Christian Knieps: Number Two

Das Finale in einem Wettbewerb ist schon eine eigenartige Sache, denn bis dahin haben die Teilnehmer – insbesondere, wenn es nur zwei Gegner sind – alles gegeben, um an diesen Punkt zu gelangen, an dessen Ende es aber nur einen Sieger geben wird.
Die Zuschauer fiebern derweil oft auf dieses Ereignis hin, in der Hoffnung, dass ihr Favorit am Ende den Sieg davontragen wird, und obwohl auch viele für den Underdog sind, interessieren die meisten sich dennoch für die Sieger – das hat sich in all den Jahren nicht geändert, obwohl die Gesellschaft doch vermeintlich objektiver und vor allem wertschätzender der Leistung des Unterlegenen gegenüberstehen sollte.
Doch: Hand aufs Herz – wer außer den Hardcorefans der jeweiligen Wettbewerbe weiß, welches Fußballteam am häufigsten im Finale der Weltmeisterschaft gestanden hat (den Rekordsieger hingegen kennen viele)? Es gibt Tennisspieler beider Geschlechter, die bis zu fünfmal im Endspiel großer Turniere standen, es aber nie gewonnen haben (den Rekordsieger eines der größten Turniere der Welt kennen bestimmt sogar Nicht-Tennisfans vom Namen her). Es gibt ein Football-Team, das vier Jahre hintereinander in den Super Bowl kam, aber keines gewann (aber das Team, das sechsmal in den letzten beiden Jahrzehnten triumphierte, kennt wohl fast jeder).
Finanziell mag es vielleicht sinnvoll sein, in den meisten Wettbewerben möglichst weit zu kommen, doch ist die Niederlage in einem Finale am Ende nicht sogar viel schmerzhafter als eine Niederlage früher im Wettbewerb? Wer erinnert sich – außer wieder die Hardcorefans – an die Number two, den Loser, den Verlierer, den Nichtgewinner – und wie werden diese Fast-aber-doch-nicht-Gewinner am Ende tatsächlich gesehen – in der Retrospektive, wenn sie nicht vorher schon vergessen werden? Wenn der letzte Eindruck viel mehr zählt als all die Heldentaten zuvor?
So sehr sich Menschen den Wettkampf und den Sieger wünschen, weil sie auch Teil des Erfolgs sein wollen, ist die Akzeptanz von Erfolg in zweiter Reihe trotz aller gesellschaftlichen Entwicklungen nicht vereinbar mit dem Streben des Menschen nach Erfolg. Wer gewinnt, hat Recht! Wie wahr dieser Satz doch ist – leider.

Katharsis3000: Ein Stadtkanal für die feministische Wirklichkeit und wie man weibliche Wut kanalisieren kann

(Audioversion wird nachgereicht)

Wenn man in die Wasser des Feminismus abtaucht, an Erkenntnissen und Ideen, wie an fernen Häfen strandet, sich dem Flow ungeahnter subversiver Energien hingibt, mit dem Echolot die Tiefen sondiert und sich mitten im Wellenrausch verstanden und verbunden fühlt, erwärmt sich das Herz und es weiten sich die inneren Welten. Manche mögen sich, wenn sie wieder auftauchen wie die griechische Göttin Aphrodite fühlen, die einst dem schäumenden Meer entsprang, um mit ihren transformativen Kräften Erdbewohner*innen zu verzaubern und zu verwandeln.

Wenn man in die Wasser des Feminismus abtaucht, an Erkenntnissen und Ideen, wie an fernen Häfen strandet, sich dem Flow ungeahnter subversiver Energien hingibt, mit dem Echolot die Tiefen sondiert und sich mitten im Wellenrausch verstanden und verbunden fühlt, erwärmt sich das Herz und es weiten sich die inneren Welten. Manche mögen sich, wenn sie wieder auftauchen wie die griechische Göttin Aphrodite fühlen, die einst dem schäumenden Meer entsprang, um mit ihren transformativen Kräften Erdbewohner*innen zu verzaubern und zu verwandeln. 

Nehmen wir doch nur mal an, es gäbe so eine frisch dem feministischen Wassern entsprungene Göttin, die versucht, im Nürnberger Hafen aufzutauchen. Wie würde es ihr auf ihrer Held*innenreise ergehen? Während sich unsere neugeborene feministische Heldin in Nürnbergs Hafenbecken die Gischt aus dem Gesicht wischt, beginnt sie, noch bevor sie das Wasser verlässt, die Wirklichkeit mit anderen Augen zu sehen. Noch benommen vom ungeahnten feministischen Rausch prallt sie gegen den harten Beton des Kanalbetts und schlägt sich dabei den Kopf auf. Nachdem sie die eisigen Sprossen in der Wand wie durch ein Wunder erheischt und mit letzter Kraft erklimmt, verbrennt sie sich sofort die Haut am heißen Asphalt und verliert das Bewusstsein. Während unsere Heldin abwesend und blutverschmiert am bayernhafen Nürnberg vegetiert, schleicht sich langsam eine in chorischen Gesängen gebettete, bis in die Eingeweide stechende, wütend wummernde Bassline in ihre Absence. Sie kündigt Kali an, die hinduistische Göttin des Todes, der Zerstörung und der Erneuerung. Als sich der Wind endlich gen Osten dreht, zeichnen sich im Traum die Umrisse der blauen Todesgöttin immer klarer zwischen den rauchenden Flammen ab. Das feurig tänzelnde Inferno der vielarmigen Kali bahnt sich flackernd seinen Weg in das Bewusstsein unserer feministischen Heldin. Auf einem Berg aus Gebeinen tanzend fuchtelt die irre Anmutende wild mit ihrer Sichel herum. In einer Hand den frisch abgetrennten Kopf eines Dämons präsentierend, kreischt Kali immer wieder: „I will take you deep down now! I will take you deep down now!“ Fasziniert und schaudernd gleichzeitig erkennt unsere Heldin darin die sich seit Jahrtausenden anhäufende weibliche Wut, die der Unterdrückung durch das patriarchale System entspringt. Wie Uma Thurman in Kill Bill, rächt sich Kali auf eine archaische Art an den Peinigern. Wie warm und kalt es unserer Heldin da doch gleich wird. Als die Bassline langsam ihren Wumms verliert und die Glut nur noch glimmt, küsst die sanfte, in Vogelgezwitscher getauchte Abendsonne unsere Heldin aus ihrem inneren Blutbad wach. Verwirrt und geklärt in einem steigt sie auf ihr Fahrrad, um sich über die Südwesttangente in Richtung Fürther Straße durch den Verkehr zu quälen. Während sie sich ihren Weg vorbei an Gabionenwänden, Autoschieberbrachen, Bürokomplexen, Baumärkten, Fast-Food-Läden, Autoersatzteilsupermärkten, Wendebuchten, Möbelhäusern, Schlachthöfen, parkenden Autos, fahrenden Autos und nochmals Autos bahnt, stellt sie sich die Frage, ob sie bereit ist, das alles länger so hinzunehmen. Sie erinnert sich an ihr Bad im Feminismus und sieht ihre Umgebung unter dieser Perspektive als eine lebensfeindliche vom Patriarchat konstruierte Wirklichkeit. Die ganze Stadt als eine versiegelte Kraterlandschaft gespickt mit luftverpesstenden raumverschlingenden Stahlblechmaschinen. Am Peak des Leiblstegs angekommen, breitet sich vor ihren Augen das Corpus Delicti der Stadt aus: Der Frankenschnellweg. Während unserer Heldin oben am Leiblsteg Abgase durch das Haar wehen, sich Feinstaubpartikel in ihren Lungenbläschen absetzen und sie das Autotreiben am Frankenschnellweg direkt unter ihr, auf sich wirken lässt, fühlt sie sich verloren, einsam und isoliert, als ob sie eine Welt betrete, die sie nicht betreten mag, weil sie ihr nichts als negative Gefühle zu geben hat. Plötzlich sieht sie mit klaren Augen eine vom Patriarchat geschundene und zerschnittene Stadt vor sich, den Frankenschnellweg als die klaffende Wunde per excellence. Jeder der/die schon mal versucht hat, zu Fuß oder mit dem Rad von Gostenhof über die Rothenburger Straße nach St. Leonhard zu kommen, weiß, welche Todesängste mancher in der Unterführung des Frankenschnellwegs auszuhalten hat. So ging es nun auch unserer Heldin auf dem Leiblsteg. Sie sieht und spürt die real existierende Fetischisierung des motorisierten Individualverkehrs, unter anderem ein Rudiment des Dritten Reichs, direkt unter sich dahinbrettern und kann nicht anders, als diese lebensfeindliche Ausgeburt des Patriarchats zu verteufeln. Da langsam Kalis Bassline wieder zu wummern beginnt, weiß unsere Heldin, dass sie einen Weg finden muss, um ihre Wut zu kanalisieren. Sie muss sich entscheiden, ob sie die Ausfahrt nehmen wird, die sie zum Widerstand führt, oder ob sie der Abzweigung folgt, die sie zu einer konstruktiven Vision einer anderen Wirklichkeit leitet. Tief in ihrem Herzen spürt sie, dass es im feministischen Kampf um mehr geht, als um performative Irritationen oder Slogans auf Kaffeetassen. Sie erkennt, dass der Gender Pay Gap, die Care-Krise, der Klimawandel, etc. Symptome einer Werteschieflage sind. Sie wird sich bewusst, dass diese Asymmetrie nur dadurch entstehen konnte, dass in patriarchalen Gesellschaften Werte und Verhaltensweisen eng an biologische Geschlechtsmerkmale geknüpft sind, die wiederum Grenzen konstruieren und somit scheinbar die männliche Herrschaft legitimieren. Wie wir alle wissen, wird in diesem patriarchalen Konstrukt Männern die Rolle der Herrscher und Frauen die der Untergebenen zugeschrieben. So erklärt sich unserer Heldin die Abwertung weiblich kodierter Werte, wie Intuition, Weichheit, Regeneration, Empfänglichkeit, Empathie, Lebendigkeit usw., als symbolische Gewalt des Patriarchats, die sich in realen Herrschaftsstrukturen, wie eben zum Beispiel dem Gender Pay Gap, verwirklicht. In ihrer scharfen Analyse symbolisiert der Frankenschnellweg die sich real verwirklichte gesellschaftliche Vormachtstellung männlich kodierter Werte, wie ewiges Wachstum, unbegrenzte Leistungsbereitschaft, Gefühlsausblendung, Rigidität, Linearität, Rationalität etc. Der deutlichste Beweis, dass Nürnberg eine patriarchal konstruierte „Autostadt“ ist, zeigt sich für unsere Heldin in den realen gesundheitsgefährdenden Konsequenzen, wie den regelmäßig gemessenen zu hohen Feinstaub- und Lärmbelastungen. Doch auch enorme Hitzebelastungen, durch die immer heißer und trockener werdenden Sommer, potenzieren sich durch die hohe Versiegelungsrate der Stadt und gesellen sich zu Nürnbergs lebensfeindlichen Dämonen. Unsere Heldin denkt an all die Lebewesen, die unter den gesundheitsgefährdenden Folgen einer überproportional an den Bedürfnissen von Autofahrerinnen ausgerichteten Stadtplanung leiden. Die Worte einer indigenen kolumbianischen Aktivistin, die mit ihrem Frauenkollektiv zum Schutz und zur Verteidigung des Territoriums und des Lebens1 seit Jahren gegen die gesundheitsschädlichen Folgen des Kohleabbaus in La Guajira und gegen die Vertreibung der von indigenen Gemeinschaften kämpft, kommen ihr in den Sinn. Sie spricht davon, dass sie sich mit den Frauen des globalen Nordens verbunden fühle, da auch diese irgendwann, so wie sie, von den Konsequenzen des rücksichtslosen Raubbaus an der Natur betroffen seien. Für diese Frauen ist es eine heilige feministische Aufgabe, sich nicht nur für das Leben der Kinder und Alten, sondern auch der Natur per se einzusetzen, da sie sich als Frauen dem Lebendigen besonders verbunden fühlen. Für unsere Heldin ist klar, dass unter anderem durch die trockenen heißen Sommer die Folgen gewissenloser Ressourcenausbeutung ebenso in Nürnberg angekommen sind. Auch hier, an Ort und Stelle, sind lebenserhaltende Maßnahmen längst notwendig. Was für eine wohltätige Wundversorgung wäre es wohl, die Trasse des Frankenschnellwegs vom gesundheitsschädlichen Autoverkehr und dem Asphalt zu befreien? Unsere Heldin stellt sich eine von Abgasen und Lärm desinfizierte 44 Hektar große Verletzung vor. Zur Regeneration des Gewebes wäre es nun notwendig, den Asphalt abzutragen; dann könnte man damit beginnen, die klaffende Wunde gut auszuspülen. In ihrem Inneren konstelliert sich das Bild eines fließenden Gewässers an Stelle der Stadtautobahn. Unsere Heldin würde auf dem Leiblsteg nun nicht mehr über einem Todesangst und Stress 1 Originaler Name der Bewegung: Colectivo de mujeres por la protección y defensa del territorio y la vida en La Guajira, Colombia verbreitenden Superhighway, sondern über einem auf die ganze Stadt regenerierend wirkenden Stadtkanal stehen. Sie stellt sich vor, wie sich an einer solchen heilsamen Oase langsam das Leben zu kultivieren beginnt. Kinder, die spielen und plantschen. Menschen, Tiere und Pflanzen, die die Sonne, das kühle Nass und die frische Luft genießen. Sonntagsausflügler*innen und Tourist*innen, die nach einer ausgiebigen Fahrradtour ein kühles Bier am Ufer des Kanals zu sich nehmen. Feste, die gefeiert werden, Platz zwischen Bäumen, Sträuchern und Blumen, um die Seele baumeln zu lassen. Zudem hätte die Stadt in den heißen Sommern eine Frischluftschneise, die auch Starkregenwassermengen kompensieren könnte, sodass Nürnberger*innen besser vor Hitzewellen und Platzregen geschützt wären. Unsere feministische Heldin weiß nun, wohin sie ihre Reise als nächstes führen wird, denn sie erinnert sich an eine Bande, namens Nürnberg-Fürther Stadtkanalverein, die ihre Vision eines gesellschaftlichen Wertewandels teilt und sich dafür einsetzt, dass der Frankenschnellweg entsiegelt und zu einem Kanal rückgebaut wird. Was für eine geniale Idee! Unsere Heldin beschließt, sich nicht länger in ihrem weißen Quelleturm zu verschanzen, sondern sich der Bande anzuschließen, um sich für den Bau eines Stadtkanals einzusetzen und somit ihre lebensbejahende feministische Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Denn schließlich will sie sich bei ihrer zweiten Geburt den Kopf nicht wieder am harten patriarchalen Beton aufschlagen, sondern an weichen saftigen Wiesenbänken geborgen und sanft ins Leben treten. Clara Zetkin, die erhabene Feministin im proletarischen Kampf um das Frauenwahlrecht, wird ihr auf ihrer Reise geistig zur Seite stehen, denn diese schrieb einmal, dass es nicht darauf ankomme, ob eine Idee für die Herrschenden akzeptabel sei, sondern darauf, ob die Massen dafür zu begeistern seien. Deshalb entdecke auch du die Göttin in dir und begib dich auf deine feministische Held*innenreise!

Christian Knieps: Bremsspur

Die Gesellschaft um mich herum hat sich in einen wahnsinnigen
Geschwindigkeitsrausch versetzen lassen, der alleine dazu dient, die
Gegenwart durch immerwährenden Wandel nicht zu langweilig werden zu
lassen. Die Moden wechseln derart schnell, dass man eine verpasste Mode
nicht mal bemerken muss, und ganz bestimmt muss man sich keine Gedanken
darüber machen, denn die nächste ist schon da! Solange man nicht zu viele
Moden verpasst und als outdated oder immergestrig gilt, ist alles reparabel, da
das Gedächtnis mit diesen Moden ebenso leidet wie oft der Geschmack.
Ich wage jetzt etwas Verwegenes! Ich durchbreche diesen wahnsinnigen
Geschwindigkeitsrausch und bremse mit ordentlicher Spur ab, halte kurz ein,
betrachte die Moden, die an mir unberührt vorbeiziehen, und stelle mit
leichter Freude fest, dass absolut nichts Neues dabei ist – allenfalls eine neue
Abmischung verschiedener Moden der Vergangenheit. Die Beschleunigung der
Kurzfristigkeit der Moden führt zu dem absurden Phänomen, dass
Normalaltwerdende eine Mode mehrere Male erleben können, was den
unschlagbaren Vorteil mit sich bringt, Kleidungsstücke nicht mehr entsorgen
zu müssen, da diese in wenigen Jahren wieder en vogue sein werden – wobei
jedoch der Nachteil des zu kleinen Kleiderschranks ebenso mehr als evident
wird.
Während die Moden so an mir vorbeizischen, überkommt mich das Gefühl
einer latenten Nervosität, dass ich am Ende durch meine Pause doch mehr
verpassen würde, als ich es noch vor wenigen Momenten stock und steif
behauptet hätte. Ich muss meine gesamten Übungen zu Atemtechniken
auffahren, dass ich nicht in einen Zustand der Hyperunsicherheit gerate –
denn, wenn man einmal in einem solchen Zustand ist, ist man dem Wahnsinn
ausgeliefert, ohne Macht und Widerstand, ohne Willen und Resilienz. Dann
können Populismus und Metamoden viel einfacher in das eigene Gehirn
einziehen und sich dort breitmachen, als Folge eines Abgehängtseingefühls,
das man nie wieder verspüren möchte.
Ich für meinen Teil bekomme gerade noch mal die Kurve, das Vehikel, in dem
ich mich befinde, versetzt nur kurz, bricht aber nicht aus, sodass ich dagegen
ankämpfe, gegen einen Teil meines Selbst kämpfe – und traurigerweise die
tiefere Erkenntnis habe, dass ich auch verliere, wenn ich gewinne! Was ich
aber auf jeden Fall gewinne, sind die vielen abschätzigen Blicke meiner
Mitmenschen, die bisher dachten, dass ich aktuell und hip wäre, doch jetzt
erkennen sie den wahren Kern von mir: den gestrigen, noch nicht den
Ewiggestrigen. Vielleicht ist auch bei diesem turning point die Antwort 42,
denn seit Überschreiten dieser Grenze habe ich das Gefühl, dass sich das
Hetzen nach vorne nicht mehr so lohnt, denn statistisch ist es die zweite Hälfte
des Lebens – und anders als im Fußball gibt es keine dritte Halbzeit, in der
gefeiert wird.
Ich stehe also hier und sehe die nächsten Moden an mir vorbeiziehen, trage
meine alten Klamotten auf, verhalte mich, als wäre ich in der Entwicklung
irgendwann stehengeblieben, höre mir von meinen Kindern an, dass ich super-
mega-cringe bin, weil ich die neuesten Moden im social network mit vollem
Herzen missachte, und fühle mich gut damit.
Das Lustige an diesem Morgen ist, dass sich die Moden so sehr einmal um sich
selbst gedreht haben, dass ich mit meinem Stil und meiner Art wieder ein
angesagter Sportsfreund bin, was ich inzwischen etwas peinlich finde – doch
ich ahne, dass diese Mode spätestens beim nächsten Kaffee schon wieder
cringe bin. So soll es auch sein! Metamoden, was für ein Käse!

Lena Speckmann: (Un)Ordnung

„Ordnung ist das halbe Leben!“

Junge, wie ich diesen Spruch hasse. Ich weiß gar nicht mehr, ob das Mama war oder Papa, aber diesen Spruch bekam ich früher ständig zu hören. Meganervig. Was ich am meisten daran hasse? Auf der einen Seite, dass er stimmt. Man spart wirklich wahnsinnig viel Zeit, wenn man immer weiß, wo was liegt. Auf der anderen Seite frage ich mich seit meiner Kindheit, woraus denn nun aber die andere Hälfte des Lebens besteht, wenn Ordnung als solche einfach mal 50% einnimmt. Aus Steuern? Bonbons? Oder am Ende ganz profan: aus Unordnung? 

Ordnung ist praktisch. Sie spart allerdings nur dann Zeit, wenn man sie konsequent anwendet, „konsequent“ being the operative word. Denn wenn man – wie ich – eher zur Unordnung neigt und irgendwann ausnahmsweise mal etwas vernünftig und ordentlich wegsortiert, dann aber vergisst, dass man zur Abwechslung mal ordentlich war, tja, dann ist die Ordnung vollkommen unnütz. Wie oft mir das schon passiert ist, vermag ich gar nicht zu sagen, denn ich bin, richtig, sehr unordentlich.

Ich betreibe Ordnung auf andere Art. Ich sortiere lieber meine Gedanken als meine Gegenstände, und wenn sie sortiert sind, schreibe ich sie auf, das funktioniert eigentlich ganz gut. Auch bei Serien ist mir Ordnung wichtig. Ich kann Serien nicht so gut bei Folge zwei oder drei anfangen. Eigentlich ist das ja wurst, weil man fast immer super auch später in Serien einsteigen kann, die Drehbücher sind ja oft absichtlich so geschrieben, aber ich mag das einfach nicht. Das muss schon seine Ordnung haben. Einmal bin ich bei Staffel zwei einer Serie eingestiegen, die mein Freund schon kannte. Ich konnte die Serie aber erst wirklich genießen, als ich unabhängig von meinem Freund die erste Staffel nachgestreamt hatte. Bei so einem banalen Mist ist Ordnung auf einmal relevant, bei meiner Steuer und den gesammelten Belegen scheiß ich drauf.

Als Teenager stieß ich irgendwann auf den sogenannten „Sponti-Spruch“ „Wer aufräumt, ist nur zu faul zum Suchen“ und so hielt ich es mein Leben lang. Hab es ohne größere Zwischenfälle bis zur 50 geschafft.

Ich mag Ordnung als Konzept. Ich liebe auch Symmetrie. Sehr. Aber Asymmetrie liebe ich genau so. Allerdings nur, wenn sie ordentlich umgesetzt wird. Auch die Asymmetrie hat einer gewissen Logik zu folgen, damit man merkt, dass man es hier mit Asymmetrie zu tun hat und nicht mit irgendeinem Zufallsprinzip. Aleatorische Anordnungen machen mich verrückt, die mag ich nicht. Die erfordern zu viel Aufmerksamkeit. Zu viel Denkleistung, die vorausgesetzt wird. Asymmetrien sind als solche offensichtlich, bei Randomness versucht man instinktiv erst mal eine gewisse Ordnung darin zu finden. Selbst wenn es nur ein oder zwei Sekunden sind, die man vergeudet, diese Sekunden sind weg und über eine Zeit von fünfzig Jahren läppert sich das. In Summe zu viel verschwendete Gehirnkapazität, über die man noch verfügen könnte, wenn Dinge symmetrisch gewesen wären.

Wie gesagt, ich mag Ordnung. Aber ich möchte sie nicht selbst herstellen. Das verlangt mir zu viel ab. Geduld und Lebenszeit. Wenn ich sie brauche, bring ich die Geduld halt auf und quäl ich mich durch (Steuererklärung einfach jedes Jahr ein Drama, seit 25 Jahren…), ansonsten erfreue ich mich an einem außerordentlich unordentlichen Leben.

Und das ist völlig in Ordnung.

blumenleere: Durchgerasselt

der erbaermlichen inszenierung schmaehlings auf den leim gegangen, die dir aufoktroyierten kritierien blindlings angenommen, bist du, mit pauken & trompeten – ganz, ganz groszes kino, also …? – durchgefallen. die pruefungskommision feixt, die konkurrenz tut dergleichen – & du, du duemmliches kleines opferlamm, heulst, kreischst & versinkst im boden, vor lauter scham: dank deiner tatkraeftigen unterstuetzung festigst du zudem wieder mal die macht eines voellig idiotischen systemes, in dem der dem menschen zugewiesene wert davon abgeleitet wird, wie er kuenstlich konstruierte herausforderungen bewaeltigt. lebensnaehe? jein. nein, da die sogenannte natur – auch blosz eine unsrer fixen ideen …? – eigentlich gewisse arten & weisen, hindernisse zu nivellieren nicht unbedingt belohnt. ja, da sich unsere existenzen gerade aufgrund absurder dominanter vorstellungen weniger im rahmen eines leistungsgesellschaftsscheiszdrecks mit solcherlei nonsens als realitaet zunehmend auseinanderzusetzen zu haben – berge von unnuetzen papieren, formularen, neunundneunzig prozent der ausguebten berufe fiktiv & praktisch krankheiten, die von einem prozent der bevoelkerung ernaehrt & versorgt werden et cetera et cetera, bis wir dann endlich dermaszen weit vom gesunden dasein entfernt, nicht weiter ueberleben koennen & uns gegenseitig endgueltig ausmerzen.

Carsten Striepe: Flaschenpost

Gesellschaftskritik ist ein Lifestyleprodukt. Nicht mehr als ein schickes Accessoire von Akademiker:innen jeglicher Coleur, das sie vor sich hertragen und begeistert davon erzählen welche tollen Erkenntnisse und Erfahrungen sie im Austausch miteinander gewinnen durften. Stolz präsentieren sie das Unsagbare der Woche ohne die Tragweite überhaupt begreifen zu wollen. Gleich einer Holiday-Experience und einer Afterwork-Session mit den ach so geliebten Kolleg:innen. Ein Glaubensbekenntnis, dass wir dies und jenes erkannt und in uns vernichtet haben, während die ganze Scheiße einfach weitergeht. Und manchmal reicht die Demut gerade noch für ein Bier getränktes Bekenntnis, die immer noch anwesenden inneren Widersprüche anzuerkennen. Aber bald hat man es geschafft. Bald ist man frei vom Widerspruch. Ganz bestimmt. Bald. Und dann?!

Uns ist einiges abhanden gekommen über die Zeit: Die einstige Schlagkraft der Krüppel- und Irrenbewegung, die Antipsychiatrie und Patient:innenkollektive, die autonomen Bewegungen gegen die Zumutungen des Geschlechterverhältnis, sowie die antirassistischen Proteste der 80er und 90er Jahre, selbst die 68er-Bewegung trotz all ihrer Irrwege, Karriereambitionen und Projektionen. Heute sind sie Speaker:innen, Workshopgebende, Lehrer:innen, Pädagogi:nnen, Wirtschafts- und Businessmenschen im Anzug. Sie sitzen in Gremien und Kampagnen, sind promovierte Expert*innen für dies und das, geben schlaue TED-Talks zu wichtigen Themen, sie wissen wie man redet und wie man Menschen für sich gewinnt, sie überzeugen in der Kommunalpolitik und auf Bundesebene, machen Expertisen-Beratung, reden über Sustainabilty und SDGs. S-D-Gs! Echte Macher eben. So hört zumindest jemand zu – was er oder sie hört und daraus schließt ist nicht weiter von Belang. Was daraus folgt – egal, denn es geht um das Bekenntnis! Ein Workshop hier und da. Für das höhere Ideal! Für die gute Sache! Für die einfachen Botschaften! Mehr als Harmonie ist nicht drin.

War das erklärte Ziel nicht die Abschaffung des entfremdeten Tuns und Machens, des Kategorisierens, des Labels und der Etiquette? Eine radikale Kritik der Zurichtung eines jeden Subjekts? Gegen alles was scheiße ist? Nieder mit den Palästen? Eine Welt frei von Zwang und zweckgesteuerten, instrumentellen Beziehungen? Die Bezugnahme aufeinander radikal verändern und neudenken? “Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen” …und so weiter und so fort? Antiquiertes Geschwätz, für das sich kein Absatzmarkt am sogenannten Meinungskorridor mehr findet. Die heiklen Themen werden ausgespart, weil jemand die Meinung aus gänzlich anderen Gründen teilen könnte, der uns nicht gefällt. Diskussionen um emanzipatorische Belange sind nicht weiter von Wissensaustausch und schmerzhafter Bereicherung durch Widerspruch geprägt, sie sind zum Austausch von Bekenntnissen verkommen. Es wird abgeklopft ob die Person gegenüber den Standpunkt teilt. Wenn nicht, lohnt sich keine weitere Auseinandersetzung. Der Unterschied von Argument und Standpunkt verschwimmt.

Seit Herbst letzten Jahres ist nichts mehr wie es war. Zu verschieden die Verschiedenheit. Zu heimelig und bequem die Gedanken, die zum Einfachen führen. Brechts “Das Einfache, das schwer zu machen ist” scheint noch weiter in die Ferne gerückt als je zuvor. Da sind nur noch anonyme Schützengräben aus denen geschossen wird. Das Lob auf Selbstkritik ist nichts wert, wenn sie nicht verstanden, geschweige denn kollektiv eingelöst wird. War bis zu diesem Tag immer weit entfernt von jetzt. Was wenn die autoritäre und konformistische Rebellion das letzte bisschen vom Tellerrand der Gesellschaftskritik kratzt und sich einverleibt? Wo sind die Unterschiede im Suchen nach dem greifbaren Bösen in der Welt? Wie schafft man die Gehirnakkrobatik sich selbst aus der Kritik auszuschließen und dem Wahn – die eigene Gewordenheit in all dem Ekel ignorierend – verfällt? Wie viel Pragmatismus ist nötig bis zur völligen Selbstaufgabe? Was bleibt da übrig als angepasste Selbstvergewisserung und Klarheit der einfachen Worte? Vernichtung statt Verneinung ist schön – sie tut uns ja nicht weh, nur den anderen. Innere Konflikte werden beiseite gestellt und suchen eine Leinwand zur Projektion auf der stellvertretend Schlachten geführt werden. Dabei muss und wird doch sowieso alles kurzüber in Flammen stehen.

Wo kämen wir da hin wenn Gesellschaftskritik weh tun würde? Sie muss angenehm serviert werden auf einem buntem Porzellanbett, von dem wir jedes Wort schlürfen solange es uns schmeckt. Geh mir weg mit Gewordenheit, Zurichtung und Verhältnissen! Hört mir auf mit dieser Beharrlichkeit! Sei konstruktiv – auch wenn du dir nicht ausgesucht hast hier zu sein! Bitte nicht zu kompliziert, es soll ja auch jeder verstehen und mitkommen können. Klassismus wider Willen, dem Unverstandenen keine Chance einzuräumen bevor es verstanden werden kann. Klar, hier und da ein Begriff der uns suggeriert es sei von Relevanz. Wir brauchen Reichweite – sonst lohnt es sich nicht. Kritik muss sich aber lohnen sonst ist sie nichts wert. Wenn sie das soll, ist sie dann nicht vielmehr ihr Gegenteil? Ich habe noch nie davon gehört, dass einfache Antworten komplexe Probleme gelöst hätten.

Vor Jahren laß ich in einem Gedicht: Dialektik sei es tagsüber rote Flugblätter zu verteilen und abends schwarze Gedichte zu schreiben. Ist es noch Dialektik wenn letzteres zu überwiegen droht?

Allmählich ziehe ich ernsthaft in Erwägung ans Meer zu ziehen. Wenn wir schon dem Untergang geweiht sind, wünsche ich mir die Flaschenpost wenigstens am Strand lesen zu können.

Christian Knieps: Überwindung der Kritik

Letztens las ich einen Artikel über Post-Kritik, in dem es augenscheinlich nicht um eine substanzielle Kritik an der Post geht, auch nicht ums gute Prosten, denn dafür fehlt nicht absichtlich ein Buchstabe, wohl auch nicht ums kritische Posten von Müll im Netz, sondern um einen neuen Zugang zu einem Text – für Menschen gemacht, die glauben, dass man über multiple Metaebenen zu einer anderen Erkenntnis gelangen kann, wenn man sich dem Text nur anders, in einer Realität, die leicht um einen µ verschoben ist, nähert. Wie weit sind wir bei einem solchen Postulat in einem Spielfeld, das einige der versiertesten Diktatoren unserer Zeit perfektioniert haben? Und wie würde man auf das Ergebnis einer post-kritischen Betrachtung kritisch reagieren? Mit einer post-post-kritischen Haltung? Wie viele Posts (wohlweislich keine Posts im Internet) braucht man eigentlich, bis die Kritik nur noch einen minimalen Teil des Ganzen ausmacht? Vier, fünf, sechs Iterationen? Wie wäre es, wenn wir dann nicht einfach sagen, dass wir die Kritik überwinden? So einfach! Einfach so! So!

Also stellen wir uns mal eine Welt vor, in der jeder als Quasi-Diktator seiner eigenen Umwelt einfach Sachen sagen kann, die automatisch wahr sind, weil niemand da ist, der Bock hat, über die ganzen Post-Iterationen irgendeine Form der Kritik zu üben. Warum auch? Während man in Management-Seminaren lernt, dass man immer weiter fragen soll, bis man an die Kernursache des Problems gelangt, so ist hier der Weg der Verwässerung eines jeden Arguments vorgezeichnet. Der Posten des Post-hoch-x Kritikministers der eigenen Realität ist längst vergeben, und wozu braucht es noch Adlaten und Ja-Sager, wenn alles in dem Moment zur Wahrheit reift, wann es ausgesprochen wird? Würde der Populismus eine solche Entwicklung überstehen? Oder wäre es dann ein post-hoch-x-kritischer Populismus? Nun ja, hier schaltet sich wohl der letzte Überrest nach der postapokalyptischen Kritikvernichtung ein: Was wäre dieser Zustand eigentlich anderes als der heutige? Sind dann leider schon alle Posten vergeben? Mist, wie immer bin ich zu spät dran! Bleibt nur noch die Chance, mein eigener Post-hoch-x-Kritikminister meiner eigenen Meinung zu werden. Wenig Renommee, aber wenigstens nicht nichts! Eat this, Post-Kritik! Prost!

Elias Hirschl: Über das Motiv der SAMSUNG MS 23 K 800 Watt Mikrowelle im Werk von Karsten Dorsch


Heute möchte ich einen Blick auf einen stark unterschätzten Autor werfen, ja vielleicht den unterschätztesten aller Zeiten. Karsten Dorschs Romane zeichnen sich durch ihre sprachliche Raffinesse aus, durch ihren Einfallsreichtum, ein diffiziles Einfühlungsvermögen zu seinen Figuren und eine enorme Detailkenntnis historischer Werke, zu denen er in seinen Büchern durchwegs stark Bezug nimmt. Ja seine Bücher sind gespickt mit Querverweisen, Zitaten und Anspielungen auf andere Werke und es würde Jahre dauern sie alle aufzulisten. Es gibt mehrere Theorien darüber, warum Dorschs Romane nie wirklich in den Literatur-Mainstream vordringen konnten. Manche halten sie für zu trist, andere für zu komödiantisch und wieder andere sagen, es liegt an eben jenen Querverweisen von denen Dorschs Bücher nur so überquellen. Letztere Theorie möchten wir uns kurz genauer ansehen.
Dorschs Werdegang ist im Vergleich zu seinen literarischen Kolleg:innen ein etwas sonderbarer. Als siebenjähriger Junge flüchtete er während eines Hurricans in den Sturmschutz-Bunker eines Nachbarn. Der Nachbar starb während des Sturms und der kleine Karsten war so leider die nächsten 30 Jahre in besagtem Bunker gefangen, bis ihn eines Tages ein Jogger zufällig entdeckte. In diesen 30 Jahren ernährte sich Karsten Dorsch ausschließlich von Tomatensuppe und Bohnen aus der Dose und las sämtliche Bücher, die in dem Bunker vorhanden waren. Die Bücher im Bunker waren: Ein Fall für dich und das Tigerteam Teil 576 – Geisterspuck im Altenheim von Thomas Brezina sowie eine Bedienungsanleitung für die Bunkerinterne Mikrowelle zum Aufwärmen von Dosennahrung. Laut eigener Aussage fand Karsten Dorsch seine Liebe zum Schreiben von eigener Literatur in dem er immer und immer wieder Ein Fall für dich und das Tigerteam Teil 576 – Geisterspuck im Altenheim, sowie die Bedienungsanleitung der SAMSUNG MS 23 K, 800 Watt Mikrowelle las.
Seine Bücher enthalten dementsprechend ebenfalls ausschließlich Zitate, Verweise und Anspielungen auf diese beiden Werke, die in der Geschichte der Weltliteratur leider viel zu wenig Beachtung finden, sodass die meisten Leser von Dorschs Romanen seine genaue Kenntnis dieser Werke nicht richtig zu würdigen wissen. Beispielsweise sein grandioser Roman: Die kaputte Mikrowelle in Zimmer 34, in dem vier Jugendliche der Bewohnerin eines Altenheims dabei helfen herauszufinden, wo die seltsamen geisterhaften Geräusche aus ihrer Mikrowelle herkommen, ist ein Musterbeispiel eines psychologischen Thrillers und verbindet gekonnt literarische Elemente und Motive nicht nur aus dem Buch Ein Fall für dich und das Tigerteam Teil 576 – Geisterspuck im Altenheim von Thomas Brezina, sondern auch aus dem Werk Bedienungsanleitung der SAMSUNG MS 23 K, 800 Watt Mikrowelle. Auch sein zweiter Roman mit dem Titel: „Der Geist in der Mikrowelle im Altenheim“ ist ein grandioses Beispiel dafür, wie sich altbekannte historische Stoffe in neuem Gewand erzählen lassen. Die historischen Stoffe in diesem Fall sind die Bedienungsanleitung der SAMSUNG MS 23 K, 800 Watt Mikrowelle, sowie das Buch Ein Fall für dich und das Tigerteam Teil 576 – Geisterspuck im Altenheim von Thomas Brezina und das neue Gewand in dem sie erzählt werden, ist ein etwas anderes Altenheim mit Klimaanlage und eine Mikrowelle, die eine lustige Melodie spielt, wenn sie das Essen fertig erhitzt hat. Eine lustige Melodie… oder etwa das läuten einer Friedhofsglocke? Dorsch spielt gekonnt mit unseren Erwartungen und unterwandert sie immer wieder von neuem. So etwa auch in seinem dritten Roman: „Die geisterhafte Mikrowelle aus dem Altenheim“, in dem der Geist einer verstorbenen Mikrowelle die armen Bewohner eines Altenheims terrorisiert – eine wirklich außerordentlich gut gelungene Adaption des alltherbekannten Themas von Geisterheimsuchungen in Altenheimen, erweitert durch das Motiv der SAMSUNG MS 23 K 800 Watt Mikrowelle.
So oder so, Dorschs Romane sind immer eine Empfehlung wert und noch heute läuft es mir kalt den Rücken hinunter, wenn meine Suppe endlich heiß ist.