Ey, glotz mir nicht so auf den Wanzt, will ich sagen und tu es nicht. Früher wäre das nicht nötig gewesen aber wir werden ja alle älter, denke ich. Seit fünf Jahren werde ich älter und denke, ich werde einfach nur älter und denke und werde älter. Ich habe nie an Diäten geglaubt, nicht an Wunder aber gehofft hab ich immer.
Wenn jeder dritte ein Gewichtsproblem hat, ist es dann ein Problem oder Trend? Abgesehen von der spürbar schlechter werdenden Kondition und aneinander reibenden Oberschenkeln, gleicht der morgendliche Blick in den Spiegel, einem Biss auf die Zunge.
Würde ich anderen Trends so hinterher laufen, könnte ich vielleicht ein paar Kilos verlieren und trüge den Six-Pack nicht unterm Arm. Es gibt natürlich wichtigeres, aber wieso sich nicht über versteckten Zucker in Lebensmitteln und undiszipliniertem Fressverhalten ärgern, wenn man betrunken nach Hause kommt. Wenn es schmeckt, sagt man „Soul Food“. Essen für die Seele.
Vielleicht ist das der größte Trick von allen. Ich habe noch keine fette Seele gesehen. Nur fette Menschen und fette Tiere, die an Leinen von fetten Menschen hecheln. Am schlimmsten sind die Dehnungsstreifen um Bauch und Hüfte. Sie sehen einfach beschissen aus wenn man kein Kind zur Welt gebracht hat. Erst ziept und juckt es ein wenig, dann sieht man leicht rote Streifen, später dann Risse. Als hätte ein Tiger versucht einem den Bauch aufzureißen, weil man wie ein großes, schmackhaftes Schweinchen aussieht. Nach einiger Zeit werden sie weiß und man findet sich damit ab. Besser macht es das nicht.
Sie werden bleiben. So viele gute Gründe, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen oder endlich etwas dagegen zu tun, denke ich und werde älter. Die nächste Zeit keinen Alkohol, tägliche Bewegung und gesunde Ernährung. Die Zutaten kennt jeder aber es schmeckt immer zu stark nach Disziplin und Schweiß. Man fängt an zu würzen, nur ein bisschen, dann jeden Tag. Plötzlich schmeckt es besser und die Tüte Chips tut es auch. Natürlich die geriffelten, die mit extra Salz.
Aber damit, ist jetzt Schluss. Ich werde mich bessern, ich soll doch gefallen, wenn der erste Eindruck zählt. Soll doch auch wieder einer von euch sein. Das T-Shirt ausziehen, wenn es zu heiß ist und mich einfach in die Sonne legen, bevor ihr sagt, tu es doch einfach, uns stört es nicht.
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Sarah de Sanctis: Refeed Day
Montag. 63,5 Kg. Sie öffnet das Küchenfenster und lässt die Morgenfrische herein. Dann streift sie durch ihr dunkles Haar. Ein paar Strähnen bleiben zwischen ihren Fingern hängen und sie lässt sie ins Spülbecken segeln. Am Tisch schlägt sie das gekochte Ei auf die Holzplatte, ein Knacken ertönt, sie schält das Ei und lässt die Schale auf die Tischplatte bröseln. Sie puhlt das Eigelb heraus und lässt den kleinen gelben Ball auf ihrer Handfläche umherrollen. Sie legt ihn auf den Teller und schneidet das Eiweiß in kleine Teile, die sie Stück für Stück mit der Kuchengabel in ihren Mund schiebt. Dann gibt sie Artemis, ihrem winselnden Terrier, das Eigelb zu fressen. Er schmatzt laut und kleine Bröckchen fallen ihm vermischt mit Speichel aus der Schnauze auf das Laminat.
Dienstag. 62,0 Kg. Sie öffnet das Küchenfenster und lässt die Morgenfrische herein. Dann streift sie durch ihr dunkles Haar. Ein paar Strähnen bleiben zwischen ihren Fingern hängen und sie lässt sie ins Spülbecken segeln. Am Tisch schlägt sie das gekochte Ei auf die Holzplatte, ein Knacken ertönt, sie schält das Ei und lässt die Schale auf die Tischplatte bröseln. Sie puhlt das Eigelb heraus, schabt mit ihren Schneidezähnen etwas davon ab und lässt den kleinen gelben Ball auf ihrer Handfläche umherrollen. Sie legt ihn auf den Teller und schneidet das Eiweiß in kleine Teile, die sie Stück für Stück mit der Kuchengabel in ihren Mund schiebt. Dann gibt sie Artemis, ihrem winselnden Terrier, das Eigelb zu fressen. Er schmatzt laut und kleine Bröckchen fallen ihm vermischt mit Speichel aus der Schnauze auf das Laminat.
Mittwoch. 62,5 Kg. Sie öffnet das Küchenfenster und lässt die Morgenfrische herein. Dann streift sie durch ihr dunkles Haar. Ein paar Strähnen bleiben zwischen ihren Fingern hängen und sie lässt sie ins Spülbecken segeln. Am Tisch schlägt sie das gekochte Ei auf die Holzplatte, ein Knacken ertönt, sie schält das Ei und lässt die Schale auf die Tischplatte bröseln. Sie puhlt das Eigelb heraus und lässt den kleinen gelben Ball auf ihrer Handfläche umherrollen, dabei schluckt sie laut und beißt sich auf die Lippen. Sie legt das Eigelb auf den Teller und schneidet das Eiweiß in kleine Teile, die sie Stück für Stück mit der Kuchengabel in ihren Mund schiebt. Dann gibt sie ihn Artemis, ihrem winselnden Terrier, das Eigelb zu fressen. Er schmatzt laut und kleine Bröckchen fallen ihm vermischt mit Speichel aus der Schnauze auf das Laminat.
Donnerstag. 61,5 Kg. Sie öffnet das Küchenfenster und lässt die Morgenfrische herein. Dann streift sie durch ihr dunkles Haar. Ein paar Strähnen bleiben zwischen ihren Fingern hängen und sie lässt sie ins Spülbecken segeln. Am Tisch schlägt sie das gekochte Ei auf die Holzplatte, ein Knacken ertönt, sie schält das Ei und lässt die Schale auf die Tischplatte bröseln. Sie puhlt das Eigelb heraus, beißt die Hälfte davon ab und lässt die Masse an ihrem Gaumen kleben. Sie legt das restliche Eigelb auf den Teller und schneidet das Eiweiß in kleine Teile, die sie Stück für Stück mit der Kuchengabel in ihren Mund schiebt. Dann gibt sie Artemis, ihrem winselnden Terrier, das restliche Eigelb zu fressen. Er schmatzt laut und kleine Bröckchen fallen ihm vermischt mit Speichel aus der Schnauze auf das Laminat.
Freitag. 60,5 Kg. Sie öffnet das Küchenfenster und lässt die Morgenfrische herein. Dann streift sie durch ihr dunkles Haar. Ein paar Strähnen bleiben zwischen ihren Fingern hängen und sie lässt sie ins Spülbecken segeln. Am Tisch schlägt sie das gekochte Ei auf die Holzplatte, ein Knacken ertönt, sie schält das Ei und lässt die Schale auf die Tischplatte bröseln. Sie puhlt das Eigelb heraus und lässt den kleinen gelben Ball auf ihrer Handfläche umherrollen. Sie legt das Eigelb auf den Teller und zerdrückt das Eiweiß mit der Kuchengabel, steht auf, und schabt es in den Mülleimer. Dann gibt sie Artemis, ihrem winselnden Terrier, das Eigelb zu fressen. Er schmatzt laut und kleine Bröckchen fallen ihm vermischt mit Speichel aus der Schnauze auf das Laminat.
Samstag. 58,5 Kg. Sie öffnet das Küchenfenster und lässt die Morgenfrische herein. Dann streift sie durch ihr dunkles Haar. Ein paar Strähnen bleiben zwischen ihren Fingern hängen und sie lässt sie ins Spülbecken segeln. Am Tisch schlägt sie das gekochte Ei auf die Holzplatte, ein Knacken ertönt, sie schält das Ei und lässt die Schale auf die Tischplatte bröseln. Sie puhlt das Eigelb heraus und schiebt sich den kleinen gelben Ball in den Mund. Dann gibt sie Artemis, ihrem winselnden Terrier, das Eiweiß zu fressen. Er schmatzt laut und kleine Bröckchen fallen ihm vermischt mit Speichel aus der Schnauze auf das Laminat.
Sonntag. 59,0 Kg. Sie öffnet das Fenster in der Küche und lässt die Morgenfrische herein. Dann streift sie durch ihr dunkles Haar. Ein paar Strähnen bleiben zwischen ihren Fingern hängen und sie lässt sie ins Spülbecken segeln. Am Tisch nimmt sie die Folie von dem Stück Sachertorte. Sie greift mit der Hand hinein und stopft den Kuchenteig in ihren Mund. Sie schmatzt laut und kleine Bröckchen fallen ihr vermischt mit Speichel aus der Schnauze auf das Laminat.
Theobald O.J. Fuchs: Das Diätdiktat
Mir war das vorher so klar nicht gewesen. Dass ich als Amtsträger so viel verdienen würde. Als berufsmäßiges Mitglied des Vorstandsunterausschusses einer nachgeordneten Behörde. Drei Sitzungen im Monat hatte ich abzuleisten, gut: ich hatte einige Papiere zu lesen, was aber letztlich niemand überprüfte, und es gab diese Koordinationstreffen mit anderen Stellvertretern im benachbarten Unterausschuss – bloß hatte ich da noch nie teilgenommen, hatte mich bisher irgendwie nicht überwinden können, hatte mir lieber ein Attest besorgt, das ging ganz einfach. Dass es so abartig viel Geld für diese Arbeit geben würde, haute mich anfangs echt von den Socken. Inzwischen wird mir nicht mehr schwarz vor Augen, wenn ich die Summe auf meinem Kontoauszug sehe, aber einfachen Leuten, die das nicht gewohnt sind, empfehle ich immer, nur eine Ziffer einzeln eine nach der anderen mit einer ausreichenden Pause dazwischen zu lesen. Es verringert das Risiko, dass mir einer umkippt. Dann kam es natürlich wie es kommen musste. Ich hatte zu viel Penunzen und kaufte völlig unkontrolliert den totalen Schrott ein. Weil ich es konnte. Ein Videorekorder musste her – obwohl die gar nicht mehr hergestellt werden –, ein Roboter-Hund, der selbstständig Gassi geht und autonom nach kleinen Kindern schnappt, eine Glitzertapete im Badezimmer – echter Glitzer natürlich, nicht das Zeug, das sie in China in Tütensuppen mischen –, ein neuer Schuh für meine Frau. Den zweiten gab’s dann Weihnachten. Bis dahin ging’s barfuß, sie hat ja zwei gesunde Füße, sagte ich ihr immer! So weit, so alles gut, dachte ich. Doch: Ba-dong! Irgendwann ertappte ich mich dabei, als ich gerade den Aludeckel vom elften Pfirsich-Maracuja-Sardelle-Mango-Joghurt riss, dass ich dachte: Kann ich mir eigentlich noch ein Leben ohne dieses Pfirsich-MaracujaSardelle-Mango-Joghurt vorstellen? Da wurde mir schlagartig klar: Ich bin süchtig nach dem Zeug. Denn das weiß jedes Kind: sobald man darüber nachdenkt, ob man süchtig ist, ist man süchtig. Je, nun? überlegte ich, was ein schönes Schlamassel, mit allem drum und dran: Co-Sucht der Frau; Beschaffungskriminalität, da ich verboten hohe Trinkgelder an der Kasse im Supermarkt verteilte – die Angestellten dort hatten schon gar keine Lust mehr, die anderen, armen Kunden zu bedienen, weil ich knallhart alle Sympathien abräumte wie eine Eichkatze, dicker Geldbeutel schlägt Herzsticht, da sind sich alle einig! –; und freilich enge bis engste Hosen im Leoparden- und Tiger-Style, in denen sich mein eingezwängter Wurstkessel wund rieb. Oft lagen im Foyer unserer XXL-Villa im Coq-au-vin-Style Berge leer gefressener Pfirsich-Maracuja-Sardelle-Mango-Joghurtbecher, zwischen denen wilde Esel, Turm-Kraniche und Mittelgebirgs-Feuermolche wühlten, auch sie Opfer einer unbeherrschbaren Lust auf Pfirsich-Maracuja-Sardelle-Mango. Ökologischer Fußabdruck: riesenscheiße. Der Tiefpunkt kam, als ich die Kontrolle über mich selbst verlor. Mein Diener stellte mir eines Morgens das goldene Tablett mit dem Becher ans Bett, machte zwei Schritte zurück, um in der Ecke demütig zu warten, wie wohl mein nächster Befehl lauten mochte. Obschon der natürlich alle Tage und immer wieder gleich lautete und nichts anderes anordnete als »noch eines!«. Schluck, schluck, würg! Kaum hatte ich den Löffel aus Rohseide und Mondsilber zum Munde geführt, überfiel mich ausgedehnter Ekel und kerzengerader Abscheu: Das war kein Pfirsich-Maracuja-Sardelle-Mango-Joghurt, was da widerlich klebrig im billigen Kunstplastik-Becher schwappte! Es war minderwertiges Pfirsich-Banane-Sardelle-MangoJoghurt! Das kotzt die Maus! Ich spie aus. Warf dem Diener harte Worte an den Kopf, das Tablett hinaus zum Fenster, wo es die gläserne Voliere für die fliegenden Nacktschnecken traf und verkratzte! Absolut nicht nice! Ich begriff: Entweder ich änderte mein Leben – jetzt, sofort, auf der Stelle, bei Neumond – oder ich würde an Pfirsich-Maracuja-Sardelle-Mango zu Grunde gehen. Nur noch eine laser-gründliche Diät konnte mich retten. Ich trat sofort an, und eingedenk der bekannten Weisheit, dass man am meisten schafft, wenn man sich total überlastet, beschloss ich komplett auf alles zu fasten. Fristlos begann ich zu verzichten auf Fleisch und Butter, auf Käse und Wurst, auf Kaffee und Alkohol, auf Brot und Milch, auf Eier, Tee, Heroin, Crack, Napalm, Zigaretten, Speisehund und LeckElfenbein. Sowie selbstverständlich auf Pfirsich-Maracuja-Sardelle-Mango-Joghurt. Ich wurde der krasseste Njet-Mann ever! Die Wirkung setzte umgehend ein, keine elf Sekunden musste ich warten, schon packten mich die schlimmsten Entzugserscheinungen. Mein Verstand ritt auf einem Röntgenstrahl hinüber in dieses Land, wo Spiralnebel an den Bäumen wachsen. Ich fühlte mich wie ein Teller Kartoffelbrei in der Waschmaschine. Die Zeit dehnte sich ganz unwahrscheinlich in die Länge, draußen in der Welt, die direkt vor meiner Nase begann, treiben Menschen, Gegenstände und Blätter in Zeitlupe durch mein Bio-Objektiv, beim Anblick von einem Stuhl überlegte ich, ob sich nicht vielleicht alle Menschen auf der ganzen Welt bisher getäuscht haben und Möbel doch essbar seien. Ich hoffte auf Regen, das Nachzählen der Tropfen würde mich ablenken. In fast den gleichen Worten: beinahe wurde ich verrückt. Doch dank meines immensen Einkommens als hoffnungslos überbezahltem Entscheidungsverhinderer gelang es mir, durchzuhalten. Ich kaufte mir einfach ein halbes Dutzend Diätassistentinnen im nächsten Diätzubehörladen. Bullige Typen waren das, die Diätassistentinnen, trapezförmige Oberkörper, quadratische Sonnensegel vor der Fresse, am Boden derselben getönte dreifache Zahnreihen. Prachtvolle Kerle, die mein sowieso schon fiebriges Gemüt weiter erhitzten, so dass ich schlussendlich hinein geriet in ihn – den finalen Fastenkoller! Aber meine Diätassistentinnen hauten mir, natürlich nur gegen extra Bezahlung, jedes Mal eine aufs Maul, wenn ich an Pfirsich, Maracuja, Sardelle oder auch nur Mango dachte. Ich bekämpfte und überwand solcherweise sämtliche meine Bedürfnisse so erfolgreich und glorios, dass mir am Ende nur noch eine einzige lästerliche Gewohnheit blieb, die mir in den Orkus zu komplementieren der rumpelnde Bestieg des höchsten Storchennests im Bistum bedeutete; nämlich zu notieren, wie alles…
Lothar Gröschel: Als mich der Abgeordnete Elmar Sören zum Biertrinken einlud
Die Straßenbahn war um diese Zeit so gut besetzt, dass ich nach einem freien Platz Ausschau halten musste. Späte Arbeitspendler aus den Kreativberufen, die sich ins Büro bequemten, wenn die Heizungsbauer im Nachbarhaus bereits ihre zweite Vesperpause einlegten; Mütter auf dem Weg zum Sport oder zum Frühstück-mit-zwei-besten-Freundinnen; Studenten, die es irgendwie aus dem Bett geschafft haben, obwohl seit einer Woche Semesterferien waren, wie ich von Elsa gehört hatte; und eine Menge Ortsfremder – ein abgestandenes Sprachengewirr der Länder des alten Westens.
Ich überlegte, wie ich die Fahrtzeit verbringen sollte. Fingerte schon nach meinem Telefon, um es den anderen gleich zu tun. Als Kästchengucker sich durch die Ostteile der Stadt schunkeln lassen. Oder eine Zigarette drehen, sprich: jemanden nach Tabak und Papierchen anschnorren, um ihm oder ihr mitzuteilen, dass man keine Filter benötige. Dann den irritierten Blick zu quittieren, mit leichtem Kopfschütteln diesen weißen Schaumzylinder tatsächlich abzulehnen. Wer hat denen das beigebracht? Vor 20 Jahren hat doch kaum einer mit Filter gedreht. Wo war ich seitdem gewesen?
Ein Rettungswagen überholte uns. Wenig später folgte ein großes Feuerwehrauto, noch eines, zwei Streifenwagen, ein Notarzt, das Technische Hilfswerk, dann die Müllabfuhr.
„Ich liebe Menschen.“
Wie auf Kommando drehten sich quasi alle Insassen um.
„Ich liebe Menschen … ich liebe Menschen … ich liebe Menschen …“
Ich war mir nicht sicher, ob ich gleich beim ersten Mal verstanden hatte, was der Mann mit krauser Haarpracht unüberhörbar deklamierte.
„Ich liebe Menschen.“
Manche Leute wandten sich ab, schauten dann wieder hin, zu ihm, der immer lauter wurde. Eher aggressiver, aber es wirkte lauter. Er saß auf dem Sitz neben dem Fahrkartenautomat. Betonte jetzt das „Ich“ übermäßig: „Iich – liebe Menschen … Iiiccch — liebe Menschen … Üüccchh — liübe Menschen … „
Ich konnte ihm ins Gesicht schauen: dunkle Augen, brauner Teint, feine Züge. T-Shirt, Sporthose …
„Üüch – lübe – Menschen …“
An der nächsten Station wanderten einige Mitfahrer ins hintere Abteil ab. Jetzt schrie er seinen Satz. Ich hatte kurz Blickkontakt mit ihm. Nahm er mich wahr? Ich schaute wieder weg; dann hin.
„Ich liebe Menschen … ich liebe Menschen …“
Dann begann er zu hospitalisieren, bewegte den Oberkörper im Rhythmus seines Mantras nach vorne und hinten. Dabei griff er mit seinen Händen an die Oberschenkel, als wollte er sich daran festhalten.
„Keine Sorge, der tut nichts.“
Jetzt erst bemerkte ich den älteren Mann, der sich neben mich gesetzt hatte. Große graue Augen, die Stirn in gleichmäßigen Falten. Mit seinem haarlosen Kopf und der kräftigen Nase erinnerte er mich an Picasso.
„Ich liebe“ … Pause … „Menschen“.
Das „Menschen“ schrie er aus seinem Innersten heraus.
„Er ist noch jung, seine Stimmbänder halten das aus“, kommentierte mein Nachbar.
Ich nickte. „Aber meine Nerven …“
„Ich finde das auch nicht toll …“ – „Ich liebe MENSCHEN …“ – sagte der Kahlköpfige, „aber das ist der Sound der Stadt. Ein paar Millionen auf so einer Fläche zusammen gekarrt, mehr oder weniger freiwillig … schauen Sie sich an, wie wir hier leben, arbeiten, was wir essen, konsumieren, sehen, sehen müssen, jeden Tag, unzählige Bilder, Stimmen, den Lärm, Verkehr … die Gerüche, die Abgase. Da ist es nur zu natürlich, dass es hin und wieder kracht. Sich in einem Gewitter entlädt. Die Energie muss irgendwohin, und es findet sich immer ein Katalysator. Möge er noch so abwegig erscheinen, wie das Schauspiel, an dem uns dieser junge Mensch teilhaben lässt.“
„Sie werden Recht haben“, sagte ich. „Dieses Wetter begünstigt Entladungen.“
Der Mann schrie weiter und starrte zu uns herüber. Wartete einen Moment und zog sein T-Shirt aus – „Ich liebe Menschen“ -, warf es auf den Boden. Er stand auf, hob die Arme, rief in einem fort: „Ich liebe Menschen“.
Würde er damit aufhören, wenn ich ihn anspräche, ihn fragte, was er wollte? Vielleicht wollte er nur die Liebe, seine Liebe, weiter geben.
„Sie können da nichts machen“ unterbrach der Mann neben mir mein Sinnieren, als wüsste er, was in mir vorging. „Er wird Sie nicht wahrnehmen, in seinem Film braucht er kein wirkliches Gegenüber, ich meine: jemanden mit Empathie, der mitfühlt. Nein, er will die Bühnensituation, der er mit seinem Ein-Satz-Dramolett aus dem Nichts schafft. Die Straßenbahn ist kein übel gewählter Ort für diese Inszenierung – keiner kann abhauen. Und – er weiß das – „Ich liebe Menschen“ – niemanden lässt das ganz kalt.“
Dann zog der junge Mann zwischen einem „Ich liebe Menschen“ und dem nächsten „Ich liebe Menschen“ einfach die Hose runter. Schaute an sich herab, sprach weiter und drehte sich frontal zu seinem Publikum, das sich hinten verschanzt hatte. Guter Körper, trainiert bzw. nicht durch Müßiggang und Exzesse geschunden.
Bersarinplatz. Der Wagen hielt. Die meisten wollten raus. Mein Nachbar schüttelte den Kopf, stand auf und streckte mir die Hand entgegen.
„Ich gehe auch“, sagte ich, nahm seine Hand, erwiderte den Abschiedsgruß. Draußen blieben wir, ohne uns abgesprochen zu haben, stehen, beobachteten die Passagiere, die auf ihren Handies herumtippten, vielleicht um die Polizei zu rufen; die sich vor ihre Kleinkinder stellten, vielleicht als Schutzschild vor dem skandalösen Schauspiel, das der Nackte ihnen bot. Dann stieg der Mann aus. Barfuß. Schaute nach links, lief dann nach rechts, festen Schrittes. Ein Nackter in der Großstadt. Wortlos verschwand er. Der Auftritt war vorbei.
Jemand schrie ihm hinterher: „Du hast Deine Kleider vergessen.“ Es wirkte wie eine Befreiung, einige Passagiere lachten, sie stiegen wieder ein. Die Tram fuhr weiter.
„Was für ein Höhepunkt – sensationell, wie er seine Liebeslitanei, seine Liebestollheit so penetriert hat, ein totales Credo, dass er nicht mehr anders konnte, sich als DEN MENSCHEN ohne Schuld und Sünde zu offenbaren, also wie Adam im Paradies“, gurgelte es aus dem Kahlkopf hervor. Er tätschelte meine Schulter: „Eine geniale Tat, oder? Wie sehen Sie das?“
„Ich brauch jetzt ein Getränk“, antwortete ich ohne nachzudenken.
„Herrlich, ich auch. Übrigens: Elmar Sören, Abgeordneter im Kreistag zu Göttingen, auf Hauptstadtvisite bei unserer einstigen Volkspartei. Sie wissen, wen ich meine?“
Ich nickte. „Da drüben ist ’ne Hausbrauerei von einem Kumpel von meinem Kumpel Dragan. Wenn wir Glück haben, hat er ein Fass angestochen. Oder es gibt Flaschenbier. Ich bin Lothar, Bürger dieser Stadt.“
Elmar lachte, knöpfte sich das Hemd auf, zog es aus, auch das Feinripp-Unterhemd und strich sich über die stark behaarte Brust. „Ein schönes unfiltriertes Bier, herrlich. Sie sind mein Gast – wie könnte ich meine Diäten besser investieren.“
Wir spazierten über die Gleise. Elmar wirbelte sein Hemd durch die Luft. Ein Auto hupte, wir querten die Straße. Ich kaufte mir Tabak. Dann liefen wir durchs offene Tor in den Hinterhof und verzechten rund 80 EUR – die Sitzungsgelder, die Elmar im letzten Monat im Kreistag erhalten hatte.
Theresia Denninger: Diät Wochenplan
Wer eine Diät machen will, muss alles erstmal sehr gut organisieren, denn viele Faktoren im Alltag sind unbewusste Dickmacher.
Für eine gelingende Gewichtsreduktion sollte man sich nur noch mit dünnen Menschen verabreden, des Weiteren kann es auch beim Abnehmen helfen, wenn man einen Freund gewinnt, der schon eine operative Magenverkleinerung hatte. Der Freundeskreis muss also für eine Diät erstmal ordentlich gewählt werden.
Um dann mit der Diät anzufangen muss gesichert sein, dass jeden Tag zur selben Zeit und nicht zu spät geschlafen und aufgestanden wird, denn müde und Nacht-Menschen essen mehr. Es sollte demnach genug geschlafen werden.
Am ersten Tag der Diät sollte man sich auf jeden Fall gleich früh am Morgen auf die Waage stellen und sein Startgewicht dokumentieren. Zum Frühstück ist dann der optimale Start in den Tag mit einem Müsli, bestehend aus einem Frischobst, Haferflocken und etwas Naturjoghurt. Als Getränk gibt es dazu ein Glas Wasser mit einem Schuss Zitrone, um den Stoffwechsel anzukurbeln.
Das Mittagessen gibt es nach circa 4 Stunden. Täglich gibt es mittags einen Salatteller, der mit etwas Dressing angemacht wird, dazu gibt’s am ersten Tag einen halben geratenen Hähnchenschenkel mit einer gekochten Kartoffel und ein Broccolikopf gekocht dazu. Um sich selbst zu überlisten ist es sinnvoll das Fleischgericht auf einem kleinen Kuchenteller anzurichten, so sieht das Auge, dass der Teller gut voll ist und man denkt dass man danach satt ist.
Am Nachmittag kann ein schwarzer Kaffee getrunken werden.
Zum Abendessen, das spätestens zwei Stunden vor dem zu Bett gehen sein sollte, gibt’s am ersten Abend eine selbst zubereitete Karotten-Kokos-Ingwersuppe.
Über den gesamten Tag darf nur Wasser getrunken werden.
Am zweiten Tag wiederholt sich das Frühstück vom Vortag. Zum Mittagessen gibt’s heute zu dem großen Salatteller ein Lachsfilet auf Gemüsebett mit 50g (Rohgewicht) Vollkornreis.
Am Nachmittag gibt’s zu Kaffee und Kuchen einen schwarzen Kaffee ohne Kuchen.
Zum Abendessen wird eine Tomatensoße gekocht, in die Suppe kann ein Löffel Schmand gegeben werden.
Am dritten Tag darf ein Cheatday eingelegt werden, der trotzdem die drei Mahlzeiten und zum Abendessen nur eine Gemüsesuppe beinhalten sollte.
Der vierte Tag beginnt wie gewohnt mit einem Müsli, mittags gibt es heute Salat mit Hirtenkäse und vegetarischen Gemüsereis.
Nachmittags den schwarzen Kaffee.
Am Abend gibt’s Rührei mit gekochten Bohnen.
Am fünften Tag sollte man sich für einen Gewichtsvergleich mal wieder auf die Waage stellen. Ab heute kann auch statt eines Müslis ein Vollkornbrötchen mit 5g Butter und 1Esslöffel Marmelade oder Honig gegessen werden.
Mittags einen Salatteller dazu Vollkornnudeln (60g Rohgewicht) mit einer Gemüsebolognese, am Nachmittag einen schwarzen Kaffee.
Am Abend eine selbst gemachte Blumenkohlcremesuppe.
Der sechste Tag beginnt zum Frühstück wie der Vortag.
Zum Mittagessen gibt’s zum Salat eine Rinderroulade mit Blaukraut und 110g Spätzle.
Nachmittags ein schwarzer Kaffee mit einem kleinen Stückchen Käsekuchen ohne Boden.
Am Abend gibt es einen Dosenfisch mit einer Scheibe Vollkornbrot.
Am siebten Tag steht wieder die Wahl zwischen Müsli und Vollkornbrötchen. Zum Mittagessen kann es heute Rührei mit viel Spinat und einer gekochten Kartoffel sein,dazu Salat.
Am Nachmittag auch heute einen schwarzen Kaffee mit einem kleinen Stückchen Käsekuchen ohne Boden.
Der Tag endet heute mit gebackenem Käse auf Gemüsebett.
Am Ende der Diät sollte sich wieder gewogen werden, um zu sehen, ob vielleicht noch eine weitere Woche Diät daran gehängt werden sollte…
Die Diät beginnt täglich mit einem sättigendem Frühstück, zum Mittagessen gibt’s täglich einen Salatteller und ein FDH Menü angerichtet auf einem kleinen Teller, so wird die Sättigung schneller eintreten. Der Nachmittag und Abend sind dann Kohlenhydratarm und eiweißreich gestaltet.
Zu der Diät sollte sich täglich noch sportlich betätigt werden. Bei aufkommendem Hunger diesen mit Wasser stillen.
Andii Weber: Diätenratgeberbuch
Ich fand dich eines Nachts
Am Straßenrand
Nahm dich zu mir mit
Seitdem habe ich mein Leben im Griff
In dir steckt magisches Wissen
Von Birkenzucker, Kohl und Rüben
Und immer, wenn ich nicht mehr weiter weiss
Frag ich dich, den du kannst helfen:
Wenn die Welt zu brechen droht
Diätenratgeberbuch
Wenn mein Zahnarzt über mich flucht
Diätenratgeberbuch
Wenn ein Alb mich im Traum besucht
Diätenratgeberbuch
Wenn mein Kaninchen plötzlich pupst
Diätenratgeberbuch
Wenn der Richter mich einbuchten tut
Diätenratgeberbuch
Wenn eine angespannte geopolitische Lage gelöst werden muss
Diätenratgeberbuch
Wenn die Tür so komisch knurrt
Und ihr Ex das Messer holt
Wenn das Finanzamt mir mein Geld abbucht
Wenn die Heuschreckenplage über uns kommt
Dann gibt es dich
Mein Diätenratgeberbuch!
Also, zum Abnehmen taugst du zwar nicht, aber als Ratgeber bist du gar nicht mal so schlecht.