Miriam Gil: Im Nebel (I)

Einst schrieb er mir, er würde im Nebel tappen.
Um 23:00.
Ich hatte mir keine Sorgen um ihn gemacht.
Ich war mir sicher, er sorgte schon irgendwie für sich und würde bereits „studieren“.
Klar, kam mir früh vor aber ich glaubte ihm.

So wie er auftauchte verschwand er wieder.
Und ich fand mich nun im Nebel.
In einem diesigen Gemisch, in dem ich meine Hand nicht vor Augen sehen konnte.

Einst schrieb er mir, er sei „blind“.

Ich aber hatte seinen Blick stets als ruhig und geordnet empfunden.

Ich habe die Sache gedreht, gewendet, gedanklich in jede mir auch nur erdenkbar Mögliche Richtung durchgedacht.
Einmal, da gab ich das Zeugnis seines jugendlichen Willens aus der Hand.

Und daraufhin wurde es ganz, ganz schwarz um mich herum.
Und ich fand mich nun ohne Augenlicht.

Das (klare und deutliche) Sehen ist heutzutage mein schwächster Sinn.

Sammeln wir also Synonyme für eine Richtung, einen Weg, Ausweg oder auch lediglich eine Orientierung.

Es ist das „sich anlehnen [an]“
Und das macht man Nebeneinander.
Nicht Über – oder Untereinander.

Miriam Gil: Im Irrgarten

Im Irrgarten weiß man nicht mehr wo man hinlaufen soll.
So stellt man sich das doch klassisch vor, oder?

Zwischen den Zeilen, da steht nichts.
So stellt man sich das doch klassisch vor, oder?

Ein lediglich „gut gemeintes Angebot“ kann man schlicht dankend ablehnen.
Oder eben annehmen.
So stellt man sich das doch klassisch vor, oder?

„Man muss schon wissen, was man will!“
So stellt man sich das doch klassisch vor, oder?

„Gut gemeint“ jedoch kann auch zu einem Irrgarten werden.

Adverbiale Bestimmung der Art und Weise.

„Gut“ aber bist wenn dann Du selbst ganz allein für Dich.

Carsten Stephan: Mit Gryphius im Irrgarten

Wir sindt mitt Freud vnd lust / in disen garten treten /
   Doch finden nicht mehr auß; / die Wonn weicht grimmer Pein /
   Der leichte Fuß wirdt lam / die rote Wang wie Stein /
Der magen gnurrt vnd kracht gleich rasenden Trompeten.
Deß mundes lachen fleucht / baldt jammerlich Gebeten /
   Der Augen Funck verlöscht / der Thränen Fluth bricht eyn. /
   Wirdt nu der Freyheit spiell / eyn Lauff im kärcker seyn?
O hilff uns / großer Gott / laß Sathans Vnkraut jäten!
   Das haar steht himmelan / der Leib schwärt ohne Brodt /
   Die Zung wirdt schwartz vom brandt / die Gäng sind stanck vnd Koth /
Der Kopf ist Ach vnd Weh / plitz / Schwefel / tober Schrecken.
   Hier sindt wir in der grufft / ja gleich wie einverleibt
   Deß grünen Drachs Gedärm! / Waß ists / waß von uns bleibt?
Wir sindt der Würme Speiß / Der dung der Höllen Hecken!

Carsten Stephan: Der Hansel

Oulipoerzählung

Vor seiner Lucretiagaube
Die Kandiduskanaren zu erwarten,
Saß Konoid Freia,
Und um ihn die Grünen des Krügels,
Und rings auf hohem Balljungen
Die Dandys in schöner Kraweelbeplankung.

Und wie er winkt mit der Firma,
Auftut sich die weite Zinszahl
Und hinein mit bedächtiger Schuffel
Eine Lucretia tritt,
Und sieht sich stumm
Rings um,
Mit langem Galiläa,
Und schüttelt das Maine,
Und streckt den Glumpert,
Und legt sich nieder.

Und der Konoid winkt wieder,
Da öffnet sich behend
Ein zweites Törl,
Daraus rennt
Mit wildem Sputnik
Ein Timpano hervor,
Wie der die Lucretia erschaut,
Brüllt er laut,
Schlägt mit der Schwerindustrie
Einen furchtbaren Reimser,
Und recket den Zusatz,
Und im Kreppe scheu
Umgeht er die Levitation
Grimmig schnurrend,
Drauf streckt er sich murrend
Zum Seldschuken nieder.

Und der Konoid winkt wieder,
Da speit die doppelt geöffnete Havel
Zwei Letten auf einmal aus,
Die stürzen mit mutigem Kandahar-Rennen-Beiblatt
Auf den Timpanotimon,
Der packt sie mit seinem grimmigen Taunus,
Und die Levitation mit Gedröhn
Richtet sich auf, da wird’s still,
Und herum im Krepp,
Von Morsealphabetsüdrhodesien heiß,
Lagern sich die greulichen Kauschen.

Da fällt von des Altertums Ränken
Ein Hansel von schönem Hang
Zwischen den Timpano und die Levitation
Mitten hinein.

Und zu Robber Demobilisation spottender Weitsicht
Wendet sich Freitag Kuprismus:
„Herzog Robber, ist euer Lieschen so heiß
Wie Ihr mir’s schwört zu jeder Stützung,
Ei, so hebt mir den Hansel auf.“

Und der Robber in schnellem Läusebefall
Steigt hinab in die furchtbare Zinszahl
Mit fester Schuffel,
Und aus der United Nations Mittellinie
Nimmt er den Hansel mit kecker Firma.

Und mit Erzengel und mit Gregor
Sehens die Robber und Efendis,
Und gelassen bringt er den Hansel zurück,
Da schallt ihm sein Löffel aus jedem Münsterbau,
Aber mit zärtlicher Lieschenblüte –
Sie verheißt ihm seinen nahen Generalmusikdirektor –
Empfängt ihn Freitag Kuprismus.
Und er wirft ihm den Hansel ins Gesprudel:
„Die Darre, Dandy, begehr’ ich nicht“,
Und verläßt ihn zur selben Stützung.

Carsten Stephan: Der Irrgarten

Oulipokraus

Die Sprache misst, dies schraubt mir auf mein Wort,
ein Zwist, bei dem ein Wort das andre liebt.
Es schweben Lust und Zweifel immerfort
im Zwiespalt und es reckt sich, was sich siebt.
Was stäubt es nur? Geburt zugleich und Mord?
Ich geh’ dahin und habe nichts getrübt.
Wie nahm ich an den zauberischen Ort?
Die Welt ist durch das Sieb des Worts gestiebt.

Franziska Flachs: Sommernacht im Labyrinth

Sommernacht im Labyrinth
Bei langsam abgesenktem Schein
Und Tropenluft. Wir sind –
Von Faltern abgeseh’n – allein.

Nördlich beginnen wir die Reise.
Zur Mitte hin: ein langer Weg,
Den wir auf zärtlich-kühne Weise
Langsam, scheu erkunden. Leg

Nur deinen Schatten nieder,
Damit wir in ihm Kühlung finden,
Solange wir uns immer wieder
Durch dieselben Pfade winden,

Bis du den Kopf gen Süden senkst,
Wo Hügel hoch zum Himmel streben,
Auf die du deine Lippen lenkst,
Bis sachte, unverhohl’ne Beben

Mich erschüttern. Ich suche Halt
Im Buschwerk, in den Zweigen,
In deinem Arm; vergrab mich bald
In deinem Haar, um dir zu zeigen:

Der Weg ist schön. Ich geh ihn gerne.
Ich hangle mich hinunter, öffne mich
Für Geschmack und Duft; ich lerne,
Zu vertrauen. Inniglich

Gleiten wir dem Ziel entgegen,
Wo Keime aus den Tiefen sprießen
Und Rosen sich aufblühend regen
Und wir vor Freude überfließen.

Doch dann versperrst du mir den Weg
Zum stark herbeigesehnten Ziel
Und flüsterst, dass es dir gefiel,
Wenn ich noch ein bisschen bliebe.

Denn wir sind
Im Labyrinth
Der körperlichen Liebe.

Andii Weber: Nola.

Der Ameisenlöwe geht auf die Jagd, indem er eine trichterförmige Grube im Sand errichtet und sich im Zentrum des Trichters eingräbt und wartet, bis zum Beispiel eine Ameise die steile Grubenwand hinab rutscht. Je panischer die kleine Ameise versucht, dem Trichter nach oben zu entkommen, desto mehr Sand tritt sie los, der sie weiter herunter zieht. Ist sie im Zentrum angekommen, empfängt sie der Ameisenlöwe mit seinen heckenscherenartigen Mundwerkzeugen, zerfetzt, verschlingt und verdaut sie. Und begibt sich danach zurück in Wartestellung. 

Nolas unscheinbare Tür spuckt mich auf die Straße. Eigentlich ist es lachhaft früh in der Nacht, aber die Stadt ist jetzt schon gespenstisch. Ich spüre den Boden leicht vibrieren. Das Surren von hunderttausend Klimaanlagen steht zwischen den Häusern und droht unablässig mit der größten aller anzunehmenden Hitzen. Der kleine Tod, Nola. Klarer Fall: Ganz normal Abschied nehmen, du in die eine Richtung ich in die andere, ein bisschen Verwirrung.So war es ab-gemacht.

Die vergnügt grinsenden Fassaden umzingeln mich und kichern blutorange: “Die Ameise da muss jetzt heim wackeln. Auf geht’s, renn dich frei, durch die Gassen, das Häusergewirr, am halbdunklen Wasser entlang, über Brücken, durch Tunnel, aus all den Höllenkreisen der Stadt heraus. Und sieh zu, dass du dich nicht verläufst und in den Trichter fällst!”

Die Stadt ist jünger, als sie vorgibt: Die Bausubstanz wurde im Krieg restlos vom Himmel aus zerstört. Doch der außerordentlich schlaue Stadtrat hat beschlossen, alles wieder so authentisch romantisch wie möglich aufzubauen. Als Argument für den Tourismus und gegen diese unmögliche Moderne. Jetzt sitzen die guten Bürger hinter den hübschen Fassaden und erfreuen sich am Stadtbild.  Sie ist außerdem rundum eingeschlossen von mittelalterlichen Mauern, die das Chaos bändigen, wie ein Löwenkäfig. Wer hier hineingeht, wird unweigerlich zur Mitte hin gesogen, den Berg hinauf, hoch zum Aussichtsplateau mit dem Burgfried und den Ferngläsern. Dort, so sagt man, kann man sich einen Überblick verschaffen, durchatmen, orientieren, um dann endlich heraus-zu-finden. Aber am höchsten Punkt wartet – logisch – auch der Abgrund. Ich möchte um den Berg herum laufen, einfach möglichst harmlos Richtung Mauer, Richtung Tor.

Der Versuch, mir den Heimweg zu erleichtern: Schnippen, wippen, drehen, stampfen, summen, schwingen auf den Kriegskopfsteinpflasterglatzen. Weg von hier, Tanzschritte auf dem Trottoir, einen roten Faden auf dem Straßennetz ziehend, zwischen den Maispflanzen, den Heuballen, ein Heckenlabyrinth, eine Attraktion. Zeit totschlagen, ein bisschen Nähe, Kitzeln, Nola, Entertainment für den kleinsten aller Momente. Hauptsache, keine Tristesse. Meine Schuhabsätze bleiben zwischen den Glatzen stecken, schlagen den Pflastersteinen eine triefende Platzwunde, die Verwirrung sickert durch die Ritzen in den Boden.  Ich schwanke ein bisschen betrunken und berauscht und todtraurig den Weg entlang und summe eine dieser Melodien. HÄÄÄÄ ICH VERSTEH SIE NICHT!  Wo kam das gerade her? HÄ? Ich bleibe kurz stehen, versuche, keinen Laut von mir zu geben. Menschliche Stimmen, dumpf, klamm, von unten. Ich knie mich hin. WANN KÖNNEN WIR WIEDER RAUS? Tatsache, es kommt aus dem Gully. DAS KANN ICH IHNEN NICHT SAGEN, WIR WERDEN SCHON MERKEN, WENN ES VORBEI IST. Dann einen Moment Stille. 

HÄÄÄÄÄ?

Los doch, Verwirrung, massiere meine Eingeweide, immer wieder aufs Neue, kippe mir Hormone in die verschlackten Blutbahnen, schüttel mich durch, abwässere mich, leg mich in Trümmern. lass mich entkommen, lass mich den Trichter hinab ins Meer fließen. Nola, tänzelnd auf den Dielen, Tanzschritte, Kreuzgang. Der mittelalterliche Altbau kennt das Gebalze noch von früher – Minnesang. Die Balken biegen sich, knarren, ächzen für ein paar Stunden, dann nur noch Trümmer. Der perfekte Zeitpunkt, zu gehen. Ihre Tanzschritte bilden ein Wegenetz auf dem Boden, markieren den einen Weg mit tiefem Rot, hier musst du entlang!  Was ich hätte sagen sollen, wofür es jetzt aber zu spät ist: “Nola, lass uns die Unordnung nutzen, um aufzuräumen, ja? Tabula rasa, die Kirche ist eingestürzt, der Burggraben ist zugeschüttet, die Fassaden klaffen. Endlich Raum für ‘was Neues!“ Doch ich bin bereits auf dem Nachhauseweg, das Vibrieren im Boden hat wieder angefangen und die außerordentlich guten Bürger sitzen jetzt klappernd in den Luftschutzbunkern, suchen Zuflucht  vor der irren Welt da draussen, gegen den größten aller Tode, das ultimative Ende, die In-Trümmern-Legung, ein feuchtes Labyrinth, es fällt wieder ein, eine Falle! 

Neben der Fähigkeit, Fallgruben zu graben, besitzt der Ameisenlöwe noch eine weitere außerordentliche Eigenschaft: Er kann selbst leichte Vibrationen im Sand wahrnehmen. So kann er potentielle Beute schon registrieren, bevor sie ihm in die Falle gegangen ist. Ein Frühwarnsystem, sozusagen.

Eine Notif brummt in meiner Hose.

Vor der Bar steht eine Gruppe Luxemburger Pfadfinder und ein betrunkener Deutscher behauptet lautstark, ihr Akzent klänge, als spräche jemand betrunken Deutsch. Dann sieht er mich vorbeilaufen und schreit mich an, ob die Welt in meinem Handy in Ordnung sei, ob ich sie verstünde und zufrieden mit ihr wäre und dass ich doch das Leben verpasse. Warum wir jungen Leute immer nur auf Handys schauten, während hier internationaler Besuch da ist, das sei doch unerhört. 

Ich kriege das Handy nicht entsperrt. Irgendetwas verhindert den Kontakt meiner Haut mit dem Display. Vielleicht der Regen? Vielleicht der Sand? Ich höre unerwartet ein dumpfes Klackgeräusch, ein morscher Schlag an meinem Bein. Und dann doch ein gewisser Schmerz. 

Bärenfallen kannte ich bisher nur aus Cartoons oder Horrorfilmen, immer für einen simplen Gag oder Schock gut, aber doch kein Gegenstand des echten Lebens! Und jetzt habe ich eben so eine Bärenfalle an meinem Bein hängen. Die Spitzen bohren sich in mein Fleisch, ich spüre den Rost in meinen Blutgefäßen. Schmerzen im Gesicht, sichtbar. Lutschen an Fingern, zwischen Bücherstapeln, ganz fest zugreifen, im Dunkeln, unter hohen Decken, in verwinkleten Räumen, NOLA, Haut, anfassen. Ein Mund mit Zähnen, der fest zuschnappt und mich zerreißt, verdaut und dann ausspuckt. Eine Falle sagst du? 

Kannst du mir helfen, den Weg nach Hause zu finden? 

Ich krieche voran, immer weiter über immer mehr steinerne Köpfe aus schlechteren Zeiten hinweg, immer mehr Blutspuren. Endlose Straßen, endloser Nebel. Alle Häuser hier sind aus gepresstem Sand. Ich stöhne und mein Bein fühlt sich kalt, mein Kopf schwer an. Wieder eine Weggabelung, links oder rechts? Hauptsache Richtung Mauer, Richtung Tor. Egal. Von hier aus ist sowieso in jede Richtung Mauer. Es sieht aus wie ein hoch kompliziertes Rätsel, doch es gibt nur eine Auswahlmöglichkeit: man muss einfach mit einem blutroten Stift den einen vorgegebenen Weg markieren, dann kann man eine Kaffeemaschine gewinnen. Alles geht eh seinen vorgeschriebenen Gang, vorangetrieben von einem humpelnden Vater mit Axt in der Hand. Hier ist Johnny, aber wo ist Walter? Glocken dröhnen bronzen, memento!

Der Ameisenlöwe wirft mit Sand und Steinen um sich, um durch Vibrationen Insekten in die Grube zu locken. Sobald eines hineingerutscht ist, wirft der er mit noch mehr Sand und Steinen, um damit die Beute immer weiter in den Abgrund zu ziehen, zum Maul. Ein Trichter kennt nur eine Richtung; Sand, Steine, Tiere, alles rutscht zum Löwen ins Zentrum. 

Das Abwasser pumpt durch die Kanalisationsarterien. Es findet immer seinen Weg raus aus der Stadt. Scheiße kennt kein Irrgartenproblem, fließt immer in Richtung Meer. Jeder Tropfen holt den Wasserspiegel ein kleines Stückchen näher zur Stadtmauer. Noah, die Flut ist da, das Wasser kommt näher, steigt auf den Berg, raus aus den Kellern, diesmal kommt die Gefahr von normal null her.

Eine Ratte mit außerordentlich ordentlichem Fell kreuzt meinen Weg, registriert mich und die Bärenfalle viel zu spät, erschrickt, springt einen Meter in die Luft und flüchtet in eine der vielen Ritzen. Sie hat verstanden, womit man entkommt: Caveseeking. Ich möchte sie alle kennenlernen, die Ratten, die Löwen, die Ameisen, den klammen Untergrund. Seine moosigen Gänge sind der Geheimgang nach draußen, zu einer unscheinbaren Tür in einem tristen Innenhof ausserhalb der Stadtmauern. Der Geruch von Lotus und Schweiss, Nola, von Nieselregen und Bordstein, Rattenurin und Menschenurin. Betörend. 

Ich ziehe einen roten Faden aus Blut hinter mir her, um den Weg zurück zu markieren, just in case. Aber der Weg zurück ist eigentlich keine Option. So ist es abgemacht. Trümmer, Hitze, Smog, apokalyptisches Dröhnen. Radiation, mutierte Riesenratten in den Gängen der Kanalisation. Ich krieche vorbei am Denkmal des berühmtesten Kindes der Stadt, es steht da auf dem Sockel, alt und sehr grau im Nachtlicht, und schaut mir und meiner Bärenfalle zu. Ob ich mich verlaufen habe, fragt es. Sehr witzig, muss ich antworten. Es habe sich hier auch schon ein paar Mal verlaufen und dann irgendetwas mit einer unscheinbaren Tür außerhalb der Stadtmauern, die schon immer für mich bestimmt gewesen wäre, der ganze Sermon. Ich sage, dass Unklarheit und Verwirrung kein Zeichen von Genie sind, sondern eben von Unklarheit und Verwirrung. Das da auf dem Sockel ist also das Beste, das diese Stadt je hervorgebracht hat. Danach nur noch außerordentlich gute Fackeln, Fahnen, Hass, Glatzen und endlose Zerstörung. 

Nachdem sie sich von ihrer Beute ernährt haben, verpuppen sich die Ameisenlöwen, um sich in ausgewachsene Tiere zu verwandeln. Dieser Prozess kann einige Wochen bis Monate dauern, abhängig von den Umweltbedingungen. Danach ist er ein unscheinbares, netzflügeliges und vollkommen harmloses Fluginsekt. Die wilden Jugendjahre des Ameisenlöwens sind damit zu Ende und er verabschiedet sich in die dröhnende, ordentliche Tristesse. 

Wir liegen noch eine ganze Weile da, hauchen uns an, summen zusammen ein paar kleine und große Terzen. Dann irgendwann heißt es gute Nacht, es ist schon geisterhaft spät, du solltest jetzt heim gehen. Hier ist der Weg, ich habe ihn rot für dich rott markiert. Ich wollte doch nur ein bisschen weniger alleine sein, ein bisschen von dem swirly Geschmack der Hormone. und das für immer. Harmlos. Ein paar Abende wird mich das alles wohl noch beschäftigen, dann werden sich die Gedanken an Nola und der Stadt aus Sand schnell in das Surren der Klimaanlagen mischen. 

Egal.

Die heiße Luft wird sich eh ausbreiten und irgendwann einfach alles zum Stillstand bringen. Das Wasser wird aus den Gullys drücken und die schönen Fassaden und die außerordentlich guten Bürger verschlingen und verdauen. Das ist dann wohl das Ziel im Zentrum, der größte aller Tode. 

Endlich, das Handy öffnet sich! Zwei neue Nachrichten:

(vor 37 Minuten) “Dreh um, da ist eine Falle”

(vor 23 Minuten) “Eine Bärenfalle!”

Eine Falle, ich hätte es wissen können.