Katrin Rauch: Der Musenanruf

ein versehen

(Aufgrund von technischen Störungen auf archive.org wird der Audiobeitrag nachgereicht)

ideen ohne ende
rinnen durch meine hände,
während ich nach worten suche
und die eine verfluche,
die zuständig wäre,
für jene kunst, die hehre,
die neben ruhm und ehre
erstmal eines verspricht:
ein hübsches gedicht.

wobei, „hübsch“ ist ja bekanntlich der kleine bruder von „nett“
und das die kleine schwester von … „nicht gut“
und das ist mir also wirklich auch nicht genug.
eine symphonie will ich schreiben, eine große
am besten in c-dur!
ja, aber das da, was ich bis jetzt hab da
das ist ja noch nicht mal ein lied
noch nicht mal ein ton und explizit
noch keine stocker, und auch kein fritz
und schlimmer als ein schlechter schmäh.
und überhaupt: c-dur, das ist doch auch nur französisch und bedeutet so viel wie c’est dur.

psst … du da!
du willst etwas großes schreiben, nicht wahr?
etwas mächtiges
etwas gewaltig beträchtliches
etwas, das tränen treibt
wenn einverleibt
das zwerchfell bald zum bersten neigt,
das beeindruckt
bis das bein drückt
bis aufstehen beim applaus unvermeidbar bleibt.

warte nicht länger,
denn für einen banger
ist jetzt die beste zeit,
da jene nun zur hilfe eilt,
die zuständig wäre
für jene kunst, die hehre,
die neben ruhm und ehre
erstmal eines verspricht.
entschuldige die verspätung, so bin ich eigentlich nicht.

ja, nice! ja, endlich!
jetzt wird mir auch verständlich,
dass die dauerfermate
auf deren fine ich warte,
nicht mein stumpfsinn bestellte.
es war die muse, die mir fehlte.

ja, dann! mal her mit den metaphern,
den anaphern, den trochäen,
immer her mit den chiasmen, den ellipsen,
den prolepsen und sarkasmen,
immer her mit kreuzreim, paarreim, stabreim
und hie und da ein ströphchen prosa.
nach bestem wissen und gewissen sag‘ ich:
schluss mit den verrissen, sag‘ ich:
schluss mit dem verhau!
auf zur derben putzung
der ungeputzten sau!

hä? was? bitte wie?
ja, bist du denn nicht die muse der poesie und der epischen dichtung?
nein, und du offenbar auch nicht der meister der liedkunst?
wer? schubert?
nein, dein onkel hubert, ja sicher franz schubert. …
du weißt nicht zufällig, wo der wohnt?
du, ich glaub, der ist tot…

nau geh, das ist jetzt dämlich.
der schubert, der hätt nämlich
eine große schreiben sollen
und ich hätt ja bleiben wollen,
doch beim ludwig hats auch zwickt.
jetzt bin ich doch dort pickt.
hm,… was für ein mist
so ein guter komponist
und ich hab’s einfach verpennt!
wirklich schade ums talent.

well,… du wirst es nicht gern hören,
doch der franz ließ sich nicht stören.
der hat die große schon geschrieben
neben siebentausend liedern
fünfzig opern, hundert messen
für chöre und orchester
fantasien für vier hände
symphonien mit und ohne ende
und das noch vor einunddreißig.

ja, soll das etwa heißen
der hat mich gar nicht gebraucht??
die ganze zeit hab‘ ich geglaubt
ich wäre völlig unentbehrlich.
ohne mich, wären wir ehrlich,
laufe gar nichts, was sich kunst nennt.
wenn dein werk nur durch den dunst rennt,
führte ich dich richtung lichtung!
ach … vergiss es, nicht mehr wichtig….

upps… [verlegenes lyrisches ich, kleine überlegepause]
ähm, du? muse?
ich hätt da so einen text
und es ist fast wie verhext
der klemmt mir hint‘ und vorn
und nervt mich ganz enorm
wenn ich denk dran wird mir übel
ich will ihn eigentlich längst kübeln
und den hut draufhauen,
aber vielleicht magst doch du mir da noch mal drüberschauen?

Harald Kappel: uncharmant

lässig
spiegeln sich
trotz sternklarer Nacht
die Gletscher
auf den Betonsockeln
mit minimaler Leuchtdichte
knülle
sind die Lebern
wegen Pfortaderhochdrucks
in den Schlachthäusern
zur Unkenntlichkeit deformiert
konkret
sind in den Schulen
die Vorhänge
nach der Lidstraffung
als Wimpern getarnt
kokett
liegen die Apps
auf meinem Phone
unantastbar
in goldenen Vitrinen
verfettet
kämpfen Models
mit Schürzen
und Spiegeln
charmant
sind Worte wie diese

nicht

Harald Kappel: Letzte Sommertage

Im Keller der letzten Sommertage
warten vergorene Getränke
rauhe Winde quälen auf dem Acker
scheues Grün
lieblich und frisch
währt nur die Herrlichkeit der Fantasie
schwache Riesen fallen aufrecht
in Sickergruben
man hört es modern
und ist interessiert
im Jakobsmuschelmoor wabern
diesige Räume
ein Blutkuchen liegt unter hellen Birkenlaub
zerregnete Schmetterlinge
kommen aus der Traufe
in die Einsamkeit
ein leises Lachen
stört den Wald beim Wachsen
und blaue Luft
streicht dogmatisch
über einen starrköpfigen Zaun
im Keller der letzten Sommertage
freut sich der Herbst auf den ersten Schluck

Dinçer Güçyeter: Garderobe

selam Dinçer, selam
komm und setze dich zu mir auf den Diwan
erzähl, du wolltest den Applaus, du hast den Applaus
in deinem rechten Auge ein kicherndes Pony
im linken eine verbrannte Brache
deine ergrauten Schläfen kreuzen sich nun
wie karge Pfade in deiner müden Sprache
die das Gedicht mit dem Milchmund eines Säuglings
aus der entzündeten Brustwarze saugt

schau, der lange Weg, den du wie einen Gürtel
dieser zahnenden Welt geschnallt hast
bleibt dem Traum immer zu eng. schau, was dir
Ewigkeit verspricht, ist nur so lang wie das Korn
und der Thron unter deinen Pfauenfedern
mit denen du das Maschinenfett
auf deiner Arbeitshose maskiert hat
wackelt bei jedem Blick in den Spiegel
wie der Reißzahn eines alten Wolfs

das Gedicht war dein Schleifstein, doch jedes Messer
stumpft im Ehrgeiz des Wortes ab
und jede Zeile kehrt nach der Jagd wund in seine Höhle zurück

Dinçer, schau, ein kleines Kind sitzt auf deinem Schoß
es springt hinunter, es will zum Nordstern
Kind, schreist du ihm hinterher
es läuft auf die Bühne, die dich
mit ihrem Licht vertröstet hat
es pflückt Mut aus deinen Blicken
die ihre Scherben verschweigen
du weißt, das Gedicht und der Spiegel wissen es auch
seine Reise wird die Fortsetzung deiner Geschichte sein

Carsten Stephan: Vorteilhafte Farben

Allzeit chic statt à la mode
Mit Hohenheim & Richards


Es ist eine Unnatur, eine bestimmte
„Modefarbe“ aufzustellen, und es ist
noch unnatürlicher, daß diese Farbe
pflichtschuldigst getragen wird,
ob sie kleidet, oder ob sie die Trägerin
zur Vogelscheuche macht.

Die Farben und ihre Kombination sind
so außerordentlich zahlreich, lassen sich
doch allein die sieben Farben des
Regenbogens mehr als fünftausendmal
umstellen! Wir müssen uns daher
auf das Wichtigste beschränken:

Rot und Grün.
Rot und Blau.
Rot und Blaugrün.
Rot und Ultramarin mit Gold aufgeputzt.
Rot und Gold mit Schwarz.
Rot und Gold mit Weiß.
Rot (dem Karmesin genähert) und Goldgelb mit Weiß.

Zinnober und Grasgrün mit Weiß.
Zinnober und Blaugrün.
Zinnober und Berliner Blau.
Zinnober und Gold mit Weiß oder Schwarz.
Zinnober und Gelb mit Weiß und Schwarz.

Ziegelrot und Berliner Blau.
Ziegelrot und Indigoblau.
Ziegelrot und Blaugrün.
Ziegelrot und helles Gelbgrün.
Ziegelrot und Orange.

Karmesinrot und Gold
Karmesinrot und Kanariengelb.
Karmesinrot und Gelbgrün mit Weiß.
Karmesinrot und Grün.
Karmesinrot und Meergrün.
Karmesinrot und Grün mit Weiß.
Karmesinrot und Gold (goldgelbe Seide).
Karmesinrot und Berliner Blau mit Weiß.

Purpur und Karmesin, wenn Purpur eine
           Schattierung von Karmesin ist.
Purpur und Goldgelb.
Purpur und Gold.
Purpur und Gelbgrün mit Weiß.
Purpur und Grün.
Purpur und Grün mit Weiß.
Purpur und Grün mit Weiß und Schwarz.
Purpur und Meergrün.Purpur und Berliner Blau mit Weiß.
Purpur und Kanariengelb (sehr lebhaft).
Purpur und Spangrün (lebhaft, aber hart).

Kanariengelb und Karmesin, sehr lebhaft.
Kanariengelb und Gelbgrün,      „         „
Kanariengelb und Grüngelb,      „         „
Kanariengelb und Violett.
Kanariengelb und Lila mit wenig Schwarz, letzteres
           darf aber nur mit Lila in Berührung treten.
Orange und Ultramarin.                        }
Orange und Berliner Blau.                    }     Sehr lebhaft,
Orange und Ultramarin mit Weiß.   }     glänzend.
Orange und Grün.
Orange und Violett.
Orange und Violett auf Grün oder Grüngelb.
Orange und Lila (Fliederblau) auf Weiß.

Gold und Ultramarin.
Gold und reines Rot.
Gold und Karmesin.

Goldgelb und Ultramarin.
Goldgelb und Purpur.
Goldgelb und Violett.
Goldbraun (Dunkelgoldgelb) und Grün.

Grasgrün und Violett (auch mit Weiß, oder Weiß
           und Schwarz).
Grasgrün und Purpur (auch mit Weiß, oder Weiß
           und Schwarz).
Grasgrün und Karmesin (auch mit Weiß, oder
           Gold, oder goldgelber Seide).

Spangrün und Braun.
Spangrün und Rot, getrennt durch viel Weiß.
Spangrün und Orange      „          „          „       „
Spangrün und Violett         „          „          „       „
Spangrün und Blau             „          „          „       „
Spangrün und Gelb              „          „          „       „
Spangrün und Purpur, hart, schreiend.
Spangrün und Rot,          „            „
Spangrün und Orange   „            „

Meergrün und Ziegelrot.
Meergrün und Zinnober.
Meergrün und Gelb.
Meergrün und Karmesin.
Meergrün und Violett, in bunten Mustern.
Meergrün und Purpur   „      „          „
Meergrün und Blau        „      „          „

Gelbgrün und Cochenillekarmin, sehr lebhaft.
Gelbgrün und Ziegelrot,                   „        „
Gelbgrün und Zinnober                    „        „
Gelbgrün und Violett (auch mit Weiß).
Gelbgrün und Purpur mit Weiß.
Gelbgrün und Karmesin mit Weiß.
Dunkelgrüngelb und Blau.
Braungrün und Blau.

Berliner Blau und Rot.
Berliner Blau und Ziegelrot.
Berliner Blau und Zinnoberrot.
Berliner Blau und Ultramarin.
Berliner Blau und Orange mit Weiß.
Berliner Blau und Gold mit Weiß.
Berliner Blau und Purpur mit Weiß.
Berliner Blau und Lila (Fliederblau).
Berliner Blau und Karmesin mit Weiß.

Ultramarin und Rot, besonders mit Gold aufgeputzt.
Ultramarin und Goldgelb.
Ultramarin und Orange.
Ultramarin und Orange mit Weiß.
Ultramarin und Braun.
Ultramarin und Berliner Blau.

Violett und Gold.
Violett und Goldgelb.
Violett und Chromgelb.
Violett und Orange, als Muster auf grünem oder
           gelbgrünem Grunde, auch auf weißem
           Grunde, wenn das Violett einer hellen
           Nuance (Lila) angehört.
Violett und Lichtgrün.
Violett und Grasgrün (auch mit Weiß, oder
           Schwarz auf Weiß).
Violett und Meergrün in bunten Mustern.
Violett und Spangrün, durch viel Weiß getrennt.
Violett und Berliner Blau.
Violett und Hellchromgelb mit Schwarz, wenn
           Schwarz nur mit Hellviolett in Berührung
           tritt.

Lila, Gelb, Blau und Rot.
Lila, Grün, Rot und Blau.
Violett, Gelb, Blau und Rot.
Violett, Grün, Rot und Blau.

Purpurrot, Grün, Berliner Blau und Gelb.
Purpurrot, Weiß, Berliner Blau, Weiß u. Gelb.
Purpurrot, Hellgrau, Berliner Blau, Hellgrau und
           Gelb.
Berliner Blau, Grün, Purpurrot und Gelb.

Orange, Grün und Violett.
Orange, Grün, Violett und Gelb.
Orange, Blaugrün, Gelbgrün und Violett.
Orange, Spangrün und Violett.
Orange, Grün und Violett auf Weiß.
Dunkelorange (Braun), Grün und Violett.
Hellviolett (Lila), Hellblaugrün und Gold.

Rot (einfaches), Grün und Gold.
Karmesinrot, Grün und Gold
Karmesinrot, Grün, Gelb mit Orange.
Gelb mit einer Schattierung von Rot und einer
           solchen von Grün.
Berliner Blau, Rot, Grün und Gelb.
Berliner Blau, Karmesin, Grün und Gelb.
Violett, Grün, Rot und Gelb.

Carsten Stephan: Herrenschneider Waltraud Buckel

Trotz ihres Namens voller Liebreiz
War Buckel Traudel, blass und zart.
Sie ward ein hübscher Herrenscheider,
So einer von der sanften Art.

Die Lehrzeit bot ihr bloß Schablonen,
Da wurde Traudel nonkonform.
Sie träumte von der eignen Handschrift,
Entfernte sich rasch von der Norm.

Wozu denn Faden? Wozu Nadel?
Wozu die Massenkonfektion?!
Das war ihr Credo. Aber nicht das
Der Herrn der Prüfungskommission.

Doch lagen sie ihr bald zu Füßen,
Das gaben Traudels Schnitte her:
Den Herren auf den Leib geschnitten,
Mit ihrer großen, scharfen Scher’.

Sie sorgte auch für andre Herren,
Und stets war es der letzte Schrei.
Jedoch hieß Freigeist auch Gefängnis,
Zum Glück kam unsre Traudel frei.

Der Westen zahlte und man raunte,
Die Traudel sei ihm wenig fremd:
Schliff ’53 schon die Schere
Für Josef Stalins letztes Hemd.

Nun traf sie Kennedy mit Scheren,
Schön rot-weiß-blau war sein Trikot.
Und Barschels Badewannenfrack gar! ‒
Die Traudel schnitt auf Weltniveau.

Facharbeiterzeugnis von Waltraud Buckel von 1954

Carsten Stephan: Fashion-Rentner Günther

Er ist eine Stil-Ikone,
Er ist unverwechselbar.
Girlies kreischen, wo er hinkommt,
Günther, Günther, Superstar!

Heute macht er selber Mode,
Und auch die ist das Gespräch:
Jedes Stück so voller Frische,
Jedes Stück so herrlich beige.

Hat man sowas je gesehen?
Endlich hat es Konjunktur!
Lasst uns mit dem Meister loben:
Beige, die Farbe der Natur.

So lacht uns der Sommerhimmel,
So lockt uns das schöne Meer.
Erstes Beige freut uns im Frühling,
Immerbeige sind Storch und Bär.

Bald gibt es beim feschen Günther
Accessoires zur Kollektion.
Wieder ist die Welt von Sinnen:
Eine Farbenrevolution!

Riesenhandys, Rollatoren
Und Toupets vom letzten Zar.
Halma, Hörrohr, neue Hüften ‒
Alles beige und abwaschbar.

Ein screenshot eines Onlineartikels mit der Überschrift "Fashion-Rentner Günther"

Christian Knieps: Bremsspur

Die Gesellschaft um mich herum hat sich in einen wahnsinnigen
Geschwindigkeitsrausch versetzen lassen, der alleine dazu dient, die
Gegenwart durch immerwährenden Wandel nicht zu langweilig werden zu
lassen. Die Moden wechseln derart schnell, dass man eine verpasste Mode
nicht mal bemerken muss, und ganz bestimmt muss man sich keine Gedanken
darüber machen, denn die nächste ist schon da! Solange man nicht zu viele
Moden verpasst und als outdated oder immergestrig gilt, ist alles reparabel, da
das Gedächtnis mit diesen Moden ebenso leidet wie oft der Geschmack.
Ich wage jetzt etwas Verwegenes! Ich durchbreche diesen wahnsinnigen
Geschwindigkeitsrausch und bremse mit ordentlicher Spur ab, halte kurz ein,
betrachte die Moden, die an mir unberührt vorbeiziehen, und stelle mit
leichter Freude fest, dass absolut nichts Neues dabei ist – allenfalls eine neue
Abmischung verschiedener Moden der Vergangenheit. Die Beschleunigung der
Kurzfristigkeit der Moden führt zu dem absurden Phänomen, dass
Normalaltwerdende eine Mode mehrere Male erleben können, was den
unschlagbaren Vorteil mit sich bringt, Kleidungsstücke nicht mehr entsorgen
zu müssen, da diese in wenigen Jahren wieder en vogue sein werden – wobei
jedoch der Nachteil des zu kleinen Kleiderschranks ebenso mehr als evident
wird.
Während die Moden so an mir vorbeizischen, überkommt mich das Gefühl
einer latenten Nervosität, dass ich am Ende durch meine Pause doch mehr
verpassen würde, als ich es noch vor wenigen Momenten stock und steif
behauptet hätte. Ich muss meine gesamten Übungen zu Atemtechniken
auffahren, dass ich nicht in einen Zustand der Hyperunsicherheit gerate –
denn, wenn man einmal in einem solchen Zustand ist, ist man dem Wahnsinn
ausgeliefert, ohne Macht und Widerstand, ohne Willen und Resilienz. Dann
können Populismus und Metamoden viel einfacher in das eigene Gehirn
einziehen und sich dort breitmachen, als Folge eines Abgehängtseingefühls,
das man nie wieder verspüren möchte.
Ich für meinen Teil bekomme gerade noch mal die Kurve, das Vehikel, in dem
ich mich befinde, versetzt nur kurz, bricht aber nicht aus, sodass ich dagegen
ankämpfe, gegen einen Teil meines Selbst kämpfe – und traurigerweise die
tiefere Erkenntnis habe, dass ich auch verliere, wenn ich gewinne! Was ich
aber auf jeden Fall gewinne, sind die vielen abschätzigen Blicke meiner
Mitmenschen, die bisher dachten, dass ich aktuell und hip wäre, doch jetzt
erkennen sie den wahren Kern von mir: den gestrigen, noch nicht den
Ewiggestrigen. Vielleicht ist auch bei diesem turning point die Antwort 42,
denn seit Überschreiten dieser Grenze habe ich das Gefühl, dass sich das
Hetzen nach vorne nicht mehr so lohnt, denn statistisch ist es die zweite Hälfte
des Lebens – und anders als im Fußball gibt es keine dritte Halbzeit, in der
gefeiert wird.
Ich stehe also hier und sehe die nächsten Moden an mir vorbeiziehen, trage
meine alten Klamotten auf, verhalte mich, als wäre ich in der Entwicklung
irgendwann stehengeblieben, höre mir von meinen Kindern an, dass ich super-
mega-cringe bin, weil ich die neuesten Moden im social network mit vollem
Herzen missachte, und fühle mich gut damit.
Das Lustige an diesem Morgen ist, dass sich die Moden so sehr einmal um sich
selbst gedreht haben, dass ich mit meinem Stil und meiner Art wieder ein
angesagter Sportsfreund bin, was ich inzwischen etwas peinlich finde – doch
ich ahne, dass diese Mode spätestens beim nächsten Kaffee schon wieder
cringe bin. So soll es auch sein! Metamoden, was für ein Käse!