Radio hat mich gefragt wer mein Vorbild ist.
Mein grosses Vorbild ist Christian Grey. Habe gelesen Bücher eins bis drei, in denen er sein Leben als Multimillionär beschreibt. Er hat viele Freunde aber im Herzen will er nur eine Sache: Liebe.
Das ist wie bei mir. Mombi möchte auch Liebe. Ich möchte geliebt werden, aber keine will mich lieben.
Christian Grey hat es aber geschafft, weil er ein Firmen Impernium besitzt, sehr sportlich ist, Hubschrauber fliegen kann und ein total kranker Mann ist.
Darauf stehen die Frauen, das zeigen Bücher.
Er heiratet und bekommt viele Kinder.
Ich weiß nicht wo ich anfangen soll. Mein Firmen Impernium ist pleite gegangen, Mombis Maulbomber sind die Maultaschen der Zukunft gewesen, aber nicht von heute. In Summe keine verkauft, schlechter Deal. Sportlich bin ich auch. Hubschrauber ist mein Onkel Costa-Raul in Vietnamkrieg geflogen. Er ist viel Hubschrauber geflogen.
Weil wir so viele Ähnlichkeiten haben ist Christian Grey mein Vorbild. Ich möchte so werden wie er. Er ist mein Stern am Himmel. Wenn ich nicht weiß, was ich kann, frage ich mich, was hätte Christian Grey jetzt gemacht. Wenn ich nicht weiß wer ich bin frage ich mich, wer ist Christian Grey. Wenn ich meinen Körper hasse frage ich mich warum Christian Grey so einen schönen Körper hat.
Er ist der starke Mann von heute.
Ich bedanke mich außerdem bei meinem Freund Mats Hummels für die Unterstützung die er mir in schweren Zeiten gegeben hat. Danke.
Schlagwort: helden
Nicolai Hagedorn: Unwahre Alltagsschurken
Häufig hört man, wirkliche Helden seien Leute, die unbemerkt Großes leisten.
„Held des Alltags“ kann demnach im Grunde jeder werden, der sich irgendwie nützlich macht. Besonders „stille“ bzw. „wahre“ Helden sind beliebt und wer nach ihnen Ausschau hält, findet sich bald in einer Stadt wieder, von der man nur hoffen kann, sie hätte keinen solchen, deren „Mannheimer Morgen“ aber meldet, es reichten oft „kleine Gesten, die Menschen zu Helden des Alltags – und damit zu „Kavalieren der Straße“ – machen.“ Kavaliere der Straße? Jepp, sagen die Mannheimer, man habe bereits über 60.000 als solche ausgezeichnet, sogar zwei Frauen (Eden und Lisa), die einmal ein entlaufenes Pferd eingefangen hätten. Es gibt auch eine FIT FOR FUN-Heldin des Alltags (70 Kilo abgenommen), Wuppertal hat einen „Alltagsheld in Fußballschuhen“, die Schreibwarenfirma „odernichtoderdoch“ vertreibt einen „Schreibtischorganizer A4 Alltagsheld“ und galileo.TV kürte kürzlich den „Gummihandschuh“ zum Alltagshelden, weil er „so widerstandsfähig“ sei: „Saubere Hände, griffige Finger, sterile Operationen: Das alles geht am besten mit Gummihandschuhen.“
Alles in allem, die Auflistung zeigt´s, sind Alltagshelden eigentlich Idioten. Wo und wann immer es hoch her geht, kommen sie angepacet und sorgen für Ruhe und Ordnung auf dem Schreibtisch, ziehen Verkehrsleichen aus den Straßengräben und nehmen dabei dutzende Kilo ab. Mannheim hat derweil offenbar eine Armee von 60.000 Vorbildern aufgestellt, die die Schurken des Alltags durch ihre einzige Superkraft „Schlechtes Gewissen machen“ besiegen sollen.
Ich hingegen bestelle hier noch ein Bier, bevor ich um vier Uhr morgens lärmend durch die Anwohnerschaft bösewichtern, lächelnd die angefahrene Omi auf dem Zebrastreifen liegen lassen werde, um endlich und schnurstrack zur Arbeit, nämlich ins Uniklinikum zu fahren, wo ich ohne Gummihandschuhe die anstehende Transplantation (war es Niere?) durchführe.
Prost am Tisch.
Horst Schulze Entrum: Wie ich das Ozonloch stopfte
Der folgende Text ist mein allererster Action-Text. Und deswegen wollte ich den eigentlich mit der Synchron-Stimme von Robert De Niro sprechen. Aber das darf ich nicht. Reine Rechtefrage. Der Text heißt:
Wie ich das Ozonloch stopfte
Irgendwo da oben musste ein großes Ozonloch sein. Ich beschloss, es zu stopfen. Doch ich war wohl wieder mal ganz auf mich allein gestellt: Im neuen Y-Heft fand ich so schnell kein passendes Gimmick, und auf meine alten Freunde Chuck Norris und Bruce Willis musste ich verzichten. Denn die sind nur reine Fiktion und werden selber von richtigen Schauspielern gespielt.
Aber zum Glück hatte ich noch ein paar olle Edeka-Tüten, eine Packung abgelaufener BigBen-Kondome und die Perlmutt-besetzte Badehaube meiner Omma. So eine Erdenrettung muss gut vorbereitet werden.
Deshalb besorgte ich mir beim Praktiker auch noch eine Leiter, ein günstiges Set Inbus-Schlüssel und eine Tüte Gummibärchen. Die Leiter benötigte ich zum Besteigen, die Inbus-Schlüssel waren einfach nur günstig – ich würde sie nie im Leben benötigen. Und Köttbullar gibt es halt nur bei Ikea, und die verstopfen bekannter Maßen alles – nur bei Ozonlöchern machen die irgendwie schlapp.
Oben auf der Leiter tackerte ich erst einmal alle Edeka-Tüten zusammen. Das war gar nicht so leicht wie sich das jetzt wieder so anhört, weil bei diesem Billig-Tacker jede zweite Klammer völlig verbogen herauskam. Ich hatte ihn bei einem Preisausschreiben meiner örtlichen Volksbank gewonnen, doch nun war es zu spät, ihn zu reklamieren. Da ist die Volksbank immer ganz hartkackig.
Bei stumpfen Anspitzern sind die völlig kulant. Aber wenn man den Tacker einmal benutzt hatte, gilt für die das Verursacherprinzip. Und auf einen langwierigen Rechtsstreit wollte ich es diesmal nicht drauf ankommen lassen; meine einstweilige Unterlassungs Klage gegen Volksbank-Luftballons, mit denen man keine Furzgeräusche machen kann, zieht sich jetzt schon 16 Jahre hin.
Und hier oben auf der Leiter lief mir einfach die Zeit weg. Sie krümmte sich sogar bereits, weswegen ich Einstein auch nur eine kurze SMS schickte: „Albert, alter Schweizer, die Achse krümmt sich tatsächlich.“
Die Edeka-Tüten hielten prima. Aber in meiner Euphorie muss ich mich einfach vertackert haben. Über Afrika gingen mir plötzlich die Kondome aus.
Ich versuchte es mit Laminat. Bei den Stammzeiten hatte ich damals höllisch aufgepasst: lamino, laminas, laminat. Aber damit die ganze Sache auch dauerhaft hielt, benutzte ich sicherheitshalber das Futur Eins: Laminabo. Und über der Schweiz den Imperativ; Laminate: Ihr schichtet. Warum? Ich weiß es doch auch nicht. Wenn man auf einer Leiter im Weltall steht, macht man sich als allerletztes Gedanken darüber, ob sich das so souverän gerettete Publikum auch mal mit einer faden Pointe zufrieden geben könnte.
Glücklich, wenn auch ein bisschen geschafft, stieg ich schließlich wieder zur Erde hernieder, wo wir Menschen wohnen. Und da sah ich, dass ich versehentlich den gesamten Mond in ein fluoreszierendes BigBen-Kondom einlaminiert hatte: Jedes Mal wenn der alte Knabe abnahm, wurde auch die terrestrische Schutzhülle kleiner.
Doch das beweist wieder mal nur eins: Kondome sind nicht immer sicher. Und der Mond leuchtet nur, weil die Sex-Industrie die grandiose Idee hatte, erigierte Schwänze in attraktive Selbstleuchter zu verwandeln.
MartinSchulz: Helden
Nicolai Hagedorn: Helden
Es trug sich dereinst eine Geschichte zu, an der insgesamt 3 jugendliche Herren aus der Mittelschicht, einer davon sogar Türke, beteiligt waren.
Sie ergaunerten um ein Haar einen gehörigen Batzen Bargeld. Die Geschichte ist selbstverständlich ganz wahr und beginnt mit Nils, der sich zu jenem Zeitpunkt einerseits für deutlich klüger und gewitzter hielt als den großen Rest der Gleichaltrigen, allerdings bei diesen nicht recht die beanspruchte Anerkennung fand, was ihn zu einem leichten Opfer machte hinsichtlich der Anwerbungsversuche des eigentlichen Ausheckers des ganzen Coups, Chris, ein bereits in der Spätpubertät rund einen Meter neunzig messenden und viel umjubelten Torwart der örtlichen Jugendfussballmannschaft, die sogar einmal gegen Kickers Offenbach gewonnen hatte.
In dem Kleinstadtgymnasium, das sie besuchten, hatten die Herren aufgrund ihres wenig konstruktiven Wirkens längst einen beträchtlich unangenehmen Ruf, insbesondere wegen einiger von ihnen begangener Sachbeschädigungen, sowie mehrerer Hänseleien zu Ungunsten des Klassenstrebers und –zwerges. Einmal, als der kleine Klassenbeste offenbar zum Zwecke der Deeskalation die bösen Herren zu sich nach Hause lud, fesselten diese den Armen mit einem Tau an sein eigenes Bett. Er kam dann aber wieder frei.
Der dritte im Bunde hieß Farit, erwähnungsgemäß Türke, und wurde auf einer Klassenfahrt einmal so heftig in die Wade gebissen, dass er zwei Tage nicht aufhören konnte, über den Biss zu lamentieren und der Übeltäterin (der er zuvor übel mitgespielt hatte) Krankheiten und Unglück an den Hals zu wünschen, immerhin hatte sich diese nunmehr aber einigen Respekt beim ihm erbissen. Farit wurde später, wer weiß auch aufgrund dieser Erfahrung, Kleinstadt-Anwalt.
Nun also verkündete der Hüne Chris den beiden anderen, er habe einen Plan, wie an eine quickliche Summe Geld zu kommen sei, nämlich durch Nutzung einer Sicherheitslücke der Firma Hertie, ein Kaufhaus, das später im Zuge der Kaufhauskrise vom Markt verschwand. Eingeweiht wurden Nils und Farit. Eine junge Dame, die bereits zum dritten Mal die 11. Klasse absolvierte, spielt ebenfalls eine Rolle, da zur Durchführung des Plans eine so genannte Mitarbeiterkarte benötigt wurde und die Frau aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters (20) bereits im Berufsleben stand, als Kassenkraft und Sortier- und Einräumhilfe bei besagtem Hertie nämlich.
Der Trick sollte darin bestehen, mit Hilfe der Mitarbeiterkarte an ein Rabattformular zu gelangen, auf diesem dann vermeintlich getätigte Käufe einzutragen, um später den Mitarbeiterrabatt von 25 Prozent auf den gesamten „Einkauf“ bei der Zentralkasse des Hauses einzustreichen. Als Beleg für einen Kauf genügte die Kassenquittung und so musste man nur durch´s Einkaufsparadies bummeln und nach weggeworfenen Quittungen Ausschau halten, die Werte korrekt ins Formular eintragen und mit Unterschrift (tatsächlich hatten die Herren zu diesem Zweck die Autogramme von Fußballgrößen wie Lothar Matthäus, Uwe Bein oder Franz Beckenbauer nachahmen gelernt) die jeweilige Zeile abschließen.
Nach einem erfolgreichen Probedurchgang – eine Quittung für ein Paar Sportschuhe zu rund einhundert D-Mark brachte die erwünschten 25 Mark – traf man sich tags drauf zum gemeinsamen Kassenzettel sammeln in der Filiale des Einzelhändlers. Schon bald entwickelte die gemeinsame Arbeit eine beträchtliche Dynamik. Man beschloss, sich, sich auf die Abteilungen des Warenhauses zu konzentrieren, in denen vergleichsweise Hochpreisiges, aber gleichzeitig nicht allzu Sperriges zu erwerben war, wie Pelzabteilung, Schmuckabteilung oder Kleinelektronik, wobei sich herausstellte, dass die Käufer tatsächlich Quittungen zu mehreren hundert bis zu zweitausend D-Mark vergessen oder noch in der Filiale weggeworfen hatten, was die Sammler veranlasste, sich den baldigen Reichtum in den wildesten Farben auszumalen. Es wurde von ihnen viel und laut gelacht, man konnte sich kaum einkriegen und befeuerte sich gegenseitig in scherzigen Einlassungen zu folgenden Themen: Blödheit der Quittungenliegenlasser, eigene Genialität (wegen des sich abzeichnenden Coup-Erfolges), bevorstehendes Luxusleben.
Nachdem ausreichend Belege im Formular eingetragen waren, schritt man zum Abschluss des Geschäfts. Zunächst mussten die Quittungen an das Hauptformular geheftet werden, was man leicht durch Diebstahl einiger Heftklammern bewerkstelligte – schließlich befand man sich ja in einem Warenhaus. Zur Abzeichnung der Posten zogen sich die Herren nunmehr auf die Warenhaustoilette zurück, zwängten sich zu dritt in eine Toilettenkabine und setzten die gelernten Unterschriften der Fußballhelden hinter die einzelnen Positionen. „Das waren wir nicht, das waren Uwe Bein und Lothar Matthäus, wie man sieht“, rief Nils, die Situation des Erwischtwerdens parodierend, und löste damit einen erstaunlichen Lachanfall bei sich und den anderen aus. Dermaßen in Rauschstimmung versetzt, schloss man das Werk ab und begab sich zur Zentralkasse des Unternehmens. Auf dem Rabattzettel hatten sich rund 10.000 D-Mark, mithin ein zu erhaltender Rabatt von etwas um 2500 DM angesammelt, den man jetzt einzustreichen gedachte.
Chris übergab das gesammelte Werk einer Schaltermitarbeiterin, die die einzelnen Posten kontrollierte, alles für korrekt befand und den Herren anschließend bekundete, sie wolle kurz ins angeschlossene Büro gehen, um die Auszahlung zu veranlassen. Da verflüssigte sich Farit Richtung Filialausgang, so dass kurz drauf sich nur Chris und Nils umzingelt sahen von Sicherheitsmitarbeitern des Unternehmens, die die beiden Herren als nächstes freundlich darum baten, sie in die Katakomben der Filiale zu begleiten. Eine Bitte, die sie mit sanftem körperlichen Schiebedruck zu untermauern wussten. Wie sich viel später herausstellen sollte, hatte sich unter den abgegebenen Quittungen auch eine Tagesumsatzbilanzrechnung des Vortages befunden. Die wurden täglich nach Betriebsschluss von der Kasse auf Knopfdruck erstellt und dann in der Buchhaltung abgeheftet, an diesem Vortag jedoch hatte die zuständige Kassenkraft den Beleg im Kassenbereich liegen lassen, warum ist unbekannt.
Auf mehrfaches Insistieren, wer denn der dritte im Bunde sei, man habe Überwachungsbilder und derjenige sei ohnehin leicht zu ermitteln, und ein unkooperatives Verhalten verschlechtere die Situation der beiden Gefangenen, verrieten diese dessen Namen.
Sodann folgte man den durchgehend stiernackigen Sicherheitsmännern und wurde zur allgemeinen Überraschung in das mit allerlei Fußballdevotionalien, afrikanischen Souvenirs und Flaggen sowie Fußball-Fanartikeln geschmückten Büro des damaligen Vorsitzenden der so genannten Ghana-Union geführt, einer Organisation, von der gemunkelt wurde, sie bestehe mehr oder minder nur aus einer Person, dem nämlichen Vorsitzenden, und nur zu einem einzigen Zweck, nämlich der Erlangung von Freikarten für die Heimspiele des örtlichen Fußballclubs Eintracht Frankfurt, bei dem damals der ghanaische Nationalspieler Yeboah mitwirkte, dessen berühmtester Fan nämlich der Ghana-Union-Vorsitzende war. Als Musterghanaer und Aushängeschild der Fankultur des Vereins fand er häufig in der Fußballberichterstattung des Fernsehens mit Einblendungen und sogar Interviews Berücksichtigung und aus symbolischen Gründen wurde er von der Club-Geschäftsleitung mit freiem Eintritt bedacht, was er damit dankte, dass er während der Spiele unablässig eine überdimensionierte Ghana-Flagge zu schwingen bereit war – sehr zum Unmut derer, die auf der Tribüne hinter ihm postiert waren.
Nachdem der Vorsitzende, der offensichtlich im Hauptberufe Leiter des Hertie-Sicherheitsdienstes war, den beiden Herren kopfschüttelnd unterbreitet hatte, nunmehr die Polizei rufen zu müssen, da der Betrug ja aufgeflogen war, wies Chris wie abgesprochen darauf hin, dass doch die Unterschriften von Bein, Matthäus und Beckenbauer stammten. „Sie können das direkt überprüfen“, triumphierte der Hüne, fröhlich auf die direkt hinter dem Chefdetektiv an der Bürowand angebrachte Autogrammkartenwand deutend.
„Ha, die sind doch Millionäre“, erwiderte der Sicherheitsmann clever und mit starkem ghanaischen Akzent, „die würden doch nicht wegen so ein paar Mark so eine Arbeit machen!“
Leider ging den beiden Herren nun die Erkenntnis der Ernsthaftigkeit der Situation, in die sie geraten waren, endgültig ab und der Detektiv stimmte bald in die unkontrollierbaren Lachanfälle der beiden ein, zu komisch auch für ihn die Vorstellung, Matthäus, Bein und Beckenbauer könnten einen solchen Coup durchziehen, noch dazu kurz vor der WM. „Matthäus würde sich wie immer verstecken!“, brüllte der Schwarze , „den würden wir wohl kaum kriegen!“ und warf brüllend über diesen anspielungsreichen Witz den Kopf in den Nacken und Chris ergänzte, den „Kaiser“ parodierend: „Ja gut, der Lothar, des is an Weltstar, der lässt hoit auch mal die andern gut ausschaun, ge?“ – „Und Bein“, brüllte Nils, „würde sich nur auf einen Abschnitt in einer Abteilung konzentrieren, alles andere wäre zu viel Laufarbeit.“ – „Ja“, grölte da der Detektiv, „und zwar auf die Kinderabteilung“ – ein Witz, den die beiden Herren nicht verstanden.
Den beiden Polizisten, die bereits einige Sekunden in der Tür zum Detektivbüro gestanden hatten, bot sich ein interessantes Bild. Warum man sie denn genau gerufen habe, fragten sie nun und der Meisterdetektiv erklärte den Beamten strahlend die Sachlage und verabschiedete sich überschwänglich von den beiden Delinquenten, worauf die Herren per Handschelle aneinander gekettet wurden und sich auf die Rückbank des draußen bereitstehenden Streifenfahrzeugs setzen mussten.
Während der Fahrt bemühten sich Chris und Nils, das Prusten einzustellen, allein es gelang ihnen nicht – nicht einmal ein ernster Blick des Beifahrerpolizisten samt der Feststellung, er könne nun wirklich nicht erkennen, was an der Lage für die Herren denn so unglaublich witzig sei, half. Vielmehr brachte Nils nur ein verprustetes „Wir auch nicht, Herr Wachtmeister“ heraus, was zu weiteren Lachsalven seitens der beiden Verbrecher führte. Auf dem Revier wurde man zunächst an einem Heizungsrohr befestigt.
Kurz drauf wurden Nils und Chris in das Hauptkommissar-Büro gerufen und obgleich sich die Betrüger unterdessen stark am Riemen gerissen hatten, war es mit der Beherrschung bei Eintritt in das Büro vorbei, denn auch im Arbeitszimmer des Kommissars waren reichlich Fußball-Devotionalien platziert und Chris vermutete – vor Lachen kaum zu verstehen – man sei wohl in einem obskuren Eintracht-Frankfurt-Albtraum gelandet. Dem braven Polizisten hingegen gelang es mit der These, Dragoslav Stepanovic sei ein ahnungsloser Stümper und trage die Schuld an der verpassten Meisterschaft, die Heiterkeit zu beenden. Stattdessen entbrannte zwischen den dreien nunmehr eine angeregte Diskussion über die Fähigkeiten des Coaches, die nach Ansicht des Ordnungshüters in erster Linie in „Äppelwein saufen“ bestand, während die beiden Kriminellen auf manchen taktischen Kniff des Serben verwiesen und darauf, dass solch geniale Spieler wie Bein, Möller oder Yeboah eben eine lange Leine und einen Äppelwein nach Trainingsende benötigten, was ein autoritärer Charakter wie der Herr Kommissar naturgemäß nicht verstehen könne. Man steckte mitten in einer Debatte über die Personalpolitik, sowie die mangelnde Form des einzigen Liberos im Aufgebot, Manfred Binz, als ein Mann in den Raum trat, die beiden Festgesetzten und den Polizisten begrüßte und sich als Nils´ Vater vorstellte. Er sei gerufen worden, die beiden Verbrecher abzuholen und nach Hause zu geleiten. Was dann auch geschah.
In den folgenden Wochen wurden dann noch allerlei Versuche unternommen, die Herrschaften zu entlasten, sich beim Hausmanagement zu entschuldigen und solches Zeug, das nun eben aufstrebend-bürgerlichen Eltern so einfällt.
Schließlich kam es zu einer Gerichtsverhandlung, anlässlich derer der Türke nun behauptete, er sei bei dem ganzen Schlamassel überhaupt nicht zugegen gewesen, die anderen Herren hätten seine Tatbeteiligung nur erfunden, da sie Nazis seien. Diese sonderliche Verteidigungsstrategie wurde nun allerdings nicht nur dadurch konterkariert, dass die Kaufhausbediensteten ebenfalls eine dritte Person erinnerten und ebenjene im Türken auch wiedererkannten, sondern sie wurde vom ansonsten wohlwollenden und gut gelaunten Richter als überflüssige Starrsinnigkeit gewertet, so dass der Türke alles sogar mehr soziale Arbeitsstunden als Strafe erhielt als die anderen beiden Herren, was wiederum Nils auf den Plan rief, der Eurem Ehren mitteilte, es verhielte sich aber doch so, dass der Türke tatsächlich von den dreien die geringste Kriminalenergie aufgebracht habe, ja an den Vorbereitungen und Heckereien kaum beteiligt gewesen sei und daher trotz Starrsinn die gegen ihn verhängte höhere Anzahl Sozialarbeitsstunden wiederum nicht so ganz gerechtfertigt sein könne. Worauf der Richter die Sache rund machte und alle drei die gleiche Strafe erhielten.
Womit dann aber auch genug ist mit dem Unsinn.
Andreas Lugauer: Yves Eigenrauch
Einleitung
Es ist an der Zeit, sich festzulegen: Der lustig-schönste Name aller Zeiten und Länder und eines Helden überhaupt ist der des langjährigen Abwehrspielers des FC Schalke 04 >Yves Eigenrauch<.
Yves Eigenrauch.
Yves Eigenrauch hat für einen Verteidiger eine bemerkenswerte Fairplay-Bilanz. Er [d.i. Yves Eigenrauch] erhielt in seiner gesamten Bundesligazeit nur 15 gelbe Karten, keine einzige rote Karte und – das muss dazugesagt werden –, Yves Eigenrauch verteilte die 15 gelben Karten sehr geschickt auf seine Profikarriere, denn: Yves Eigenrauch war nie gesperrt, wie es einem in der Herren-Fußballbundesliga nach der fünften gelben Karte in Folge geschieht. Opa meinte zwar, der fairste Spieler der Welt sei der Brasilianer Eusebio gewesen, aber »fair« hat, neben »fair«, einen viel schöneren Namen:
Yves Eigenrauch.
»Der Schiri brauchte kaum einzugreifen, denn das Spiel verlief sehr yveseigenrauch.«
»Alles eine Frage der Yveseigenrauchness!«
»Mein Play heißt Yveseigenrauchplay!«
Fairnesssätze, wie sie schöner kaum sein könnten.
Eigenrauch, ~Yves~ Eigenrauch. (Gut, dass ich nicht Eigenrauch heiße. Denn wie die Kinder benamsen als mit Yves?! Das heißt vielmehr: schade! Denn wenn ich eine Tochter erwartete, ich könnte sie Eve nennen.)
Yves Eigenrauch.
»Sag mal, ist das nicht ein kleins zu viel des Yveseigenrauchlobs?« Nein, das ist schon füglich richtig so, denn wenneiner des Lobes bedarf, weil er so sehr der Selbstbeweihräucherung enträt, ja qua Namen entraten muss, dann Yves Eigenrauch. Gelobt sei dein Name, Yves Eigenrauch.
Yves Eigenrauch.
Yves Eigenrauch Fakten
1)
Yves Eigenrauch hat in einem Spiel den damaligen brasilianischen Weltfußballer Ronaldo komplett abgemeldet. Ronaldo musste sich danach beim Verband einen neuen Spielerpass ausstellen lassen, einen neuen Spielervertrag mit seinem Verein abschließen, zum Einwohnermeldeamt gehen, Gas, Wasser, Telefon/Internet und Mülltonne wieder anmelden, Qualitätszeitung, Käseblatt und Zeitschriften wieder abonnieren, Versicherungspolicen neu abschließen, allerhand auf der Sparkasse erledigen etc. Bei vielem wurden ihm aber bessere Konditionen eingeräumt, so dass Ronaldo am Ende zwar einiges Nerviges zu erledigen hatte, finanziell aber besser dastand.
Danke, Yves Eigenrauch!
2)
Yves Eigenrauch kam vor seinem ersten Profieinsatz nur deswegen in den Kader, weil Mitspieler vor einem Auswärtsspiel in der Mittagspause Backgammon gespielt hatten und dafür aus dem Kader geschmissen worden waren.
Wollte Yves Eigenrauch überhaupt Profi werden? Yves Eigenrauch: «Nö.»
Yves Eigenrauch war einer, der es schaffte, obwohl er gar nicht wollte.
3)
Und einmal hätte Yves Eigenrauch beinahe eine Musikerkarriere begonnen. Der schwedische Gitarrengöttervater Yngwie Malmsteen nämlich kam auf ihn zu und meinte: «Hey, you have a pretty cool name, Yves Eigenrauch! How ’bout making some music together? We could be a duo called Ai Y. Y., or, wait, better: Yngwie Malmsteen and the Ownsmoke Yves!»
Yves Eigenrauch überlegte nicht lange und sagte, obschon er außer der Blutbratsche in fair-moll kein Instrument konnte:«Yeah, Yngwie, y not!», weil yngwie irgendwie würde er sich schon einbringen können im Studio, und an Kultur war er eh interessiert. Im Mannschaftsbus war Yves Eigenrauch es gewesen, der stets hinter einem Buch gesessen und so z.B. Dürrenmatt zu einer sehr obskuren Lektüreumgebung verholfen hatte.
Als Yngwies Management schließlich auf Yves Eigenrauchs Festnetzanschluss anrief, um ihm den Studiotermin durchzugeben – da war’s mit Yves’ möglicher Musikerkarriere
auch schon wieder vorbei! Yves Eigenrauch hatte nämlich, obwohl spiel- und trainingsfrei, an dem Termin schon was anderes vor. Wie schon beim zehnjährigen Jubiläum des Uefa-Cup-Gewinns der Schalker!
Da war Yves Eigenrauch nämlich zelten gewesen. (Offenlegung: Tatsache!) Man hatte ihm erst vier oder fünf Wochen vorher Bescheid gesagt, und da muss man Yves Eigenrauch erlauben, dass er eventuell auch etwas anderes geplant haben könnte.
(Es war toll gewesen dort, unterhalb der Müritz, am Leppinsee. Dort war er mit dem Schlauchboot gefahren und das Wetter nett gewesen, wie Yves Eigenrauch der Wochenzeitung «Die Zeit» verriet.)
4)
Yves Eigenrauchs Name «öffnet Türen» (Yves Eigenrauch).
Wahrscheinlich hat Yves Eigenrauch eine Alarmanlage mit Buchstabencode.
5)
Yves Eigenrauch wohnt in einer kleinen Mietwohnung, die er durchsaugen kann, ohne den Staubsauger umzustöpseln. Gut, nicht ganz, einmal muss er umstöpseln.
Arabella Block: Spielanleitung für Helden
Jeder bekommt eine Spielfigur.
Du musst eine Farbe anmelden,
sonst gibt es keine Helden.
Sonst singen sie nicht. Singen wie die Kiebitze.
Dazu muss es Seiten geben. Mindestens zwei muss es geben.
Hat etwas Seiten im Leben,
dann singen sie wieder, singen die Lieder
von richtig und falsch.
„Der Held liegt im Auge des Betrachters, doch er schert sich nicht drum.“
Wähl deine Seite und zieh.
Wähle Schwarz oder Weiß!
Nicht Feldgrau oder braun wie das Vieh.
Helden stehen nicht an Übergängen,
nicht an sanften Hängen,
selten im Morgengrauen und im Abenddämmer nie.
Sie stehen High Noon. Schattenlos.
Ohne den Schatten eines Zweifels, bloß
im Rücken und die festumwallte Burg.
„Der Helden steht immer am Abgrund, den er sich selbst gegraben hat.“
Schlag deinen Gegner aus dem Feld,
Den Gegenheld.
Helden erkennt man daran,
dass sie sterben.
Helden sind niemals Erben.
Helden leben nicht lang. Helden ist deshalb nicht bang.
„Helden glauben nicht an Schicksal, sie werfen sich ihm in die eisernen Zähne.“
Leider verloren.
Reden wir nicht darüber.
Singen wir Lieder.
„Der Held geht niemals im Kreis und das immer wieder.“
Singen will ich oh Muse,
von ciao bella ciao bella ciao.
Wir haben nichts zu verlieren, die Reihen fest geschlossen,
es klappern die morschen Knochen,
ins Moor, ins Moor.
Komm, schöner schwarzer Vogel,
komm Kiebitz, sing mir das Lied,
es ist immer das Lied vom Tod.
Das Leben spuckt Helden wieder aus,
Das Leben spielt immer remis.
Nur der Held wird zerkaut und durchverdaut.
Das Richtige tut man einmal oder nie.
Dann vergeht dem Kiebitz das Pfeifen.
Angelika Jodl: 鴛鴦 (Mandarinente)
Durch den Frost im Winter war der Boden gut vorbereitet. Als Lai Fang Lei ihn mit der Harke bearbeitete, fiel die Erde in schwarzen Brocken auseinander. Regenwürmer wanden sich auf den Klumpen. Seine Familie besaß noch mehr Ackerland am Dorfrand, heute hatte er nur die drei Mu hinter seinem Haus pflügen können. Aber Bohnen und Mais kamen sowieso erst in zwei Wochen dran.
Er legte die Hacke beiseite, holte das große Sieb und lehnte es an den Pflaumenbaum am südlichen Ende des Ackers. Dann lud er die Schubkarre voll mit Erde, fuhr sie dicht an das Sieb und begann, die speckigen Klumpen gegen das Sieb zu werfen. Es war harte Arbeit, Lai spürte, wie ihm Schweißtropfen in die Augen rannen und legte den Kopf in den Nacken. Oberhalb seines Hauses schwang sich die Große Mauer durch die Berge, zwischen dem Mädchenturm und dem Pekingblickturm genau über der Himmelsbrücke stand reglos eine weiße Wolke.
Hier war er geboren und aufgewachsen, er kannte die Mauer so gut wie sein Haus, die restaurierten Teile ebenso wie die Wilde Mauer. Vor vier Jahren hatte er mitgeholfen, das Stück zwischen Jinshanling und Simatai auszubauen. Sie sammelten die alten Steine, rührten Mörtel an und flickten die Stellen, wo Wind und eingewachsene Bäume die Mauer geschliffen und zersprengt hatten. An einer Stelle hatte er einen Stein mit einem alten Schriftzeichen gesetzt. Es war ein besonderer Moment gewesen, obwohl weder er noch seine Kollegen das Zeichen lesen konnten. Es mochte zweitausend Jahre alt sein, wer wusste das schon. Jedes Mal wenn er Gäste auf diesen Mauerabschnitt führte, machte er kurz Halt, um seinen Stein mit dem Zeichen zu grüßen.
Letzten Monat hatte er zwei japanische Touristen über die Himmelsleiter geleitet. Die Japaner waren trainiert, sie schafften das schwierige Stück ohne dass er sich sorgen musste um sie. Harte Burschen waren das, nachts lagen die Temperaturen oben bei Null Grad, aber sie rollten ihre Schlafsäcke in einem der Türme aus, tranken heißen Tee und legten sich zum Schlafen auf den Boden, als ob sie das alle Tage täten. Am nächsten Morgen setzte sich ein Baumfalke ganz nah vor sie auf einen Giebel am Turm. Die Japaner waren begeistert und fotografierten den Vogel von allen Seiten. Sie malten mit einem Stock Schriftzeichen in die Erde, Lai verstand, dass sie in ihrer Heimat Vogelkundler waren.
Wieder belud er die Schubkarre und warf die schweren Brocken gegen das Sieb. Auf der anderen Seite hatte sich schon ein schöner Hügel feinkrümeliger Erde gebildet. Noch eine Stunde, dann konnte er sie ausbringen und Furchen für die Samen ziehen.
Um diese Uhrzeit war seine Frau noch im Innenhof beschäftigt, reinigte den Backofen und bereitete die Mittagsmahlzeit zu. Demnächst käme sie heraus, um ihm beim Einbringen der Zwiebelsaat zu helfen, dann würden sie sich in den Hof setzen und Reis mit Gemüse essen, das war die gewohnte Reihenfolge. An jedem anderen Tag hätte Lai sich darauf gefreut, aber heute wäre es ihm lieber gewesen, die Frau bliebe im Haus. Bestimmt würde sie ihn nach dem Moped fragen, das seit gestern Abend nicht mehr im Schuppen stand, die Rede würde weiter auf den Abend kommen, auf ihren Bruder, auf das Mahjong Spiel und bei jeder ihrer Fragen könnte er nichts anders tun als den Kopf hängen zu lassen.
Er ergriff die Schaufel und begann in großen Schwüngen die Erde auf dem Acker zu verteilen. Die abgetrockneten, helleren Krümel legten sich als feine Schicht über den dunkleren Grund. Der Schweiß rann ihm in die Augen, er legte den Kopf in den Nacken und fuhr sich mit dem Unterarm über die Stirn. Vom Hof her hörte er ein leichtes Klappern. Die Frau kam heraus. Schweigend nahm sie den Rechen und begann vom Nordende des Ackers her Furchen zu ziehen. Sie arbeitete in raschem Rhythmus. Lai beschleunigte seine Würfe.
An der Westseite grenzte sein Acker an den des Nachbarn, immer noch wucherte da das Unkraut. Zwischen den Grasbüscheln tauchte die schwarze Katze des Nachbarn auf. Lai mochte beide nicht, die Katze und den Nachbarn. Leise wie ein Dieb schlich sie herbei, hielt an mit erhobener Pfote, dann betrat sie sein Feld und begann in der frisch ausgebrachten Erde zu scharren. Lai klatschte in die Hände, um sie zu vertreiben, er wusste, was sie vorhatte. Später, wenn erst die Zwiebelsamen gesetzt waren, käme sie noch einmal und würde alle ausgraben. Ausgiebig scharrte die Katze weiter. Lai bellte wie ein Hund, sie hielt kurz inne, dann scharrte sie noch emsiger.
„Gaiside, mao!“, schrie Lai – Geh zum Teufel, Katze! – er sah sich nach einem Stein um, den er nach ihr werfen könnte.
In dem Moment erschien der Nachbar auf seinem Grund. Offenbar hatte er gerade zu Mittag gegessen. Er hielt ein Teeglas in der einen Hand, in der anderen ein Stück Zuckerrohr, an dem er nagte.
„Nimm deine Katze mit!“, rief Lai ihm zu. „Sie macht mir die Arbeit hier kaputt.“
Der Nachbar ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Gestern war Versammlung im Dorf“, erklärte er. Er schnaufte wichtig. „Parteikader Liu war hier. Aus Beijing. Er ist mit einem Auto gekommen.“
Die Katze saß gesittet mitten auf dem Acker. Lai beobachtete sie aus den Augenwinkeln. Er war entschlossen, sie zu verjagen, sobald sie wieder anfing zu scharren.
„Es ist so“, sagte der Nachbar, „dass Parteikader Liu dann noch in meinem Haus etwas gegessen hat. Wir sind so miteinander.“ Teeglas in der einen Hand, Zuckerrohr in der anderen, spreizte er seine beiden Zeigefinger ab, um sie aneinander zu klopfen. „Schnaps haben wir auch zusammen getrunken, der Herr Liu und ich.“ Vergnügt lutschte er weiter an seinem Zuckerrohr.
Ohne zu antworten, warf Lai weiter Erde auf den Boden.
„Ich habe über viele Dinge gesprochen mit dem Parteikader Liu. Er hört auf mich, weißt du?“
Die Katze erhob sich und machte einen Buckel. Lai bückte sich, hob den Stein vor seinem Fuß auf und zielte.
„He! Lass meine Katze in Ruhe, Lao Lai!“, schrie der Nachbar. Lai pfefferte den Stein direkt neben sie. Zielen konnte er, etliche Wildkaninchen hatte er schon auf diese Weise getötet. Entsetzt floh die Katze zurück zu ihren Grasbüscheln. Leise schimpfend trat auch der Nachbar den Rückzug an.
Die Arbeit war beendet. Schweigend ging Lai neben seiner Frau in den Hof und setzte sich auf den Boden. Auf dem niedrigen Holztisch vor ihm dampfte in einer Blechschüssel der Reis. Er ergriff seine Stäbchen. Hastig schaufelte er sich Reis in den Mund. Die Frau stellte drei Teller auf das Tischchen. Gestocktes Ei mit Zwiebeln und Spinat mit Erdnüssen und Trockenchili. Zwei Teller frisch gekochter Speisen und einer mit rohem Lauch und Paprika. Normalerweise gab es zum mittäglichen Reis nur die Reste vom Abendessen zuvor. Voll schlechtem Gewissen rupfte er sich ein Stück aus dem flaumigen Eierstich und schlang es hinunter.
„Laopo – ehrwürdiges Weib“, sagte er, „ich muss dir etwas sagen.“
Die Frau aß schweigend ihren Reis.
„Gestern Abend habe ich mit deinem Bruder Mahjong gespielt. Wir haben Reisschnaps getrunken.“ Hatte sie verstanden, was als nächstes käme?
„Das Moped“, sagte Lai mühsam, er spürte, dass sein Gesicht dunkler wurde, „das Moped ist leider kaputtgegangen. Es hängt in einem Baum auf der Straße zu unserem Haus.“
Seine Frau stand auf und ging ins Haus.
Ängstlich sah er ihr hinterher. Es gab Frauen in der Nachbarschaft, das wusste er, die waren wie Tiger, verprügelten ihre Männer bei geringeren Anlässen mit dem Besen. Den Nachbarn, der sich mit dem Parteikader so wichtigmachte, hatte er schon ein paar Mal laut schreien hören.
Sie kam zurück. In der Hand hielt sie die Teekanne und zwei Gläser. Sie stellte sie auf den Tisch und goss heißen Tee ein. „Mann“, sagte sie, „ich möchte dir einen Rat geben.“
Er wagte nicht, sie anzuschauen, starrte auf das Geschirr.
„Du sollst nicht mit dem Moped fahren, wenn du Reisschnaps getrunken hast.“
Jetzt konnte er sein Gesicht wieder zeigen. Er glaubte fast nicht, was er da hörte. Kein Schimpfen? Kein Geschrei? „Ich hole das Moped heute Nachmittag“, versprach er. O, wie war er dankbar für diese Frau! Er hatte die beste bekommen, eine Fleißige war sie, einen Sohn hatte sie ihm geboren und sanft war sie auch noch! Einen goldenen Ziegel hielt er in den Händen mit dieser Frau! Lai Fang Lei, Bauer an der Großen Mauer, schlürfte seinen Tee voller Genuss. Gleich am Nachmittag würde er das Motorrad holen und zusehen, ob er es flicken konnte.
In Ruhe aß er nun Reis, Ei, Spinat, er trank heißen Tee und genoss den Anblick seines Hofs. Was hätte wohl die Frau des Nachbarn mit ihrem Mann gemacht? Hinter dem Anwesen rauschten die Bambusblätter, aus dem Koben grunzte das Schwein. Alles war, wie es sein sollte.
Anz Nebel: Helden
So toll wie sonst nur die 80er oder 90er, 70er oder noch schlimmer.
Du denkst an Batman, du denkst an Supermans Cape, das irgendwie diese absurden Schwerkraftmoves, besser Antischwerkraftmoves draufhat, wie in einem Parabelflug für immer, an Superman, weil er irgendwie dazugehört und fragst dich: wie genau sind diese Menschen gealtert?
Sie haben geraucht und sich dran gewöhnt
Sie haben gesoffen und sich dran gewöhnt
und dann bleibt das – hängen – kleben
und da sind die Falten und alles. Alter.
Ich wünsch mir eine*n Held*in in meinem Leben und es macht mich ein wenig traurig, dass es das nicht mehr gibt, seit die Leute in den 70ern sich diese Postmoderne ausgedacht haben, seit wir nicht mehr nur schwarz-weiß sehen gibt es niemanden mehr, den/die man uneingeschränkt bewundern kann. Danke Nazis.
Ich weiß schon, es ist gut weil emanzipatorisch, aber einfacher wärs schon.
Back in the 90s: Als ich ganz klein war, da war ich der festen Überzeugung, dass man aufhört zu weinen, sobald man 18 Jahre alt wird. Erwachsene sind quasi Superhelden in meiner kleinen 4-Jährigen-Ideologie. Wenn ich in meiner privatpersönlichen Coming-of-Age-Phase alle Tränen verschütte, die ich habe, dann bin ich den Rest meines Lebens trockene Melancholikerin und somit auf der sicheren Seite, das ist mir klar. Jetzt bin ich groß, groß wie du, Mama. 5 Jahre entfernt von dem Schwangerschaftstest, der dir mich gebracht hat. Als du allein warst und doch so zu zweit. JA? NEIN? Danke.