Carsten Stephan: Moralkolumnist Dr. Ehrmüller

Darf man sagen, dass die Kinder nerven?
Darf man schlipslos aufs Familienfest?
Darf man Tante Trudes Kunst verwerfen?
Darf ein Veggie, um nichts wegzuwerfen,
Knabbern einen fetten Eisbeinrest?

So klug fragen Kaufmann und Friseuse,
Das ist es, worum die Welt sich dreht:
Darf man? Ist es gut? Oder doch böse?
Ehrmüller hält in der Zeitung Lese,
Und man hofft und spricht ein Bittgebet.

Darf man über rote Ampeln gehen,
Wenn der Zug fährt und die Zeit verrinnt?
Keineswegs! Denn schnell ist es geschehen,
Schließlich geht man oben nur auf Zehen,
Dass man fällt. Natürlich auf ein Kind!

Darf man Penner aus dem Bahnhof jagen?
Ja! Er ist doch öffentlicher Raum.
Doch es bleibt ein leises Unbehagen:
Darf man denn zu Menschen Penner sagen?
Nein! Denn ohne Achtung geht es kaum.

Darf man mangels Geld für eine Reise
Karten schicken: Gruß aus Sansibar?
Darf man, wenn zu arm für Biopreise,
Fleisch verzehren? Nö! – Und vom Kakao,
Durch den sie einen ziehen, trinken? Klar!

Unser Doktor hegt Gewissensmaden
Und erteilt schon jahrelang Absolution.
Selten spricht er nur von Schurkenstaaten.
Darf man seinen Lebenstraum verraten?
Er in der Weltethikkommission.

Darf man alte Panzer ausrangieren,
Oder wäre das ein Umweltgau?
Darf man auf Raketen Hate Speech schmieren?
Darf man einen schönen Weltkrieg führen,
Wenn so Zeit fehlt für die Ehefrau?

Andii Weber: Gegen den Himmel

durchs leben
pardonisier ich mich
durch die arbeit
durch das gehölz
durch das gold
durch die krise
[kann auch geil sein]
ich habe netz
im siliziumthal
die erste gotteszell
ein großer [schalt]plan
hörst DU mich
ja, ich höre dich
hörst du denn MICH
///\///
ein funkloch
ubiquigroß ganz
urbi et orbi
[and the space between]
nur [be]rauschen
in der leitung
im kabuff
im mief
in der kirche
in der kälte
domini spielen
unter dem kreuz
schweigen
glasperlen und kränze
minende grafikkarten
brennbares zu notgeld
worte zu taten
staub zu staub
fleisch zu daten
nur mein job
böses[, all]zu böses
es schläft in mir
seit immer
mit der welt
werd ich dich versöhnen
ich absolutioniere dich
durch die mir
verliehene macht
bring sie ja zurück
sie gehört dir nicht
sondern DIR
komm zurück
in die spur
die hunde solln dich
zurückverbeißen
du schläfchen
an deinen platz
+ vercourier dich nicht
im kopf
im wald
im finstren thal
im vorsprung
im abgrund
im abspann
im radio
dreh es ab
mehr, ist da NICHTS
am ende
kein sinne für dich
in diesem