Theobald Fuchs: Fernsehen

Der Mann, der uns den Fernseher installierte, tauchte an einem Donnerstagabend im Juni 1974 auf. Ohne Voranmeldung stand er in der Uniform des Fernsehministeriums vor der Tür. Wir wussten, dass Widerstand zwecklos war. Er ging, ohne Zeit mit Ritualen der Höflichkeit zu vergeuden, direkt ins Wohnzimmer und sagte, dass das Tischchen, auf dem meine Mutter vier oder fünf Steingutschüsseln mit Kakteen errichtet hatte, perfekt geeignet sei. Er stellte die Schüsseln auf den Boden und baute das Gerät auf.

Kraft seines Amtes ernannte er meine Oma zur Zuständigen für den Fernseher. Sie hatte das alleinige Recht, ihn ein- und auszuschalten und das Programm zu wählen. Es gab das erste Programm, das zweite, das allerdings nur schlecht zu empfangen war, und das dritte, das ab sechzehn Uhr Bildungssendungen ausstrahlte. Oma interessierte sich nicht für Tierfilme oder Berichte über moderne Methoden der Landwirtschaft. Sie lehnte auch ab, sich durch das Schneetreiben und Flimmern auf dem Bildschirm mit den Quizzen und Musikrevuen im ZDF abzuquälen, so dass der Drehknopf zur Wahl des Senders praktisch unberührt auf ARD stehenblieb. Zwanzig Stunden pro Woche müsse das Gerät laufen, erklärte der Techniker, sonst würden wir Schwierigkeiten mit der Behörde für Fernsehkonsum bekommen.

Meine Mutter achtete peinlich genau darauf, dass wir die vorgeschriebenen Soll-Stunden vor dem Fernseher verbrachten. Wir versuchten natürlich, uns irgendwie zu drücken. Doch so gerne wir unsere Hausaufgaben gemacht, unsere Zimmer aufgeräumt oder beim Abwasch geholfen hätten – Mutter kannte keine Gnade. Da half uns kein Bitten und Betteln. Unerbittlich wurde die Mattscheibe Punkt vier Uhr eingeschalten. Wir mussten Heidi, Wickie und die starken Männer und Bugs Bunny ansehen, bis uns schlecht wurde. Dick und Doof und die Schlümpfe waren noch halbwegs zu ertragen, aber als später auch noch endlose Folgen von Luis des Funes, Bud Spencer und Unsere kleine Farm das Pensum erweiterten, wurde es oft zur Qual, bis 10 Uhr Abends in die Röhre zu gucken.

Oma erwies sich als die Tapferste. Sie hatte Krieg und Wiederaufbau durchgestanden und währenddessen drei Kinder großgezogen, da würde sie wohl nicht an dieser Aufgabe scheitern. Mit eisernem Willen verfolgte sie Derrick und den Alten, die Quiz-Shows mit Rudi Carrell, Wim Thoelke und Hans Rosenthal, Klimbim mit Ingrid Steeger und die großen Shows mit Harald Juhnke und dem James Last Orchester. Wir bewunderten Oma für ihre Willensstärke und Ausdauer. Typisch Kriegsgeneration: sie hielt einfach alles aus. Bis ihr die Augen zu und die Stricknadeln aus der Hand fielen. Sie erwachte zur Nationalhymne um Mitternacht. Danach gab das Gerät nur noch Rauschen von sich, ein weiterer erfolgreicher Tag vor dem Fernseher war absolviert. Oma legte die Stricknadeln für den nächsten harten Fernsehtag griffbereit auf die Ablage unter dem Fernsehtisch, erhob sich mühsam aus dem Fernsehsessel und ging ins Bett. Am Morgen klagte sie regelmäßig, dass sie nicht schlafen gekonnt habe und schon um fünf Uhr wach gewesen sei. Da waren dann noch endlose sieben Stunden bis zum Mittagessen zu überbrücken und zwei weitere, bis sie ihren Posten vor der Glotze wieder besetzen konnte.

Als um 1980 herum alle Haushalte gesetzlich verpflichtet wurden, für störungsfreien Empfang aller Kanäle zu sorgen und mein Vater einen Fünfzehn-Meter-Masten auf dem Berg hinter dem Haus errichtete, erweiterte sich das Pflichtprogramm noch einmal gewaltig, doch Oma wuchs mit der Aufgabe über sich selbst hinaus.

Mutter achtete sehr darauf, dass wir die Regeln einhielten, weil sie wusste, welchen Ärger es der Familie bereiten würde, wenn wir bei den Behörden als Fernsehverweigerer gegolten hätten. Gerade mein Vater durfte sich als Beamter unter keinen Umständen gegen die Fernsehpflicht aussprechen, und wir Kinder wären von der Schule geflogen, wenn wir nicht die montäglichen Abfragen zum Inhalt des Programms der vergangenen Woche bestanden hätten.

Erst viele Jahre später wurde mir aber auch bewusst, dass meine Mutter eine Rebellin war, eine, die sich dem Druck der staatlichen Vorschriften nicht so einfach beugte. Sie war es, die jeden Abend bald nach den Nachrichten ausrief, dass sie diesen Schwachsinn nicht mehr ertragen können und sich in die Küche setzen würde, um ein Buch zu lesen. Heute bin ich stolz auf meine Mutter, damals allerdings schämte ich mich für sie, weil sie sich Didi Hallervorden, der Schwarzwaldklinik, der Lindenstraße, dem großen Preis und Wetten daß…? hartnäckig verweigerte. Was nur die Nachbarn über uns gedacht hätten, wenn es sich im Dorf herumgesprochen hätte, dass unsere Mutter nicht gern fernsah? Dass bei uns täglich das Gesetz gebrochen wurde, als lebten wir wie die Todfeinde im Ostblock, die das Fernsehen aus ideologischen Gründen ablehnten und erst gar keine Geräte produzierten? Nicht nur gesellschaftlich wären wir mit Sicherheit erledigt gewesen, auch die Justiz ging damals gegen Verweigerer mit voller Härte ins Gericht.

Doch dann, im Jahr 1998 bekamen wir den Brief von der Regierung, dass wir den Fernseher jetzt ausschalten durften, wann immer wir wollten. Die Fernsehpflicht war abgeschafft – wir waren frei! Noch heute erinnere ich mich an diesen Tag als einen der schönsten in meinem Leben. Ich glaube, ich habe meine Mutter nie glücklicher gesehen als damals, als wir alle zusammen das Fernsehgerät zur Schlucht am Ende des Tals schleppten und in die finstere Felsspalte hinabwarfen.

Zwei Wochen später erreichten die Bautrupps mit dem Glasfaserkabel das Dorf und ein Kommissar ging von Tür zu Tür, um jeder Familie unmissverständlich klar zu machen, wie lange wir alle täglich im Internet zu surfen hatten.

Fabian Lenthe: Ida

Ich habe nicht viel mit den Nachbarn zu tun. Man grüßt sich, hält sich die Tür auf, nimmt Pakete entgegen. Einigen, begegnet man ständig, anderen nie. „Hi, ich bin Ida!“, sagt sie. Ich bleibe stehen und drehe mich um. Der Sommer steht ihr. „Ich bin gerade eingezogen und wohne im Achten“. „Ich im Dritten.“, antworte ich. Sie lächelt.

Einige Tage später versuche ich etwas über die verschiedenen Ursachen meiner Symptome herauszufinden. Dazu zählt plötzlich einsetzende Todesangst, Übelkeit bis zum Erbrechen, Atemnot, Schwindel, Realitätsverlust, Herzrasen, Harndrang, Schweiß an Händen und Füßen und die absolute Gewissheit alleine zu sterben. Dann klingelt es an der Tür. Ich erkenne Idas Gesicht durch den Türspion. Ich bin nicht in der Verfassung für Gesellschaft. Die Strapazen vergangener Nächte haben mich ausgelaugt. Sie schellt ein zweites Mal. In der einen Hand entdecke ich eine Weinflasche, mit der anderen schreibt sie etwas mit einem Stift auf das Etikett. Sie stellt die Flasche auf die Fußmatte und geht.

„Von Ida“ steht darauf und dahinter ein Herz. Ich stelle die Flasche auf den Küchentisch und lege mich hin. Seit Wochen träume ich, vor irgendetwas zu flüchten. Ich weiß nicht, vor was, oder vor wem, aber etwas kommt bedrohlich näher, sobald ich langsamer werde. Zur Beruhigung schalte ich das Radio ein. Infokanal. Keine Musik. Die Stimmen der Moderatoren haben etwas Beruhigendes. Ich kann ihnen lauschen, ohne zuzuhören. Sobald es hell wird verschwindet die Angst. Menschen verlassen ihre Häuser, Hundegebell, klingelnde Telefone, Baustellen, zwitschernde Vögel. Dinge auf die ich mich verlassen kann.

Ida muss bemerkt haben, dass die Flasche nicht mehr da ist. Früher oder später wird das also der Einstieg unserer nächsten Unterhaltung. Später sind zwei Tage und vor dem Hauseingang. Mein Herz rast. Ich balle meine Hände in den Jackentaschen zu Fäusten, um den Druck in meiner Brust zu kompensieren. „Ich muss dringend zum Arzt!“, sage ich und bleibe dabei nicht stehen. Ich atme in kurzen Abständen durch den Mund. Mit der Hand streiche ich mir die Kehle hinab, als würde etwas in meinem Hals stecken. An der Ampel werde ich ersticken. Zwischen Arzt und Krankenhaus. Vor dem Kind, das mit seiner Mutter auf der anderen Straßenseite steht und darauf wartet, dass es grün wird. Ich gehe bei Rot. Quer über die Fahrbahn. Noch fünfzig Meter. Ich sage: „Keine Luft!“, deute auf meinen Hals, gebe ihr die Versicherungskarte. Ich bin in Sicherheit. Das Personal ist hervorragend ausgebildet. Alle wissen was zu tun ist. Das Gesicht der Ärztin ist das schönste, das ich kenne. Sie ist doppelt so alt wie ich. Sie trägt eine Brille, die an einem goldenen Kettchen um ihren Hals hängt. Ihre Haare sind kurz und grau. Ich vertraue ihr mein Leben an. Sie nimmt ein Holzstäbchen aus dem Glas, legt es mir auf die Zunge und leuchtet mit einer kleinen Taschenlampe in mich hinein. „Keine Schwellungen zu erkennen. Legen Sie sich hin“. Ich bin ihr so dankbar, dass ich weinen möchte. Ich entspanne mich. Der Druck in meiner Brust nimmt ab. Ich atme langsam und gleichmäßig. Sie reicht mir Traubenzucker. Kirsche, wie immer. Ich komme mir lächerlich vor.

Ich kann mir nicht auch noch über Ida Gedanken machen. Ich muss am Leben bleiben. Zum Aufstehen trinke ich Schlaf- und Nerventee. Zwei Tassen. Dann eine Tasse Salbeitee, mit der ich gurgle. Gegen die Schwellungen. Erstmal keinen Alkohol. Keine Zigaretten. Ich möchte mich wieder Gesund fühlen. Die Klingel habe ich abgestellt. Sobald es dunkel geworden ist, werde ich einkaufen gehen. Etwas Gutes, etwas für die Seele und dazu irgendwas im Fernsehen. Nicht denken. Ich setze mich mit Steak und Pommes vor den Fernseher. Ich fühle mich gut. Später nochmal Tee, nur um sicher zu gehen. Wenn es mir besser geht, werde ich mit der Flasche Wein bei Ida klingeln und mich entschuldigen. Ich werde ihr sagen, dass ich gerade viel Stress habe, Arbeit und so, und, dass die Ärztin etwas von Ruhe sagte. Sie wird mir glauben. Das tun sie alle.

Mit dem Stechen in den Fingerspitzen kann ich leben. Selbst das Ziehen in der Nierengegend bereitet mir keine Probleme. Der Kühlschrank ist voll. Ich habe vorgesorgt. Seit drei Tagen war ich nicht vor der Tür. Tagsüber öffne ich das Fenster über meinem Bett und lege mich so hin, dass ich nur den Himmel sehe. Ich stelle mir vor, was die anderen machen. Wie sie im Park um die Ecke um den großen Springbrunnen sitzen und Kinder sich darin gegenseitig mit Wasser bespritzen. Die Vögel fliegen über ihre Köpfe hinweg, oder lassen sich in den Bäumen nieder. Auf der Wiese liegen Menschen in kurzen Hosen und Bikinis. Fahrradfahrer schlängeln sich um Kinderwägen herum. Alle sind da draußen. Das ist gut so. Ich öffne das andere Fenster auf der gegenüberliegenden Seite und genieße den Wind. Gleich läuft eine Doku über Kaiserpinguine. Es geht mir ausgezeichnet. Es geht mir so gut, dass ich Angst vor morgen habe. Vor dem Aufwachen.  Alles wird anders sein. Normal würde reichen. Eine gute Mischung. Ausgewogen. Das Wort, das sie immer in der Kaffeewerbung verwenden. Du kannst bei einer guten Mischung nichts falsch machen. Ich trinke Tee. Unterbewusst bereite ich mich auf das Schlimmste vor.

Vor dem Haus blühen Magnolienbäume. Ihr Duft strömt durch das offene Fenster. Ich habe Ida eine Woche nicht gesehen. Ich habe niemanden eine Woche gesehen und ich bilde mir ein, als sei das von Bedeutung. Ida und ich haben kaum mehr als fünf Sätze miteinander gesprochen. Aber ich fühle mich gut. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt. Ich dusche, ziehe mich an, nehme die Weinflasche und gehe die fünf Stockwerke nach oben. Ihre Glocke klingt anders als meine. Kein mechanisches Summen. Eine einladende Abfolge harmonischer Klänge. Ich schelle nochmal, dann schreibe ich etwas auf das Etikett, dahinter ein Herzchen. Ich stelle die Flasche auf die Fußmatte und gehe.

Kaiserpinguine verteilen durch ständigen Positionswechsel ihre Körperwärme gleichmäßig in der Gruppe. Nur so sind sie in der Lage extreme Kälte zu überstehen. Nachts laufen die Wiederholungen von letzter Woche. Ich bin allein. Ich weiß was passiert. Ich konzentriere mich auf meine Atmung. Meine Augen werden schwer. Doch sobald ich einschlafe, schrecke ich auf. Vorzeichen einsetzender Panik. Ich werde wütend. Auf mich, auf die Angst, auf das Leben. Irgendwas ist komisch. Mein Herz schlägt nicht, wie es sollte. Das Stechen in den Fingerspitzen breitet sich in den Armen aus. Das Atmen wird schwerer. Ich darf die Kontrolle nicht verlieren. Es ist mitten in der Nacht. Das bedeutet Krankenhaus. Das bedeutet Notaufnahme und zwölfstündige Beobachtung und der ständige Alarm des Monitors, wenn der Sauerstoffgehalt des Blutes unter hundert fällt. Ich will Ruhe. Beruhige dich. Ich stehe auf und mache Tee, werfe den Kopf in den Nacken und wieder nach vorn. Schüttle die Arme aus. Es heißt die Angst frisst einen auf. Und genau das passiert. Wenn ich jetzt sterbe, finden sie mich bei der Vollstreckung der Räumungsklage. Auf dem Boden liegend. Befallen von Maden und anderem Getier. Die Wärme des Tees beruhigt. Ich schließe die Augen und denke an Ida. Sie lächelt und sitzt mir gegenüber. Wir trinken Wein. Ihre Lippen bewegen sich. Sie hinterlassen einen Abdruck am Rand des Glases.

Ich werde wach und öffne das Fenster. Ein paar Lichter gehen an. Vorhänge werden zur Seite geschoben, Jalousien geöffnet. Ich sehe nach unten. Idas Körper liegt auf dem Gehweg, als hätte ihn jemand wütend aus dem Fenster geworfen. Nach ein paar Minuten, Sirenen. Das Blaulicht ertränkt die Straße. Ich lasse das Fenster geöffnet und lege mich so hin, dass ich nur den Himmel sehen kann.

Fabian Lenthe: Marie

Auf dem Schoß des Mannes, der neben mir sitzt, liegt der nackte Schenkel einer jungen Frau. Der Rest ihres Beines verschwindet zwischen seinen. Mit dem anderen steht sie elegant und sicher. Ihre Absätze haben Bleistiftlänge. Ihr Haar glänzt. Sie lächelt, streicht ihm mit der Hand über den Rücken. Gleich wird es passieren. Sie wird ihm die Wünsche erfüllen, für die er bezahlt hat. Ein Geschäft, nichts weiter. Ich trinke mein Glas aus und sehe mich um. Für einen Moment erliege ich der Illusion, doch ich gehöre nicht hier her. Zuhause schließe ich die Augen. Ich stelle mir Körper vor, Beine, Brüste, Haare, die glänzen. Ich ejakuliere in ein Taschentuch und spüle es die Toilette hinunter.

Ich verschwende die Tage so leichtfertig, wie sie vergehen. Unter der Woche sitze ich im Büro. An den Wochenenden in einem kleinen Café. Wenn es regnet, bleibe ich zuhause. Ich denke noch immer an Marie. Vor allem, wenn ich in dem kleinen Café sitze. Ich bestelle Weißwein und rauche und denke an Marie. Das ist alles.

Als ich den Baumarkt betrete beginne ich zu schwitzen. In den Gängen stehen junge Menschen. Paarweise. Sie müssen sich für ein Tapetenmuster entscheiden, für eine Steh- oder Wandlampe, für klassisches Weiß, oder Farbe. Sie machen Pläne. Für die Zukunft. Sie wirken weder traurig, noch glücklich. Ihr Handeln scheint instinktiv. In ein paar Jahren werden sie sich trennen, oder die erste Rate an die Bank überweisen. Ich tausche all das gegen einen Eimer Wandfarbe und einen lauwarmen Hot-Dog. 

Ich fange von vorne an. Die Wände sind weißer denn je. Die Wohnung, leer. Ich habe mich von allem getrennt, was mir als unnötig erschien. Die Matratze liegt auf dem Boden. Davor ein Stuhl auf dem ein Fernseher steht. Daneben ein Frühstückstischtisch. Ein Teller, ein Glas. Kartons mit Büchern. Die Stimmen aus dem Fernseher hallen durch den Raum. Das Fenster ist geöffnet. Die Nacht, klar. Die Luft, kühl. 

Tom sagt wir treffen uns im Casino. Spielhölle. Der Boden ist dreckig. Zwischen den Rauchschwaden hindurch blitzt und blinkt es. Die Melodien der Spielautomaten ertönen aus allen Richtungen. Ich lasse einen Zwanziger in einen Becher voller Kleingeld wechseln, bestelle mir Bier und setze mich Abseits auf einen freien Stuhl. Ich gewinne, zwei- dreimal, dann habe ich alles verloren. Tom ist verschwunden, oder war nie hier. Das ist fast schon egal. Auf dem Weg nachhause besorge ich mir Bier an der Tankstelle. Marie will nicht dass ich trinke, aber Marie ist nicht hier. Dazu kaufe ich eines der schwitzenden Würstchen, die in einem Warmhaltebehälter neben der Kasse stehen. Sie sehen aus wie alte, nackte Menschen.

Während ich esse überlege ich mich umzubringen. Um zu sterben benötigt man nicht einmal einen guten Grund. Tatsächlich muss man nicht einmal einer tödlichen Krankheit erliegen, ermordet, oder bei einem Unfall ums Leben kommen. Es reicht vollkommen aus, betrunken Fast-Food zu essen.

Manchmal höre ich den Nachbarn zu. Sie sind jung und schön. Liebe. Vielleicht. Marie schlief auf meiner Brust ein. Ihr gefiel wie schnell mein Herz schlug, mir die Schwere ihres Kopfes, der Duft ihrer Haare. Exotische Früchte, oder die Insel, auf der wir vorhatten zu sterben. Das Weiß der Decke frisst mich auf. Es regnet. Ich bleibe zuhause. Höre zu.

Der Qualm der Zigarette steigt in langen, blauen, Fäden nach oben.  Auf dem Balkon war es immer zu windig. Auch bei offenem Fenster. Jetzt sind alle Fenster zu. Ich gehe barfuß auf dem Holzboden von Zimmer zu Zimmer. In jedem hört er sich anders an. Aber nicht mehr so, als würde man auf ihm tanzen. Als wäre er eine Bühne und es würden Pirouetten auf Spitzenschuhen gedreht. Ich habe keine Vorstellung verpasst.

Der Stuhl mir gegenüber ist leer. Ich bestelle Weißwein. Die Bedienung kennt mich. Sie fragt nicht mehr nach Marie. Marie wird hier nicht mehr sitzen. Einmal hatte sich ihr Kleid in einem der Rattanstühle verfangen. Ich wollte nicht, dass es kaputt geht. Heute Morgen sah es nach Regen aus, doch inzwischen ist keine Wolke mehr zu sehen. Das ist gut. Ich rauche. Ich trinke. Marie.

Margit Heumann: Mehr oder weniger zusammen

Unser blauer Planet ist ins Trudeln geraten und gondelt richtungslos durch das All wie ein besoffenes Segelschiff bei Windstärke 12. Eine Welle jagt die nächste noch höhere und droht die Erde in den Abgrund zu reißen. Die ganze Welt sitzt im selben Boot, das Gefahrenpotential steigt mit dem Wasser im lecken Schiff. Doch der Mensch wäre nicht Mensch, ergäbe er sich ideen- und kampflos. Schon greifen die ersten nach Eimern und beginnen zu schöpfen. Ob Eimer die Rettung sind, ist ungewiss, aber alles ist besser als mit Nichtstun mit hundertprozentiger Gewissheit  abzusaufen. Eine Welle der Solidarität erfasst die Menschheit, Allianzen werden geschmiedet, Pakte geschlossen und Teams gebildet, Alt und Jung, Groß und Klein, Reich und Arm helfen zusammen, mit Gefäßen aller Art, vom Kanister bis zum Fingerhut, schöpfen alle Mann/Frau, was das Zeug hält. 

Alle Mann/Frau? 

Nicht alle! 

Einige stehen mit verschränkten Armen da und tun nichts. Sie halten Schöpfen für überflüssig, das Wasser ist von allein hereingeschwappt, es wird auch von allein wieder abfließen. Sie weigern sich, einen Eimer auch nur in die Hand zu nehmen, damit ja kein Härchen ihrer gestylten Frisur gekrümmt wird oder einer der vom Naildesigner dekorierten Fingernägel abbricht. Dabei belächeln sie die schwer Schuftenden und bezeichnen sie als manipulierte Schafe, zum Tragen von Maulkörben verdammt und sogar zum Blöken zu dumm.

Solchen Verweigerern ist der Gemeinsinn (oder nenne es Mitverantwortung oder Nächstenliebe oder Solidarität) abhanden gekommen und ihr Mangel an Loyalität behindert und verschleppt den kollektiven Rettungserfolg – aber davon profitieren, das wollen sie schon, am liebsten erste Reihe fußfrei!

Da geht selbst den Tolerantesten, die da im Schweiße ihres Angesichtes schöpfen und schöpfen, das Messer in der Hosentasche auf und sie finden es nur recht und billig, wenn diese Verräter ein Formular unterschreiben müssen, dass sie im Falle von akuter Ertrinkungsgefahr freiwillig auf jede Art von Rettungsversuch verzichten. 

Lea Schlenker: Der Kaiman

 Der Kaiman

Ich habe die Nachricht aus der Zeitung erfahren. Sie hat es zwar nicht auf die Titelseite geschafft, allerdings war sie auch für Personen, die normalerweise bloß nach den Kreuzworträtseln Ausschau halten, kaum zu übersehen. Fett gedruckt und neben einem anschaulichen Bild aus der Mediendatenbank las ich folgende Schlagzeile:  Aargauer Polizei jagt in Hallwilersee Kaiman. 
Ich war gerade bei meinem morgendlichen Tee, einer entspannenden Mischung aus Alpenkräutern und frischer Kamille. Um diese Nachricht aufnehmen zu können, musste ich allerdings sicherheitshalber meine Tasse absetzen und einmal tief Luft holen. Ein Kaiman im Hallwilersee! Das war schon eine eher ungewöhnliche Nachricht. Ich wuchs nur wenige Dörfer weit entfernt von diesem See auf und während meiner gesamten Kindheit schwamm ich jeden Sommer in diesen Gewässern. Der Gedanke daran, gemeinsam mit einem kleinen Krokodil gebadet zu haben, wäre sicherlich für die meisten Menschen eher erschreckend. Allerdings war dieses Thema für mich aber noch auf eine ganz andere, auf eine persönliche Art und Weise ungewöhnlich.  
Mir ist nämlich vor ungefähr zwei Tagen aufgefallen, dass mein eigener Kaiman spurlos verschwunden ist. Zuerst dachte ich, er hätte lediglich frische Luft schnappen wollen, weil ihm vielleicht die Decke auf den Kopf gefallen ist. Als dann aber Stunde um Stunde verstrich und von ihm nicht die geringste Spur zu sehen war, wurde ich misstrauisch. Etwas war passiert. Ich wusste zwar nicht genau, wie er hätte verschwinden können – habe ich ihm doch nie das Türe öffnen beibringen können. Auch von den Fenstern hielt er sich in der Regel eher fern. Die Nachricht aus der Zeitung ließ bei mir aber wenig Zweifel aufkommen – das wird wohl oder übel mein Haustier in diesem See sein. Die Situation war nun leider etwas ungünstig, da der Besitz dieses Kaimans in einer rechtlichen Grauzone lag. Mir gefällt der Ausdruck illegaler Handel nicht besonders, aber es war mir leider nicht möglich, das Tier auf rechtmäßige Art in meinen Besitz zu bringen. Ich habe viele Freunde verschiedenster Art. Manchen bin ich bis heute noch ein oder zwei Gefallen schuldig.  
Aber darum ging es nicht. Mein Haustier war verschwunden, und ich wollte es wiederhaben. Nachdem ich alle möglichen Optionen abgewogen hatte, rief ich meinen Bruder Lukas an. Er war Journalist bei einer 
renommierten Wirtschaftszeitung, hatte also mit dieser Lokalsensation kaum was am Hut. Ich fragte ihn, ob er am Nachmittag Lust hätte, mit mir an den See zu fahren. Mit dem miefigen Brummen in den Hörer hatte ich in etwa gerechnet. Er mochte die Sonne nicht, auch das Baden lag ihm fern. Seine Definition von einem Traumurlaub bestand darin, jedes Jahr an denselben Ort in dasselbe Haus zu fahren, jenes dann nur zum Lebensmittel einkaufen zu verlassen und dann den ganzen Tag fernzusehen. Wenn es dazu noch zwei Wochen lang regnete, umso besser. Heute war ich aber dummerweise auf ihn angewiesen. Ich hatte kein Auto, konnte selber nicht fahren und für den alle zwei Stunden fahrenden, nicht-klimatisierten Bus fehlten mir die Nerven.
Und tatsächlich konnte ich ihn dazu überreden, mit mir an den See zu fahren. Wieso auch nicht? Die Hitze machte ihm mehr zu schaffen als jedem anderen, den ich kenne. Vermutlich sah er ein, dass ein Sprung ins kalte Nass die einzige Möglichkeit war, sich abzukühlen. 
Wir fuhren also kurz nach drei Uhr nachmittags los. Schon bald erreichten wir den Parkplatz vor dem Strandbad. Die anderen Autos glitzerten in der Sonne wie feurige Metallsärge. Hoffentlich hat auch niemand seinen Hund auf dem Rücksitz vergessen. Manchmal liest man im Sommer auch etwas von Kleinkindern, die in der Hitze auf dem Rücksitz explodieren. Nachdem wir den vermutlich letzten Parkplatz gefunden haben, stiegen wir aus und marschierten Richtung Parkuhr. Ich sah ein junges Mädchen, deren Erdbeereis so schnell südlich tropfte wie die Gletscher im 21. Jahrhundert. Zurück blieb bloß eine zuckergetränkte Waffel. Ich sah Lukas an. Er hatte noch nichts gesagt, seitdem wir losgefahren sind. Er verzog bloß hin und wieder das Gesicht, vielleicht weil er seine Sonnenbrille zuhause vergessen hatte. Er warf Münzen in die Parkuhr und wischte sich dazwischen immer wieder den Schweiß von der Stirn. Ich lächelte ihn an, er kniff aber bloß die Augen zusammen und machte eine Handbewegung Richtung Strandbad. Wir trotteten träge in das Freibad, beim Eintritt wollte man noch einmal je fünf Franken von uns haben. Die Frau an der Kasse sah müde und abgekämpft aus. Ich war ehrlich gesagt froh, wenn kein aufmerksames Personal herumschwirrte, während ich nach meinem Liebling sah. Wobei ich zugeben musste, dass ich mich noch nicht auf einen definitiven Plan festgelegt hatte. Wenn ich ihn sehen und nur kurz fünf Minuten mit ihm allein sein konnte, könnte ich ihn vielleicht dazu überreden, nachhause zu kommen. Wobei ich mir ehrlich gesagt keinen Reim darauf machen konnte, wieso er überhaupt verschwunden ist. Ich dachte, wir hätten es gut miteinander. Wie dem auch sei, Lukas sollte nichts davon erfahren. Der Kaiman mochte es ohnehin nicht so gern, wenn ich in Begleitung kam. Ich habe bisher nur meiner Mutter von ihm erzählt, und sie toleriert die ganze Sache mehr oder weniger, weil ich ihr versprochen habe, dass sie ihn ab und zu mal ausleihen darf, um die Tauben auf ihrem Balkon zu jagen. Aber begeistert war sie nicht, das wusste ich genau.
Wir suchten uns ein halbschattiges Plätzchen irgendwo hinter den Bäumen aus. Lukas legte sich auf das ausgebreitete Badetuch und schloss die Augen. Ich griff in die Tasche, fischte nach der Sonnencreme und verteilte einen Klecks nach dem anderen auf meiner Haut. Danach machte ich das gleiche bei ihm, wobei er weder zustimmte noch protestierte. So langsam wurde ich ziemlich ungeduldig. Hinter dem Vorwand, eine Abkühlung nehmen zu wollen, spazierte ich von den Sonnenanbeterinnen weg ins Ungewisse.  
Ich lief vom Strandbad fort, dem Wasser und dem Ufer entlang. Vermutlich versteckte er sich im Schilf, damit ihn niemand finden konnte.
Ich hörte Vögel kreischen und Kinder laut schreien. Ab und zu rief ich leise nach ihm, und wartete dann wieder. Ich setzte mich auf einen Steg und hoffte, die Sonne würde erst mal nicht so schnell wieder untergehen. Mir war klar, dass ich ihn nicht mehr finden würde, wenn es erst einmal dunkel war. Daher ließ ich den See keine einzige Sekunde lang aus den Augen. Weder Hunger noch Durst noch Langeweile überkam mich. Alles, was ich tat, war der Sonne beim Wandern zusehen und dabei nach dem Kaiman Ausschau zu halten. Grillen zirpten, Vögel zwitscherten, und was Tiere in der Sommerzeit noch sonst so alles an Geräuschen zu bieten hatten. Noch mehr Kinderschreie, ich versank in Gedanken zum Thema Verhütungsmittel. Bis mein Kaiman dann tatsächlich aus dem Wasser auftauchte. Er schwamm auf mich zu und hielt am Seeufer an. 
Kaimi, wieso bist du abgehauen?  wollte ich von ihm wissen.
Das war eine unglaubliche Sache, meinte er verwirrt, du wirst mir diese Geschichte niemals glauben. 
In einer ruhigen, mütterlichen Stimme hielt ich ihn dazu an, mir doch zu erzählen, was genau passiert war. 
Du hast die Tür nicht abgeschlossen, und als deine Mutter geklingelt hat und niemand geöffnet hat, ist sie schnurstracks rein und zu mir ins Bad. Sie bat mich, mit zu ihr zu kommen, da die Tauben auf ihrem Balkon außer Kontrolle waren und der Plastikrabe, den sie aufgestellt hatte, um die Tauben zu verscheuchen, bloß weitere Raben angelockt hatte, die nun bei ihr lebten und ihre Walnüsse stahlen. Ich dachte, ich will nicht unfreundlich erscheinen, und begleitete sie daher zu ihr nach Hause. Allerdings hat sie nicht übertrieben – so viele Tauben wie auf ihrem Balkon habe ich noch nie in meinem Leben gesehen. Ich konnte nicht einmal erkennen, was noch Balkon war und wo die Tauben anfingen. Dementsprechend war ich völlig machtlos. Als ich die Tauben anschrie, sie sollen verschwinden, lachten sie bloß und schissen mir auf den Kopf. Nun war ich auch noch blind, und das einzige, das ich noch mitbekam, war, wie sie mich mit ihren Dinosaurierfüssen packten und über Himmel und Lüfte hinwegtrugen, bis ich mich endlich losreißen konnte und hier im See landete. Allerdings kenne ich den Heimweg nicht mehr. Als ich ein paar Angler fragen wollte, machten die bloß Fotos und rannten weg. Aber es macht nichts, denn es gefällt mir hier. Das Wasser ist tief und die Enten schmecken hervorragend.
Ich versuchte ihm zu erklären, dass ich ihm helfen wolle, ihn wieder bei mir in der Badewanne platzieren wollte, aber er tauchte bereits wieder runter und verschwand in der Tiefe.  Bevor ich etwas unternehmen konnte, tauchte aber schon wieder Lukas hinter mir auf. Sein Gesicht war rot und verschwitzt. Er trug sein graues T-Shirt und hatte orange klebrige Flecken auf der Brust. Dem Anschein nach wollte er wieder nachhause, ganz im Gegensatz zu meinem Krokodil.
Ich hob bloß meine Schultern, ohne etwas zu sagen. Wenn er sich normalerweise dazu entschieden hat zu gehen, dann nutzte es in der Regel nichts, mit ihm zu diskutieren. Ich stand auf und zog das Kleid über, das er für mich mitgenommen hat. Es war das Kleid, das ich schon lange entsorgen wollte, es war puderrosa und ich sah wie ein Schwein aus darin. Wenn mich mein Kaiman noch sehen könnte, würde er vermutlich denken, ich wäre sein Abendessen und mich fressen.  
 
Einige Tage später lief ich an einer Zoohandlung vorbei. Im Schaufenster stand, man solle sich ein Reptil zutun, das seien Freunde für die Ewigkeit. Darunter ein Foto einer Eidechse, die im Wasser plantschte. Ich war erstaunt über dieses Zusammenspiel von Zufällen und betrat das Geschäft. Hinten im Laden, hinter dem Tresen, konnte ich einen gelangweilt wirkenden Verkäufer erspähen. Vor ihm hinter der Vitrine tummelten sich Eidechsen, Schildkröten, Bartagame und Geckos. Ich marschierte auf ihn zu und erklärte ihm meinen Wunsch. Er kratzte sich am Kopf, sagte ein paar Mal verstehe und griff dann nach einem Katalog. Er zeigte auf ein Bild. Ein so genannter Dornschwanzagame war zu sehen, der allerdings nicht einmal einen Meter groß werden würde. Ich schüttelte den Kopf. Der Haustierfachmann blätterte etwas im Buch und zeigte dann auf ein anderes Tier. Ich seufzte und runzelte die Stirn. 
„Tut mir leid, das ist leider das Einzige, das wir in diese Richtung haben. Wenn Sie möchten, kann ich noch meinen Kollegen rufen, der kennt sich besser aus mit der Haltung von größeren Reptilien.“  
„Ist schon in Ordnung. Trotzdem danke.“  
Die Bartagame hinter der Vitrine starrten mich mit ihren ausdruckslosen Knopfaugen an. Ich fragte mich, ob sie wohl auch lieber ein kleines Krokodil wären. Oder zumindest frei. 
 

Margit Heumann: Freiheit im Wandel

Es war einmal ein kleines Mädchen, das lernte die Freiheit beim Zuhören kennen. Oma, erzähl mir eine Geschichte, und schon durfte es sich in Fantasiewelten tummeln. 

Es war einmal ein Schulkind, das holte sich die Freiheit aus Büchern. Mit einem Buch vor Augen entfernte es sich aus der engen Umgebung, weg von den Hausaufgaben, vom lästigen kleinen Bruder, von der fordernden Mutter, von allen Pflichten. 

Es war einmal ein Mädchen, das wollte nicht immer nur anziehen, was die Mutter nähte, was die anderen trugen. Schließlich hatte der Papa Erbarmen: sie bekam eine Hose, dunkelblau, dreiviertellang, mit roten Kordeln an den geschlitzten Aufschlägen. Diese Hose machte sie zum ersten hosentragenden Mädchen im Dorf – der Inbegriff der Freiheit. 

Es war ein mal ein Teenager, die sah ihre Freiheit darin mit Worten zu provozieren. Sie war gegen alles: Gegen frühe Schlafenszeiten, gegen regelmäßiges Essen, gegen die spießige Wohnungseinrichtung, gegen die Verwandtschaft, gegen die Erwartungen der Mutter, gegen die Ansichten des Vaters, gegen den sonntäglichen Kirchgang. Taten beschränkten sich auf die Mitgliedschaft in einem Europaclub und immer noch auf Hosen zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit. 

Es war einmal eine Berufsanfängerin, für die es Freiheit bedeutete, die sichere Arbeitsstelle im Nachbardorf aufzugeben, den Freund zu verlassen und für ein Jahr nach England zu gehen. Der Preis war verdrängtes Heimweh, aber jeder Tag hatte sich gelohnt.

Es war einmal eine Zwanzigjährige, die nahm sich die Freiheit zweierlei Leben zu führen. Es gab das streng geregelte Tagleben im Büro von acht bis 17 Uhr, das ihr Wohnung, Auto und Plattenspieler finanzierte. Es gab das Nachtleben mit Studenten, Künstlern und Dichtern, die nach der Arbeit bei ihr aufschlugen zu gemeinsamem Kochen, Trinken, Rauchen und Diskutieren, was ihr chronischen Schlafmangel brachte.

Es war einmal eine Fünfundzwanzigjährige, der waren zweierlei Leben nicht genug. Sie verfolgte einen neuen Freiheitstraum und heuerte zwei Monaten beim Zirkus an  – und machte die Erfahrung eines anstrengenden und extrem reglementierten Alltags.

Es war einmal eine Familie, die hatten ihre Wunschtochter und wollte noch ein Kind. Um gleichzeitig einem Kind zu helfen, entschied sie sich für eine Adoption, ohne Not und freiwillig. So ganz nebenbei war die Mutter dadurch auch von der Mühsal einer zweiten Schwangerschaft befreit. 

Es war einmal eine selbständige Kleinunternehmerin, die entschloss sich nach dreißig Jahren das Landleben aufzugeben und das Kontrastprogramm Großstadt zu wählen. Dieser Schritt gab ihr die Freiheit einer bisher unterdrückten Leidenschaft zu frönen. 

Es war einmal eine Frau, die hatte wechselvolle Jahre hinter sich und wenn sie einmal gestorben ist, hat sie ihr ganzes Leben immer neue Freiheiten gesucht und gefunden. 

Andreas Lugauer: Stüssy

In meiner Jugend wollte ich Teil der Skatekultur sein. Skateboard fahren konnte ich nicht. Riefe Eric »Do a Kickflip!« Koston mir zu: »Do an Ollie!«, ich könnte heute noch nur verschämt weglachen. Aber Stunt Skates, auch genannt Aggressive Skates, also solche zum Grinden, hatte ich und ›stand‹ in der Alte-Leute-Dorfsiedlung auf von Vater zusammengedengelten Rails und Curbs auch den einen oder anderen Trick. Die etwa drei Jahre, die ich das machte, gingen gänzlich ohne Verletzung rum, obwohl ich die Skates derart läppisch locker schnürte, dass es »schnürte« heißen müsste und ich ohne Senkelöffnen raus- und reinsteigen konnte; weil ich wollte mich so gut es ging reinlegen können aufm Rail.

Im Straubinger Skateshop »77 Sunset Strip«, genannt Seventyseven, bewunderte ich in den Auslagen all die coolen Skateboard- und Klamottenmarken. Carhartt und Vans und Adio und wie sie nicht alle hießen. Und Stüssy.

Jetzt, 20 Jahre später, schauen Freundin und ich gerade Season 3 der Serie Fargo, worin einige wichtige Figuren den Nachnamen Stussy tragen. Ausgesprochen: [stassi]. Und es dämmert mir: Lag ich all die Jahre falsch mit der zumindest mental so getätigten Skateboardmarken-Aussprache [stüssi]? Ja. Indes die englische Wikipedia und das restliche Internet entgegen der Fargo-Aussprache sagen, es werde [stuːsi], also in etwa STOO-see ausgesprochen. Jedenfalls nicht [stüssi].

Mit 11, 12, 13, 14 Jahren aber wusste ich noch nicht um die im Englischen phonetisch bedeutungslosen Röck Döts wie in Motörhead, Mötley Crüe oder Queensrÿche. Und sagte eben, wie alle Normalen: [moutörhäd], [mötlai crü] und Queensrÿche kannte ich noch gar nicht. Woher auch.

»Die Bravo gabs bei uns am Dorf nicht«, antwortete der stellv. bayerische Ministerpräsident und ebenfalls in Niederbayern aufgewachsene Hubert Aiwanger kürzlich dem stalinistisch-genozidalen Sozenbengel Kevin Kühnert auf Twitter. »Wir waren sozusagen bewahrt von all dem, was Sie in Ihrer Jugend in Berlin aushalten mussten.« Woraufhin Kühnert, der ein bewunderns- wie beneidenswertes Twittergame fährt, das bekannte Söderfoto vorm FJS-Jugendzimmerposter postete mit dem Kommentar: »Bitter! Sie hatten also nie einen Bravo-Starschnitt an der Wand… « Was den gesunden Volkskörper Aiwanger veranlasste zur Antwort: »Nein. Keine beklebten oder beschmierten Wände. Geweißelt.« Weil’s beim Hubert schon innen im Kinderzimmer aussehen und zugehen musste wie später im repressiv durchkonformierten Dorferscheinungsbild.

(Offenlegung: Die Bravo gab’s bei »uns« »am Dorf« schon, und zwar beim Loibl-Bäcker an der Hauptstraße sehrschräg gegenüber der Pfarrkirche, aber da standen solche interessant-aufklärerischen Dinge halt auch nicht drin.)

Janina Dotzauer: Freiheit.

Früher oder später im Verlauf unseres Lebens streben wir alle nach Freiheit.
Rauschendes Meer und eine Prise Salz auf der Zunge. Die Wellen brechen sich im Sand.
Ich lausche den Möwen im Wind und spüre die Sonne auf meiner Haut.
Entsteht Freiheit nicht zuerst im Herzen? Frage ich mich.
Ich gucke in die Weite des Meeres.
Was sich wohl hinter dem Horizont verbirgt?

Meine Gedanken kreisen und das Gefühl der Leichtigkeit verfliegt. Ich höre das Kreischen der untergehenden Menschen im Meer. Ich komme mir seltsam vor. Weiß, privilegiert und ohne größere Sorgen. Ich kann einfach hier sein. Ich kann doch einfach frei sein.
Dann höre ich mein Schreien von damals, als ich ihn verlor. Ein so sanfter Gesichtsausdruck von ihm bildet sich in meinem inneren Auge vor mir ab. Er wirkt erlöst und so als ob er bereits an einem anderen Ort ist. Ich erinnere mich an den Augenblick, bevor sie ihn mitnahmen. Eine unendliche Sekunde breitet sich in mir aus. Bis jetzt habe ich nicht Tschüss gesagt. Wir werden uns niemals wieder sehen und doch vergeht kein Moment ohne an ihn zu denken. Während ich die Wellen des Meeres so beobachte und meine Gedanken kreisen, erinnere ich mich an die Steine, die er immer ins Wasser geworfen hat.

Die Steine, die du ins Meer wirfst, kannst du meistens nicht wieder finden, aber du kannst dich sehr wohl an sie erinnern. Die sinkenden Steine verwandeln sich in leuchtende Diamanten, wenn sie untergehen und in der Tiefe des Meeres verschwinden. Vielleicht verknüpfst du die hüpfenden Steine im Meer mit einem Gefühl der Freiheit. Du lässt sie los und findest sie nie wieder.
Bevor das so ist, siehst du ihnen für einen kurzen Moment zu, wie sie über die
Wasseroberfläche springen, um anschließend zu verwinden. Ähnlich wie ein Hase im Feld, der um sein Leben rennt, weil der Bauer übers Feld mäht.

Ist der Moment die Freiheit?

Das Leben ist so heimtückisch. Manchmal fühlt es sich einfach so leicht an, um dir in einem anderen Moment dein Herz zu zertrümmern.

Das Meer, die wilde Natur, das einfach Machen, das Sein.
Früher hat sich das immer angefühlt wie unendliche Freiheit.
Aber sind wir nicht alle Fische in einem unendlichen großen Meer? Es gab für mich diese Momente der Freiheit. Doch jetzt frage ich mich, können wir Menschen überhaupt frei sein?

Wenn wir das Wasser verlassen, dann trocknen wir aus und überleben doch nicht.
Mit jeder weiteren Sekunde, die ich lebe, bin ich mir nicht mehr sicher, ob wir wirklich frei sind. Niemals bin ich nämlich frei von meinen Gedanken.

Es gibt zum Beispiel die körperlichen Grenzen. Auch wenn wir so tun, als ob wir unsterblich sind. Wir ignorieren den Tod, schmieren uns die Anti Aging Creme ins Gesicht und arbeiten bis wir umfallen. Ich komme zu dem Entschluss, dass der Mensch im 21. Jahrhundert alles andere als frei ist. Er leugnet den Tod und vergisst so oft zu Leben.
Unsere Freiheit endet, spätestens wenn wir mit dem echten, manchmal eiskalten und
dennoch schönen Leben konfrontiert werden und keine Antworten mehr haben. Wir stehen da. Verlassen von der eigenen Vernunft. Verlassen von dem eigenen Verstand. Verlassen vom Glauben. Verlassen von all den guten Geistern. Verlassen von der Fantasie, die uns doch sonst so oft von der Realität befreit hat.

Jeder Atemzug fühlt sich an wie der Knast, den man sich selbst baut und aus dem man dann wieder ausbrechen will.
Ich komme zu dem Entschluss, dass ich glaube, dass die Freiheit nur im Befreien liegt.

Freiheit ist ein Gefühl.
Freiheit ist ein Gefühl deines Herzens. Wenn dein Herz beschädigt ist, kannst du nicht frei sein. Egal wie sehr du dich bemühst. Deswegen ist es auch egal, wieviel du verdienst oder was du leistest, wenn dein Herz kaputt ist, wirst du niemals die Freiheit fühlen können.

Ich denke, wenn du frei sein willst, musst du als erstes dein Herz befreien.

Das Herz befreit sich immer nur für den Moment von deinen Gedanken, sodass du
letztendlich nur im Hier und Jetzt frei sein kannst. In der Zukunft wirst du nicht freier sein, wenn du nicht jetzt freier bist.

Also bin ich jetzt in diesem Moment frei und erinnere mich zurück an den eisgekühlten Schluck Cola in einer Florenzer Kaffeebar und dem glückseligen Gefühl, welches währenddessen durch mein Innerstes zog. Ich fühle die Freiheit dieses vergangenen Moments und lasse mich von dieser Energie beflügeln im Hier und Jetzt. Die Freiheit des Moments transformiert in mein Jetzt.

Genauso wie mein eigenes Bewusstsein das Gefühl von Freiheit abspeichern kann und in das Jetzt übertragen kann.
Genauso kann mein eigenes Bewusstsein der Käfig meiner Gedanken sein, aus dem ich mich befreien muss.

Ich will mich befreien, hier und jetzt in diesem Moment, will ich frei sein von den dunklen Gedanken, die mir in den Kopf steigen, während ich die Wellen des Meeres beobachte.
Ich will mich befreien, um meiner Fantasie den freien Lauf zu lassen.
Und so verwandeln sich die am Ufer überschlagenden Wellen zu einem Rhythmus des Lebens.
Alles kommt und geht in einem mehr oder weniger gleichen Rhythmus.
Mal sind die Wellen höher und manchmal sind sie niedriger. Alles geschieht unabhängig von meinen Gedanken.
Und so gehört für mich zum Leben auch der Tod. Sich von dieser Angst zu befreien, bedeutet für einen Moment, unendliche Freiheit zu erfahren, bevor man wieder vor der nächsten Herausforderung steht.

Ich kann also frei sein für einen kurzen Moment. Die andere Zeit verbringe ich damit, mich zu befreien. Von der Last, der Schuld, dem Schicksal, dem Zufall.
Am Ende des Tages stelle ich mir jedoch immer noch die Frage, ob ich wirklich frei sein kann.

Ich bewundere das spielende Kleinkind neben mir, welches bereits seit einiger Zeit ganz vertieft eine Sandburg baut.
Ist es nicht eine der größten ungelösten Fragen der Menschheit, ob der Mensch wirklich frei sein kann?
Bis zum Schluss wird die sich immer wandelnde Gesellschaft damit beschäftigt sein, sich von den Stigmatas der Menschen, den verkorksten Gedanken und den großen Ungerechtigkeiten befreien zu wollen.
Bis zum Schluss werden wir immer wieder an unserer Freiheit scheitern, bis sie uns
weggenommen wird, um dann wieder für sie zu kämpfen.
Nichts ist selbstverständlich um uns herum, auch nicht unsere Demokratie, für die einst viele Menschen ihr Leben lassen mussten, um endlich Freiheit zu erlangen.

Matt S. Bakausky: Freiheit ohne Waschmaschine

Freiheit bedeutet für mich eine Waschmaschine, um die eigene Wäsche zu waschen. Kennst du die Bilder von den glücklichen Menschen in Indien, die ihre Wäsche im Fluss waschen? Nein, ich habe keine Waschmaschine also verbringe ich viel Zeit im Waschsalon. Aber ich drücke mich davor, da es viel Zeit kostet. Viel zu viel Zeit, aber ist eigentlich meist ziemlich entspannt im Salon.

Betrete ihn durch eine Klapptüre und spiele eine Runde Poker mit dem ein oder anderen Ass im Ärmel. Bis ich auffliege und es draußen zum Duell kommt. Dann muss ich für meine Freiheit kämpfen, aber ich bin ein guter Schütze. Und meistens rennt der Gegner weg, wenn ich ihm zack den Hut weggeschossen habe. Den Leben ist den meisten doch wichtiger als die Poker-Ehre.

Im Poker bin ich mittelmäßig und das reicht für einen mittleren Platz in der Highscore beim Briefpoker online. Früher war das Internet Freiheit für mich, mit Menschen kommunizieren, die viel Interessanter waren, als die Kinder in der Schule. Mit denen kam ich nur durch Saufen in Kontakt. Besoffen fühlte ich mich frei. Mit einer Kippe im Mund, wie ein Cowboy aus der Werbung.

Irgendwann habe ich dann erfahren, dass Freiheit gar nichts mit Zigaretten zu tun hat. Schuld war die Lektüre von obskurer Literatur. Erfuhr, dass die meisten Menschen wie Roboter ihrer Konditionierung hinterherlaufen. Da begann ich mich zu dekonditionieren, das lief immer eine Weile gut, nur kamen da Persönlichkeitsanteile zum Vorschein, die irgendwie im Konflikt mit der konformen Mehrheit standen und mir wurde die Freiheit entzogen.

Die Polizei fand mich merkwürdig und steckte mich erst mal auf Freiheitsentzug in die Klapse. Dort war ich dann wirklich frei, denn Verrückte können tun und lassen, was sie wollen. Na ja, so weit wie es die aktuelle Konditionierung zulässt. Also nur ein wenig mehr als die Normalen. Fliehen aus der Klinik war ganz ok, wurde dann irgendwie langweilig, als mir das Geld ausging.

Freiheit hat auch mit Geld zu tun. Nicht umsonst sagte mir ein Guru: Schau, dass du dich bildest und den Menschen nützlich machst, um Geld zu verdienen und mehr Freiheit zu erlangen.

Ein paar Jahre später merkte ich, dass ich es nicht schaffe, meine Konditionierung komplett abzulegen und das die eigentlich ganz ok ist. Der Drang nach Freiheit brachte mich auf die Idee, dass Gedanken mich einschränken.

Also lebte ich eine Zeit ohne Gedanken. Ließ das Leben Leben sein, ohne es zu bewerten.  Aber das war etwas problematisch, als die Emotionen mich wieder ins Denken drangen. Erwachen schön  und gut, aber die Emotionen der unteren Chakras sind trotzdem nicht weg, nur weil das Kronen-Chakra sich öffnet. Habe ich dich an dieser Stelle verloren?

Ich sitze immer noch in meiner Wohnung, die Wäsche stapelt sich. Der Waschsalon wartet, hat jedoch jeden Tag offen. Ich bin happy, aber das geht auch vorbei. Und Freiheit? Freiheit ist ein Wort. Die Bedeutung dahinter ist, was ich suche.

Julian Knoth: Die Stunde Fahrt

Die A9 kurz hinter der Brücke der Deutschen Einheit. Wir lassen die Raststätte Frankenwald hinter uns liegen. Fahren noch ein Stück weiter. Hier irgendwo muss sie sein – die Freiheit. Shell Autohof in Triptis. Eigentlich egal wo. Such Dir irgendeinen Ort aus. Irgendeinen der Kategorie „noch-nie-gehört“. Ich steige aus dem Van. Mir ist kalt. Nehme doch noch schnell die Jacke mit. Ich muss auf’s Klo und bin unterzuckert. Shell Autohof in Triptis und nicht Frankenwald. Denn Sanifair und Serways sind der Feind. Ich würde ja gerne, aber ich kann es nicht.  Ich meine, mich unter der Sanifair-Schranke durch zu drücken. Deswegen Autohof. Am liebsten für Trucker ausgelegt und mit Souvenirs. Das einzige Souvenir, das ich mir je gekauft habe war ein „Verbot der Einfahrt“- Verkehrszeichen als Sticker. Klebt auf meinem Laptop. Kann ich euch mal einen mitbringen, wenn ich mal wieder unterwegs bin. 

Zurück zum Text. 

Wir befinden uns schließlich immer noch im Shell Autohof in Triptis.  Auf der Toilette war ich mittlerweile und überlege nun, ob sich lohnt noch etwas gegen den Hunger zu unternehmen, oder ob ich doch lieber abwarten sollte. Ich verachte mich dafür, dass sagen zu müssen, aber ich muss leider beichten, dass eine Bockwurst mit Senf und Brötchen schon öfter die Rettung in höchster Not war. Heute nicht. 

Die Stunde Fahrt halte ich noch durch. 

Wisst ihr noch wie das riecht? So ein Club? Für mich immer im Moment des Ankommens nach Putzmittel und Bier und später dann nach Schweiss und Bier. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal vermisse. 

Die Stunde Fahrt halte ich noch durch.

Ich habe aufgehört den alten Zeiten hinterher zu trauern. So alt bin ich dann auch wieder nicht. Der Blick geht nach vorne. Nur unlängst, als ich mal wieder auf der Autobahn war und mir eine Bockwurst mit Senf und Brötchen gekauft habe, wurde ich kurz nostalgisch. Ja, ich schäme mich dafür. Für die Bockwurst und die Nostalgie und für mein Verlangen, mir noch einen verbrannten, scheußlichen Kaffee hinterher zu kaufen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal vermisse. 

Die Stunde Fahrt halte ich noch durch. 

Freiheit ist zu merken, was man wirklich vermisst. 

Das Gefühl der Freiheit kann man nicht in Worte fassen.

Morgens im Hotel. Viel zu viel mittelmäßiger Kaffee. Orangensaft in diesen kleinen Gläsern. Ein Brötchen bekomme ich irgendwie runter. 

Scheiße bin ich privilegiert.