hof Wilhelms III. einbrachte.
1704: Ernennung zum Coctor honoris causa.
1711: Professor horroris cucinae. Gilt heute als inoffizieller Begründer der modernen britischen Küche.
1720: Erfinder des Invertebraten-Bratens in pochieter Brechwurz. Davon der landläufige Beiname: „Wüirzer, der Brechwürzer“.
1722: Ritterschlag.
1723: Tod auf dem Scheiterhaufen wegen gotteslästerlicher Zubereitung einer königlichen Pastete. Bestattet in Schrantzenloch, Bayern [abgegangen]. Vom Volksmund überliefert ist die Epitaph-Inschrift:

„Katzenkraut und Sauerampfer,
Kren, Rhabarber, Hafenöl,
Saturon, Marrubium,
Kochte Wüirzer Anatöl.
Urtica diocia

Und dazu drei Schüsschen Essig,
Die er schoß aus der Pistol,
Garantierten ihm die Treffer
Zu Verderben und Unwohl.

Molche, Katzen, Fledermäuschen,
Nattern, Fliegen, fette Protzen
In den Kessel mit Filzläuschen.
Mancher Magen musste ko[nzis verzichten].

Wüirzer, jetzt ist’s ausgustiert!
Von ihm blieben bloß Gerüche.
Mit viel Schwefel mariniert
Kocht er nun in Teufels Küche.“

Theobald Fuchs: Es ist nicht immer vorteilhaft, gut zu schmecken

… es war genauso, wie ich es auf YouTube recherchiert hatte: erst nach zwei Tagen ununterbrochenen Kochens fiel das Fleisch von den Knochen. Oder besser gesagt: die Knochen ploppten aus dem Geschmorten, als wäre es ihm ein Bedürfnis, sie loszuwerden. Mir war dabei völlig klar, dass ich bei einem Hype mitmachte. Seitdem dieses Nahrungsmittel selbst von Veganern akzeptiert, ja sogar in höchsten Tönen gelobt wird, wollen es alle selbst probieren. Kaum zu glauben, aber es war seit Jahren oder Jahrzehnten unentdeckt geblieben, bis ein Isländer, glaube ich – oder doch jemand in Kanada? – darauf gekommen war, sie zu essen. Doch auch das erst nach vielen Versuchen und Fehlschlägen. Nachdem die Knochen sich vom Rest gelöst haben, muss man genau auf die Zeit achten. Noch weitere fünfundzwanzig Minuten auf kleiner Flamme knöcheln, pardon: köcheln, keine Sekunde länger, sonst verwandelt sich die kulinarische Köstlichkeit in eine unverdauliche, zementartige Masse. Falls das geschieht, ist es sehr ärgerlich, nicht nur, weil das Zeug immer noch sündhaft teuer ist, obwohl es quasi ohne Produktionskosten in der freien Natur eingesammelt wird. Aber es war schon ein Aufwand, zwei Tage am Herd zu stehen, immer wieder Brühe und Salzsäure zuzugeben, regelmäßig die giftigen Gase abzusaugen, von dem irrsinnigen Pfeifen, das aus allen Poren strömte, einmal abgesehen. Doch ich erwischte den richtigen Zeitpunkt, schüttete das crushed ice, das ich natürlich bereitgelegt hatte, in den Topf, gab gekochte Kartoffeln, Sägemehl und Pflaumen zu. Dann alles durch den Mixer und fertig. Und ich muss sagen: es war köstlich! Wirklich unvergleichlich, nur wenige andere Speisen können da mithalten. Und das alles ohne Fett und Zucker. Ich war begeistert! Keinen Menschen interessiert es mehr, wann und wie sie auf die Erde gelangt und dort bis vor Kurzem unerkannt gelebt hatten. Diese Außerirdischen schmecken einfach echt voll lecker! 

Matt S. Bakausky: Kann nicht kochen

Ich koche gerne Nudeln mit Pulver, sagte mein fünfzehnjähriges Ich. Dann kochte ich einmal Spaghetti mit Thunfisch-Tomatensoße. Und dann eine ganze Zeit lang nichts mehr.

Heute grille ich höchstens oder wärme Essen auf. Nudeln mit Pulver waren gekochte Nudeln mit Bolognesepulver von Knurr. Ich weiß nicht mehr, wo ich dieses Rezept herhatte. Normalerweise würde man das Pulver mit Wasser verdünnen, aber ich streute es über die Nudeln als wäre es Parmesan.

Kochen war nie so meins. Ich war höchstens eine Küchenhilfe. Karotten schneiden für den Braten, den Braten mit Gewürzen einreiben, alles nach Anleitung.

Anfänger können nur nach Rezept leben, sagte ein Guru mal, die Meister schreiben eigene Rezepte und irgendwo dazwischen sind Leute, wie mein Vater. Der hat immer einfach alles in eine Pfanne geworfen. Hauptsache Nahrung, ohne Rücksicht auf Geschmack oder Ästhetik. Das Auge isst nicht mit, der Hunger isst mit.

Mit Vater wahren wir als Kinder deshalb häufig auswärts essen. So häufig es ging. Nur ein Rezept blieb mir in Erinnerung, welches er meisterhaft beherrschte. Apfelpfannkuchen. Wenn es die gab, war mein Vater Chefkoch. Mit Zucker und den Äpfeln im Teig der Pfannkuchen. Das konnte nicht mal Mutter.
Das beeindruckte mich.

Und ich selbst bekam irgendwann einen Kontaktgrill geschenkt und dieses Teil war in der Lage alles perfekt zu grillen, sogar Steaks. Also war das mein Kochen. Das klang so altmodisch männlich, „Ich grille heute“. Aber ich habe nie verstanden, wie man am Grill steht, Feuer macht und Fleisch wendet.

Ich hatte nie so einen altmodischen Vater, meiner zeigte mir, dass man mit Technik alles lösen konnte. So wünschte ich mir einen Roboterfreund als Kind von ihm, aber das war damals selbst dem Ingenieur zu schwer.

Mutter lässt mich heutzutage immer abschmecken, sie weiß nicht, ob etwas gut schmeckt, ich sage es ihr immer, dass es gut schmeckt. Oder erkenne, wenn was nachgewürzt werden muss.

Kochen, das war Liebe in unserer Familie. Sie ging durch den Magen, wo doch äußerlich häufig wenig herrschte. Aber ich bin nicht deswegen so dick geworden, das kam mit der Krankheit und den Medikamenten. Da weiß man nicht mehr, wann man satt ist und hat Hunger, wenn man eigentlich genug hat. Wenn man dann noch Sport hasst, dann geht Liebe am Bauch vorbei. Leider. Aber meine Liebe bleibt, sie gehört mir und nicht der toten Schönheitsindustrie. Guten Appetit.

Zeha Schmidtke: 1.10. Gärtnervater

Der Gemüsehändler fegt den Boden. Die Türglocke klingelt.

Händler
Oh, die Türglocke.

Kunde
Guten Tag. Folgendes: Ich will heute Abend richtig lecker kochen. Wir sind zu fünft. Da hätte ich gerne frischen Rosenkohl, möglichst kleine Köpfchen, und für die Vorspeise sechs mittelgroße Artischocken. 

Händler
Es tut mir leid. 

Kunde
Keine Artischocken? 

Händler
Es tut mir leid: So ein Laden, wie Sie ihn suchen, ist das hier nicht.

Kunde
Wieso? Draußen steht doch „Gemüsehandlung“. Und ich will Gemüse.

Händler
Nein. Sie wollen arrogantes Modegrünzeug. Und das gibt es hier nicht.

Kunde
Das ist ein Scherz.

Händler
Ein Scherz ist es, wie sich Ihre Artischocke benimmt, seitdem sie zur Arzneipflanze des Jahres gewählt wurde.

Kunde
Ja, Mensch. Dieses bedeutende gesellschaftliche Ereignis ist komplett an mir vorbeigerauscht.

Händler
Wie sich die Artischocke seitdem zum floristischen Dekorationselement aufbläst! Sich als Diätmittel und Wellness-Tee den Snobs und Neureichen an den Hals wirft! Dabei ist sie im Grunde ihres Artischockenherzens nichts anderes als ein Distelgewächs! 

Kunde
Aber Rosenkohl werden Sie doch haben.

Händler
Warum nicht gleich Königin-Der-Nacht-Kohl? Wie dekadent muss eine Pflanze sein, um einen zyklischen Blütenaufbau auszubilden!? 

Kunde
Das fragen Sie am besten den Rosenkohl selbst.

Händler
Ich frage aber Sie! Der Rosenkohl wächst bedecktsamig. Er schämt sich seiner Samen! Meinen Sie auch, man müsse sich seiner Natur schämen? 

Kunde
Nee, da gehen der Rosenkohl und ich getrennte Wege. Apropos gehen.

Händler
Dann ist ja alles klar. Hier, bitte. 

Er präsentiert dem Kunden ein paar welke Blätter schmutziges Grün. 

Kunde
Was ist das jetzt?

Händler
Ehrlicher, nahrhafter Baumspinat. Er hat sich nie in den Vordergrund gedrängt. Ein Model in diesen Schicki-Micki-Kochzeitschriften wollte er nie werden. Er bleibt bescheiden und tut seine Arbeit.

Kunde
Sieht ja schon auch aus wie Unkraut.

Händler
Kommt es denn heute wirklich nur auf das Aussehen an? Sagen Sie mir: Zählen die inneren Werte noch etwas?

Kunde
Doch, natürlich! Wie ist er denn so von innen, der Kollege Baumspinat?

Händler
Er hat ein violettes Herz. Violett ist die Farbe der Frömmigkeit und der Kunst! Wegen diesem kleinen Kerl mache ich das Ganze hier überhaupt nur. Ich bin froh, dass er in Ihre Hände kommt. Für 12,70. 

Kunde
Ja, ich bin auch froh. Dass ich jetzt nach Hause geh. Mit ihm.

Der Kunde zahlt und verlässt den Laden.

Händler
Hörst Du mich, Vater? Hast Du mir nicht immer gesagt, ich würde nie zum Gemüsehändler taugen? Ich kann sogar Unkraut verkaufen, Vater! 12,70 für Unkraut! Und morgen, Vater, verkaufe ich einen Baumstrunk!

Margit Heumann: Mahlzeit!

Der Wirt der Stadtschenke am Tiergärtner Tor stellt den Kupferkessel mit der fränkischen Bierbowle zwischen die bauchigen Glastassen auf der Theke.

„So! Alles fertig für die Firmenfeier des Frankenfernsehens.“ Noch ein kritischer Blick über die gedeckte Tafel, die Reihe hochglanzpolierter Speisenwärmer mit dem warmen Buffet und den Desserttisch am Ende. „Fehlt nur noch das Personal“, murmelt er und verlässt den Saal, um seine Angestellten auf Trab zu bringen.

Ein abgrundtiefer Seufzer durchbricht die Stille.

„In was für Zeiten leben wir eigentlich?“, jammert der Kloß und rotiert empört um seine eigene Achse. „Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich nur daran denke, wie man mich aus dem Tiefkühlschrank direkt ins kochende Wasser geworfen hat. Ein Schock! Das wünscht man seinem schlimmsten Feind nicht.“

„Die Köche sind nicht mehr das, was sie mal waren“, pflichtet ihm das Schnitzel bei. „Früher wurde ich in Butterschmalz in der Pfanne herausgebacken, jetzt lässt man mich einfach in die Fritteuse fallen und im Öl ertrinken. Und wenn ich noch lange hier herumliege, ist es mit meiner Knusprigkeit auch vorbei.“

„Wem sagen Sie das?“, stöhnt der Kartoffelstopfer. „Die Kochkultur ist ausgestorben. Ich werde aus dem Päckchen zusammengerührt und bin nur noch ein geschmackloser Einheitsbrei.“

„Geht mir auch nicht viel besser“, blubbert die Hochzeitssuppe und blinzelt ärgerlich über den Rand des Suppentopfs. „Sieben verschiedene Einlagen, die es braucht um Glück zu bringen, habe ich schon lange nicht mehr und meine Fettaugen werden auch immer weniger.“

„An mir ist das gottseidank so ziemlich vorbeigegangen. Ich bin nach wie vor konkurrenzlos die Nummer Eins“, brüstet sich das Schäufele. „Allerdings wird meine Herkunft weniger fett gemästet als früher. Und das Beste an mir, meine knusprig gebratene Oberhaut, bleibt so und so oft auf dem Teller liegen.“

„Wenn’s nur das wäre!“, beschwert sich der Gurkensalat. „Mit dem Schlankheitswahn ist mir der Sauerrahm fast komplett abhanden gekommen, seit neuestem muss ich mich mit Magerjoghurt zufriedengeben. Magerjoghurt, ich bitte Sie! Da muss das Aroma ja auf der Strecke bleiben, wo doch jeder weiß, dass Fett der beste Geschmacksträger ist.“

„Kalorien sparen um jeden Preis, das ist leider der Zeitgeschmack“, erklärt der Karpfen. „Was glauben Sie, gegen wie viele Nebenbuhler ich heutzutage anstinken muss? Aber ich behaupte meinen Platz, das schwöre ich.“ Er reckt die frittierten Flossen so weit wie möglich über den Plattenrand.

„Rücken Sie mir bloß nicht auf die Pelle“, ärgert sich die Rostbratwurst. „Ich unterliege einem strengen Reinheitsgebot und Fischgeruch verdirbt meinen Charakter.“ Angeekelt wendet sie sich ab.

„Wie kann man nur so eingebildet sein“, näselt der Wirsing daneben. „So wie Sie riechen, weiß doch keiner, mit wie vielen chemischen Zusatzstoffen Sie versetzt sind.“

„Das sagt der richtige“, gibt die Wurst erbost zurück. „Sie duften auch nicht gerade nach Veilchen!“

„Aber ich bin pürierte Natur pur“, prahlt das fränkische Gemüse selbstbewusst. „In dieser Hinsicht habe ich mir nichts vorzuwerfen.“

„Das mag ja sein“, tönt es aus der Kristallschüssel am Ende des Buffets, „aber Ihre Konsistenz ist sogar für Blinde und Zahnlose eine Zumutung, graugrün und matschig, wie Sie daherkommen. Ich dagegen …“ Der Obstsalat präsentiert sich in seiner ganzen knackigen Buntheit und setzt noch eins drauf: „Und Ihre Vitamine sind auch im Eimer, so lange wie Sie vor sich hin köcheln.“

„Das ist nicht meine Schuld“, rechtfertigt sich der Wirsing, „sondern …“

„Psst!“, zischt die Bierbowle und unterdrückt einen Hickser. „Sie kommen!“

Die Tür geht auf und das Personal nimmt Aufstellung, gefolgt von den Gästen. Mit „Ah“ und „Oh!“ und „Mmmh!“ wird das Buffet gestürmt.

(aus Margit Heumann: Ein schräger Blick auf Nürnberg)

Stefan Veiths Restaurant Gargantua: Neujahrsmenu für 2022

Gargantua serviert heute

Josefa Tabernagels Future Dish aus dem Jahre 1880,
welches sie damals bereits aus dem outer space hinterm Mond einigen dort lebenden Dinosauriern zu Neujahr servierte

Windradgeschnetzeltes oder Cyberfilet vom Ahornfisch
im selben Sud 3 Tage lang gebadet (Ahorndrosselschleim, oder Narzissenschnaps, Weinerliche Pferdetränen), von einem Öko-Narzisten angerührt und in unglücklicher Tönnieskuhbutter gesäuert.
Gersten/Emmausnudeln mit Semmelbrösel, dazu einen Dahammerden-Salat

Zum Nachtisch reichen wir einen zwetschgenverschnapsten Adamsapfel plus geeister Veganersahne (egal ob Hafer oder Koko-Lores)

Dazu trinken wir einen kalten Kaffee aus Grönland.

Wohl bekomms!

Benjamin Weissinger: Parlamentsmoët

Statt 1 Parlamentspoet
brauchts hier 1 Parlamentsmoët
Genommen von den Reichen,
eingeschenkt den Armen- als Zeichen.
Dann Wohnung für alle,
Grundeinkommen.
Grenzen auf und Bleiberecht.
Dazu Kaviar vom Hecht Stör.

Nian Cheng: 小厨房里的大道理

—聊聊东西方文化差异那点事

《礼记》中孔子提到的人生研究结论是:“饮食男女,人之大欲存焉。”这两件事 是人生最平实,最基本的两件大事。所以不管是在东方还是西方,食物在衣、食、 住、行中所占的份量是不言而喻的。其中还记载:“未有火化,食草木之实,鸟兽之 肉,饮其血,茹其毛。”意思就是,远古时代,人类还不会运用火来烹制食物,所以只 能生吃动物的血肉。随着人类的逐步进化,人类渐渐进入调制饮食阶段,开始利用各 种器具和方式烹制熟食。人类为了适应自然,以求自身的生存和发展,在饮食上完成 了从远古时代的生食到文明时代的烹制熟食,而在这个历史过程中也逐渐形成了人类 的饮食文化。到了现代,人们对烹制食物的要求越来越高,对制作食物的工具要求越 来越精,因此对制作食物的厨房也就显得尤为重要。 

来德国之前,在我的记忆中,中国人的厨房里总是带着各家各户的烟火味儿,北 方人性格豪爽,多喜食面食,因此厨房里多是跟制作面食相关的厨具,蒸笼、擀面 杖、压面机……,南方人性格内敛,多喜食汤类,厨房里多是各种砂锅,煲汤锅以及 各种滋补类食材。中国人认为食物不仅仅是维持生命的必需品,它更像是 门艺术。能 带给人精神上的享受,中国人对食物有很深入的研究,不只是考虑食物带给人的营养 还注重食物的色泽、鲜香。为了追求食物的美味,中国人主要采用炒 、蒸 、煮 、 炸 、烤 、烩等多样化并且操作复杂的烹饪方式。 在菜品上讲究色香味俱全,在制作 方式上突出的往往是刀工,火候,比如著名的扬州菜,“文思豆腐” 就是把一块嫩如布 丁的豆腐用中式菜刀切成细如头发丝儿而制成的鲜美汤羹,在中式厨房往往一把中式 菜刀能解决所有切、剁、片、削,足以称霸整个厨房。 

而进到德国人的厨房,可以用四个字来形容,琳琅满目。光是刀具就有几十种, 切土豆的,处理牛排的,削芦笋的……,还有各种量具锅具,炖煮锅,意面锅,土豆 锅,芦笋锅……, 仿佛置身于一个超级实验室。德国人的严谨,在厨房里也是体现的淋 漓至尽。任何一次食物的制作,所用食材、调味品的份量都必须精确到克。有一次我 去朋友家做客,做了一道红烧排骨,当我说道少许盐、少许糖的时候,她很惊愕的问 我少许是什么计量单位,我当时哈哈大笑,尴尬的解释道,Ein bisschen。 

因为制作工具的繁杂,德国人的厨房在设计上往往更偏向于开放式的设计,空间 相对大,家庭主厨们在制作美食的同时也可以边与家人朋友们聊天,德国厨房不仅仅 是传统制作食物的地方,也是朋友聚会,家人休闲聊天的场所。中国人在制作美食的 时候因为烹饪手法的原因,基本采用封闭式的设计,小空间紧凑而有序,小空间不能 兼顾娱乐消遣的功能,所以仅限于烹煮食物,这也是两国不同的生活饮食习惯决定 的。 

在人类发展的历史长河中,食物与人的生活总是息息相关,是人们赖以生存的重 要来源。中西方饮食在饮食观念、饮食结构,饮食习惯等诸多方面都存在着明显的差 异,而且各有独到之处。随着生活质量的提高,人们开始注重健康,已经不再满足于 单纯的美味或营养,讲究的是菜肴的味道与营养的双赢。现在的中餐在味道与美观的 基础上开始注重食物的营养搭配与烹饪的科学性,而西餐也在学习中餐对于食物在艺 术性上的创造性。通过不同饮食文化的相互融合,美食将不仅仅是一种美食,更是一 种情趣,是艺术的享受,不仅让我想起了宋代文学家苏轼《浣溪沙· 细雨斜风作晓 寒》里写的那句, 

“ 雪沫乳花浮午盏,蓼茸蒿笋试春盘。 
人间有味是清欢。” 


Das große Prinzip der kleinen Küche

Gespräche über die kleinen kulturellen Unterschiede zwischen dem Westen und dem Osten

übersetzt von Keewai Wong

Die Zusammenfassung aus den Beobachtungen des Lebens, die Konfuzius in seinem Buch der Riten gezogen hat, ist: „Essen, Trinken und der Sex sind die großen existenziellen Begehren der Menschheit.“ Denn diese beiden Dinge sind die einfachsten und grundlegendsten im Leben eines Menschen. Daher nimmt das Essen, ob im Osten oder im Westen, unter den Grundbedürfnissen wie Kleidung, Nahrung, Wohnung und Mobilität selbstverständlich eine große Rolle ein.
Er schreibt zudem: „Vor der Entwicklung des Feuers, wurden die Pflanzen und das Fleisch der Tiere in ihrem Wesen gegessen. Man aß Blut und Fell.“
Dies sollte bedeuten, dass die Menschen in alter Vorzeit, bevor sie Feuer zum Kochen der Speisen verwendet haben, das Blut und Fleisch der Tiere nur roh essen konnten. Mit der schrittweisen Entwicklung der Menschheit erreichte man allmählich die Stufe der Zubereitung von Speisen und Getränken. Man fing an, mit allerlei Gerätschaften und Methoden zu kochen und zu garen. Sich der Natur anpassend, hat der Mensch, um seinen Körper zu erhalten und zu wachsen, eine Entwicklung vom Rohverzehr von Nahrung im Altertum bis hin zur kultivierten Zubereitung von Speisen vollführt.
Im Rahmen dieses Werdegangs hat er auch allmählich eine Kultur des Essens geformt. Bis heute sind die Ansprüche an unser Essen immer höher, die Ansprüche an die Gerätschaften immer ausgefeilter geworden. Daher scheint auch die Küche, in der all diese Speisen zubereitet werden, eine besondere Stellung einzunehmen.

Bevor ich nach Deutschland kam war in meiner Erinnerung in der Küche der Chinesen stets der rauchige Geruch der jeweiligen Familien und Haushalte zu finden. Die offenherzige Natur der Nordchinesen liebt Mehlspeisen. Daher sind in ihren Küchen viele Utensilien für die Verarbeitung von Mehlspeisen zu finden: Dampfkörbe, Teigrollen, Nudelmaschinen.
Die Natur der Südchinesen ist reservierter, sie bevorzugen Suppengerichte. Ihre Küchen beinhalten öfter allerlei Arten von Steingutkochtöpfen, Suppentöpfen sowie diverse nahrhafte Zutaten.
Chinesen glauben, dass Nahrung nicht nur eine Notwendigkeit ist, um am Leben zu bleiben, sondern vielmehr eine Kunst. Sie bereitet den Menschen seelischen Genuss. Chinesen haben Nahrungsmittel tiefgehend betrachtet. Dabei wurden nicht nur ihre Nährstoffe für den Menschen betrachtet, sondern die Aufmerksamkeit auch auf Form und Farbe, Geschmack und Aroma gelegt. Für den Wohlgeschmack der Speisen benutzen Chinesen vielfältige Methoden wie vorrangig das Braten, Dämpfen, Kochen, Frittieren, Backen und Schmoren.
Zudem werden komplexe Formen der Kochkunst verwendet. Bei der Auswahl der Lebensmittel, wird auf alles Wert gelegt – Farbe, Aroma, Geschmack.
In der Zubereitung stechen besonders Messerschneidetechnik und Hitzekontrolle hervor.

Ein Beispiel ist das berühmte „Wensi-Tofu“-Gericht aus Yangzhou. Hier wird ein Stück Tofu, das zart wie Pudding ist, mithilfe eines chinesischen Küchenmessers in haarfeine Streifen geschnitten, um eine köstliche Suppe zuzubereiten. In der chinesischen Küche kann ein einziges Messer oft für sämtliche Schneide-, Hack-, Reibe- und Schälarbeiten verwendet werden, sodass es als König der Küche über allem thront.

Dagegen kann die Küche der Deutschen mit vier Zeichen beschrieben werden: 琳琅满⽬ (voll und glitzernd soweit das Auge reicht).
Allein an Messern gibt es schon dutzende Arten, Kartoffelmesser, Steakmesser, Spargelschälmesser…
Darüber hinaus gibt es noch allerlei Mess- und Kochutensilien wie den Schmortopf, den Spaghettitopf, den Kartoffeltopf, den Spargeltopf… Es ist als befinde man sich in einem hochmodernen Laboratorium.
Die Genauigkeit der Deutschen zeigt sich auch in einer extremen Form in ihrer Küche. Die Zubereitung jeder einzelnen Speise, die Menge aller Zutaten und Gewürze muss präzise bis aufs Gramm sein. Als ich einmal bei einer Freundin zu Besuch war, habe ich ein Gericht mit rot-geschmorten Rippchen gekocht. Als ich von ein wenig Salz und Zucker gesprochen habe, hat sie mich erstaunt gefragt, was „ein wenig“ denn für eine Zähleinheit sein soll. Ich habe damals laut losgelacht und dann ein wenig peinlich berührt erklärt, dass das „ein bisschen“ heißt.

Aufgrund der Diversität an Utensilien sind die Küchen der Deutschen in der Planung eher offen und vergleichsweise groß. Die Köche können sich während der Zubereitung der Speisen mit Familie und Freunden unterhalten.
Deutsche Küchen sind nicht nur traditionell der Ort, wo Essen zubereitet wird, sondern auch ein Ort zum Freunde treffen und ein Platz für Freizeit Gespräche mit der Familie.
Chinesische Küchen werden aufgrund ihrer Kochgewohnheiten grundsätzlich eher geschlossen konzipiert. Sie sind eher klein und kompakt, doch systematisch. Wegen der geringen Größe wird die Küche dem Aufenthalt in der Freizeit nicht gerecht, sondern wird ausschließlich für das Kochen verwendet. Dies wird auch durch die unterschiedlichen Lebens- und Essgewohnheiten der zwei Länder bestimmt.

In der Geschichte der Menschheitsentwicklung waren Nahrungsmittel und das Leben der Menschen immer eng miteinander verbunden. Sie sind eine wichtige Quelle, von der die Menschen in ihrem Überleben abhängig sind.
Chinesische und westliche Ess- und Trinkkonzepte, -struktur und -gewohnheiten beherbergen in vielerlei Hinsicht offensichtliche Unterschiede und jede Kultur hat ihren eigenen, ursprünglichen Platz.
Mit dem Anstieg der Lebensqualität fangen die Menschen an, auf ihre Gesundheit zu achten. Längst stillen sie nicht mehr einfach das Verlangen nach Wohlgeschmack oder Nahrhaftigkeit, sondern legen Wert auf die Vereinbarkeit von Aroma und Nährwerten.
Die heutige chinesische Küche hat angefangen, auf der Grundlage von Geschmack und Ästhetik die Nährstoffkombinationen und den wissenschaftlichen Charakter der Kochkunst zu betonen. Und auch die westliche Küche hat angefangen, von der Kreativität der chinesischen Küche in ihrem künstlerischen Charakter zu lernen.

Durch die gegenseitige Mischung unterschiedlicher Ess- und Trinkkulturen ist die Kulinarik nicht nur eine Kochkunst, sondern eine Vergnügung, ein künstlerischer Genuss.
Sie erinnert mich an den Satz aus dem Gedicht des Gelehrten Su Shi aus der Song-Dynastie:

„Schneeschaum und Milchblüten schweben mittags in der Teetasse.
Gemüse und Sprossen zieren den Frühjahrsteller.
Eine Prise Glück ist der beste Geschmack im Leben.“