Elisabeth R. Hager: HARAKEKE

Te harakeke
Te korari
Nga taonga whakarere iho
O te rangi
O te whenua
O nga tupuna
Homai he oranga mo matou
Tihei mauri ora1

Das dunkle Deckhaar der Ärztin wippt strähnig vor und zurück, während sie dem Paar, das hinter ihr aus dem Behandlungszimmer tritt, zum Abschied zunickt. Im Hintergrund dudelt ein Weihnachtslied, dabei ist heute schon der zweite Januar. Das Paar – er Surfbuddy mit Basecap, sie strahlende Yoga-Augen, winziger Bauch – winkt uns im Vorbeigehen zu. Die Ärztin bleibt einen Moment von uns abgewandt stehen. Ich spüre, wie fertig sie ist. Dann dreht sie sich her.

„Hello, Tommy Tuwhare and Rosmarie?“

„Schweiger.“

Ihr von Zähnen gerahmtes Lächeln macht kurz Pause, dann setzt sie umso freundlicher an: „Happy new year to the three of you.“

„Happy new year to you too,“ sagt Tommy.

„Please follow me“, sagt die Ärztin und tritt vor uns ins Behandlungszimmer.

Beim Blick auf ihren fettigen Haaransatz bekomme ich Gänsehaut. Wahrscheinlich liegt es an der aufgedrehten Klimaanlage. Ich greife nach Tommys Hand. 

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Wir stehen im Halbkreis um den Flachsbusch herum, zwei junge Französinnen, Kristin, ich und in der Mitte Heather, unsere Lehrerin. Die Nachmittagssonne knallt  herunter und überzieht das Gestrüpp vor uns mit einem mattweißen Film. Wir sind hier, um die Grundtechniken des Harakeke² zu lernen, des traditionellen Flechtens der Maori. Es war Kristins Idee, aber ich bin nicht komplett dagegen. Besser als daheim in der Badewanne sinnlos vor mich hinzuschrumpeln.

Die Flachsblätter ragen als biegsame Lanzen in die Höhe. Manche sind geknickt wie Strohhalme. Ich schaue zu Heather hinüber. Alles an ihr wirkt dunkel, großporig, fleischig. Ihre Beine in den Shorts, die Schultern im grellgelben Tank Top, die knollige Nase. Der Pounamu³ um ihren Hals ist groß wie ein Faustkeil. Heathers Locken bauschen sich unter einem geflochtenen Haarband. Ihre Finger sind flink wie Tentakeln. Sie wandern die Blätter entlang, scheinen Längen zu messen, Breiten zu erfühlen. Heather nickt, dann bückt sie sich, setzt andeutungsweise die Klinge ihres sichelförmigen Sägemessers an und nimmt mit jeder von uns Blickkontakt auf.

„To harvest Harakeke you need strong arms.“

Keine von uns hat Arme wie Heather, aber es wird schon irgendwie gehen.

„And something else: Are any one of you ladies having your moon-days?“

Die Französinnen werfen einander entrüstete Blicke zu. Kristin schüttelt den Kopf. Ich mach es ihr rasch nach.

„It’s just: Girls who are having their period are not allowed to cut Harakeke. It’s tapu4.“

Die Augen der Französinnen weiten sich. Heather wirft ihnen einen ernsten Blick zu.

„So you two girls don’t bleed either, ey?“

Sie winden sich noch ein bisschen, schütteln dann aber auch ihre Köpfe.

„Okay then, let’s get started. Just watch my movements, then take the knife and copy me. But before we start, I want everybody to silently thank the plant“, sagt Heather.

Sie murmelt ein paar Sätze auf Tereo5. Dann beginnt sie zu sägen.

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„There’s nothing in here about former scans for baby?“ sagt die Ärztin und schaut mit hochgezogenen Brauen vom Mutterschaftsheft auf, erst zu Tommy, dann zu mir.

„Rosi is from Austria“, springt Tommy mir bei. „She’s been here for just a few months and didn’t get medical treatment on her tourist visa. We got clearance on the 23rd, so we made the appointment for today.“

„I see“ sagt die Ärztin. „A little Christmas present from our New Zealand government“, und fletscht wieder die Zähne.

„How do you feel, Rosi? Your’e at thirteen weeks I guess?“

„Fourteen weeks. I feel good. Just tired, but the sickness is gone.“

Die Ärztin sagt etwas, das ich nicht verstehe, und deutet mir, mich hinzulegen. Sie zieht mein Kleid hoch und schmiert kaltes Gel auf meinen Bauch. Dann klappt sie einen Screen in meine Richtung.

„You guys must be really excited to see baby for the first time.“

Wir nicken. Die Ärztin lächelt. Dann fährt sie mit einem grauen Joystick über meinen Bauch. Tommys Hand ist vor Aufregung feucht. Er lächelt mir zu, dann sehe ich sein schönes, ernstes, auf den Bildschirm gerichtetes Profil, konzentriert wie bei einer Sportübertragung.

„Your baby must be hiding very well“, sagt die Ärztin, während sie auf meinem Bauch Pirouetten dreht. Plötzlich bekommen ihre Bewegungen eine Unwucht. Sie nimmt das Gerät von der Haut, setzt es wieder an. Macht ein paar Fahrer, hört wieder auf. Kommentarlos klappt sie den Bildschirm von mir weg und zieht nun ganz langsam und mit zusammengepressten Lippen Kreise um meinen Bauchnabel.

„Not sure… Not sure, what that actually…“

Dann bricht ihre Stimme und die Bewegung erstarrt.

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„Look at the plant. See those tiny leaves in the middle? That’s what we call the baby. It’s protected by its father on the right and its mother on the left side. Cutting Harakeke you’ll always go for the grandparent-leaves and let alone the parents and the baby. If you regularily cut the elders you’ll get a beautiful, healthy plant.“

Heather lacht, dann wird sie ernst.

„Here, Rosy! Have a go!“

Ich knie mich unter den Strauch und beginne von außen nach innen Blätter abzusägen. Eine Spinne seilt sich vom Blatt auf meine Hand. Ich schüttle sie ab und setze die Klinge neu an. Es dauert ein paar Sekunden bis ein Blatt durchgesägt ist. Dann fällt es schwer und lang zu Boden.

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Die Ärztin fängt sich wieder, doch einen Augenblick lang sehe ich deutlich ihr Entsetzen. Tommys Augen sind unbewegt auf den Bildschirm gerichtet. Die Ärztin deutet mit spitzen Fingern auf etwas, setzt zu sprechen an, zögert. Schließlich sagt sie es doch: „I haven’t seen this in a long time.“

Ich hebe den Kopf und stemme den Oberkörper hoch, um Sicht auf den Bildschirm zu bekommen. Was ich sehe, ergibt keinen Sinn. Das da auf dem Monitor sieht nicht aus wie ein Baby. Es sieht wie aus ein aufgequollenes Gummibärchen, das in einer engen Wasserhülle schwimmt.

„Very rare“, sagt die Ärztin nach langem Schweigen. Dann entschuldigt sie sich. Mir schießen Tränen in die Augen. Ich höre Tommy und die Ärztin reden. Schnell und hektisch und besorgt. Immer wieder höre ich, englisch ausgesprochen, die Worte Hydrops fetalis.

„Hydrops fetalis“, sagt die Ärztin wieder. Und ich kann nicht anders als denken, dass die Sau sich nicht mal die Haare gewaschen hat, bevor sie mir diese Scheiße antut.

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Jede von uns braucht zehn Blätter des Hakareke-Buschs für unser erstes Werkstück. Wir schleppen die Blätter auf eine große, geflochtene Matte, die Heather auf dem Rasen vor ihrem Häuschen ausgebreitet hat. Ein alter, dunkler Mann in einer ausgebeulten Jeans trägt unter jedem Arm einen blau-weiß gestreiften Sonnenschirm aus dem Schuppen zu uns herüber. Auf seinen Wangen prangen in grünlichen Spiralen Tā moko7, dünn tätowierte Linien.

„Say Hi to my pupils, Nathan, you old fart“, lacht Heather.

Nathan hebt die Hand, spreizt die Finger, bleckt die Zähne und sagt: „Hi folks!“

Während er die Sonnenschirme in die Ständer hievt, kommt ein etwa siebenjähriger Junge mit wippendem Haarschopf aus dem Haus gelaufen, ein Tablett mit fünf Saftgläsern in Händen.

„Thanks Mokupuna6“, sagt Heather lächelnd, als er bei ihr ankommt, und nimmt sich ein Glas.

„This is my grandson Witi. He’s a good boy. Help yourself!“

Ich nehme mir ein Glas, bedanke mich mit einem Nicken bei Witi und Heather und nehme einen Schluck. Kaum hat Kristin sich das letzte Saftglas genommen, rennt der Bub wortlos mit dem leeren Tablett ins Haus zurück, während der alte Mann noch ein paar Augenblicke um uns herum flattert und die Schirme aufspannt. Dann verschwindet auch er wortlos im Schuppen neben dem Haus.

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Auf der Rückfahrt brennt die Sonne durch die Windschutzscheibe. Ich habe gelesen, dass man in Neuseeland sogar durch Fensterglas einen Sonnenbrand bekommen kann. Wir treffen hier ständig Leute mit Sonnenbrand. Viele der Älteren haben Hautkrebs. Irgendwann bricht es aus mir heraus: „What are we going to do now?“

Ich sehe den Horror in Tommys Augen. Erst jetzt, schießt es mir durch den Kopf, lernen wir uns kennen. Und Tommy ist einer, der den Schmerz einfach verschluckt.

„Further examinations“, sagt er nach einer langen Pause. Dann biegt er in den schmalen Weg zur Selbstbedienungstankstelle ein, steigt aus und bleibt ein paar Herzschläge lang wie ausgeknipst neben der Tanksäule stehen. Während der Schlauch Benzin in Tommys Auto pumpt, schaue ich auf einen kreisrunden Vogelschiss auf der Windschutzscheibe.

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Heather zeigt uns wie wir die Blätter knicken müssen, damit wir gleich große Hälften bekommen. Dann reißen wir unter ihrer Anleitung Flachsstreifen ab. Sie dreht sich eine Zigarette und lässt genüsslich ein paar Minuten verrauchen, während wir uns mit dem Flachs abmühen. Ich brauche ewig, bis ich die Blätter zu zwanzig, zirka gleich dicken Streifen verarbeitet habe. Als wir fertig sind, nimmt Heather die stumpfe Seite ihrer Sichel und zieht die Unterseite des dünnen Streifens kraftvoll drüber: „It’s a bit like wrapping up your christmas presents. Remember? You hold the strip on one side and pull it over the edge to get the juices out and make our strips soft and bendy.“

Ich halte den Flachsstreifen in der einen Hand und ziehe ihn über die Klinge. Hellgrüner Saft dringt aus den Poren.

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„Tu dir das nicht an“, sagt meine Mutter am Telefon, als ich ihr erzähle, dass ich warten will, wie sich mein Baby im Bauch entwickelt.

„Tu dir das bitte nicht an“, sagt sie noch einmal und stößt einen endlosen Seufzer aus. Dann erzählt sie von ihren Schwangerschaften. Sie rückt mit Geheimnissen raus. Überhaupt rücken die Frauen in meiner Umgebung plötzlich alle mit Geheimnissen raus. Hinter der Welt, die ich kenne, mit ihren Gesetzmäßigkeiten und Regeln, schält sich eine zweite heraus: schleimig, stinkend und monströs. Eine Welt, in der Frauen einander traurige Geschichten zuflüstern, die der offiziellen Welt nicht zumutbar sind. Ich will das Fenster aufreißen und rausschreien, was mit mir ist. Ich will die offizielle Welt, die Welt der Regeln und Gesetze, mit meinem stinkenden Schleim überziehen. Ich will, dass sich die Welten begegnen. Auf dem Flachsbusch vor dem Fenster sitzt ein Tui und lässt sein stranges Gezwitscher hören, diesen typisch neuseeländischen Synthesizer-Sound. Dann höre ich den Rasenmäher. Unser Nachbar hier, ein pensionierter Busfahrer, der uns immer mal wieder eine Gurke aus seinem Garten vor die Haustür legt, fährt seinen Mähtruck aus der Garage. Er winkt. Hier winken immer alle so freundlich. Wo stecken die nur ihre Leichen hin? Ihre Totgeburten? Ich versuche ein Lächeln, hebe den Arm. Dann gehe ich zur Couch zurück, ohne den Nachbarn und seine Welt aus Regeln und Gesetzen mit meinen Geschrei zu verstören, das von ganz unten kommt, aus dem Erdkern zwischen meinen Beinen. Stattdessen mache ich Youtube an und singe leise mit.

It must be that old evil spirit /
So deep down in the ground /
You may bury my body /
Down by the highway side/
You may bury my body/
Down by the highway side.

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Wir sind bei Tommys Familie zum Essen. Von allen Seiten wird mir Fleisch und geröstete Kumara8 auf den Teller gelegt. Wir erzählen nichts von den Untersuchungen. Tommys Mutter soll sich nicht unnötig aufregen. Sie hat ein leichten Herzinfarkt hinter sich und wälzt sich auch so schon im Schlaf hin und her. Der Termin in Auckland ist in drei Tagen. Ich weiß den ganzen Abend nicht, was ich sagen soll und stopfe Unmengen an Fleisch und Kumara in mich hinein. Der Großteil der Leute, denen ich hier begegne, hat mittleres bis schweres Übergewicht. Niemand, der es nicht weiß, bemerkt, dass ich schwanger bin. Stattdessen loben alle meine schlanke Figur.

Tommy hat seine eigene Strategie mit dem Ganzen fertig zu werden. Er redet nur das Nötigste und spielt in jeder freien Minute Minecraft auf dem Tablet. Das ist das Spiel, bei dem man alles Mögliche aus würfelförmigen Blöcken bauen kann. Übers Wochenende hat er eine riesige, goldene Pyramide gebaut. Im Inneren soll eine Krypta entstehen, wo er, falls unser Baby stirbt, eine Gedenktafel anbringen will. Ich weiß nicht warum, aber neben der Pyramide hat Tommy eine Gartenanlage mit einem großen Spielplatz gebaut.

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Das Krankenhaus von Auckland ist riesig. Es dauert fast eine Viertelstunde bis wir im richtigen Stock vor dem richtigen Behandlungsraum stehen. Bei der Untersuchung, zu der wir gehen, wird ein stricknadeldickes Werkzeug durch die Bauchdecke der Patientin gestoßen. Ich hab es mir vorher im Internet angeschaut. Es besteht eine zwei bis vierprozentige Chance, dass der Fötus beim Eingriff verletzt wird oder stirbt. Wir müssen vorher unterschreiben, dass wir dieses Risiko eingehen. Wir diskutieren lange, unterschreiben dann aber doch. Während wir warten, spielt Tommy Minecraft auf dem Tablet. Ich schaue ihm zu, wie er Blöcke hin und her schiebt, zerstört und wieder neu anordnet. Als er meinen Gesichtsausdruck sieht, macht er das Tablet aus und nimmt mich in den Arm.

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„Are you alright?“ Heather schnippt die Finger vor meinen Augen. Ich nicke und starre erst auf ihren abstehenden, grünverfärbten Daumen, dann auf die beiden Flachsbänder, die sie in der anderen Hand hält.

„If you want to weave a basket, just looking at what other people do, doesn’t help. Your body must learn the movements.“

Ich nicke und lege die beiden Bänder so nebeneinander, wie sie es mir gezeigt hat. Dann beginne ich zu flechten. Ich knicke ein Blatt um und schiebe ein zweites darunter. Ich lege ein Drittes daneben und webe es unter die anderen. Und immer so weiter, eins nach dem anderen, gewinnt das Körbchen an Tiefe und Raum.

Während wir die einzelnen Stränge verweben, erzählt Heather uns alte Maori-Legenden. Es wirkt, als wären die Geschichten Teil des Programms, das sie bei jedem ihrer Workshops abspult, aber interessant es ist trotzdem. Ich erzähle nicht, dass ich keine echte Touristin bin und viele der Geschichte von Tommy kenne. Ich höre einfach zu und flechte. Hauptfigur der Sagen ist Māui te tikitiki a Taranga, einer der Söhne von Ranginui und Papatūānuku, Vater Himmel und Mutter Erde. Heather erzählt die Geschichte, wie Māui die Sonne mit einem Seil gezähmt und die beiden Hauptinseln Neuseelands mit dem magischen Backenknochen seiner Großmutter an Land gezogen hat

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„I’m not a breeder“, hat Tommy ganz am Anfang unserer Beziehung einmal gesagt. Für mich war das in Ordnung. Die Vorstellung, selbst Mutter zu werden, fand ich bis Anfang Dreißig absurd. Ich wollte studieren, reisen, Politik machen. Doch wenige Tage nachdem Tommy mich in Auckland vom Flieger abgeholt hat, ist mir nach dem Yoga schwindlig geworden. Dann haben die Brüste begonnen, so komisch zu spannen. Zwei Wochen lang dachte ich noch, es läge am Jetlag. Dann hab ich doch einen Test gemacht. Und als ich Tommy die beiden Striche drauf gezeigt hab, konnte ich an seinem Gesicht ablesen, dass er doch ein Breeder ist.

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„Māui has not just fished up New Zealand. He also tried to conquer death“, sagt Heather und richtet ihr Werkstück auf dem Schoß neu aus. Dann erzählt sie, wie er nach vielen anderen Heldentaten Hine nui te Po, die Göttin der Nacht und des Todes bezwingen wollte. Seine Freunde, die Vögel des Waldes, begleiteten ihn. Als sie bei der Göttin ankamen, schlief sie tief und fest. Māuis Plan war es, den Geburtsvorgang umzukehren, durch die Vagina in den Körper der Göttin einzudringen und sich einen Weg bis zum Mund hinauf zu bahnen, sie zu töten und den Tod so zu besiegen. Er bat die Vögel, still zu sein, um die Göttin nicht zu wecken und kroch langsam in ihre Vagina. Alle Vögel waren still, nur einer, der Fantail, konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Da machte die Göttin die Augen auf, presste erschrocken die Schenkel zusammen und zerquetschte Māui.

„This is the reason why humans are mortal“, sagt Heather und knüpft eine letzte Reihe Flachsstränge zusammen.

„And it’s also the reason why in Tereo we call the vagina ‚Whare o Aitua or Whare o Mate‘, house of misfortune and disaster.“

Sie bricht in ein schallendes Lachen aus, das nur langsam verebbt. Dann schaut sie uns herausfordernd an: „Now ladies, I’ll show you how to finish your baskets.“

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Ich träume, die Abtreibungsärztin ist eine hünenhafte Fa’afafine9 mit Knoten auf dem Hinterkopf und Blume im Haar. Unterm weißen Kittel trägt sie ein Abendkleid. Während wir über die Diagnose reden, hält sie meine Hand. Erst jetzt wird mir klar, wie sehr ich mich schäme, dass mein Körper seine Kraft und Liebe in den Versuch investiert, ein nicht lebensfähiges Wesen herzustellen. Und dass ich dieses kaputte Ding trotzdem schon liebe. Die Ärztin erzählt von ihrer Kindheit als Junge in Samoa, vom Rugbyspielen und den Ringkämpfen, an denen sie teilnehmen musste, um den Vater nicht zu enttäuschen. Und vom Mut, sich schließlich zu erlauben, sie selbst zu sein. Im Moment bevor ich aufwache, sehe ich ihre rotgeschminkten Lippen in Großaufnahme vor mir. Sie flüstert mir mit tiefer Stimme ins Ohr: „If you fuck up a cake, you bake another one.“

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Nachdem unsere Körbchen geflochten sind, sitzen wir noch eine Weile auf der ausgebreiteten Matte um Heather herum, nippen an den Saftgläsern und hören zu, während sie erzählt, wie sie vor einem halben Leben von ihrer Großmutter das Flechten gelernt hat. Die anderen beratschlagen, wofür sie ihre Körbchen verwenden und was sie darin aufbewahren wollen. Ich kann nicht sagen, wofür ich meines brauche, aber ich bin zufrieden. Mein Körbchen ist schön. Hinter den Harakeke-Büschen beginnt es zu dämmern, rosa Wolkenschwaden treiben über den Himmel. ‚Die Engel backen Kuchen‘, hat meine Mutter mir als Kind beim Blick auf das Abendrot erklärt. Irgendwann stehe ich auf, gebe Heather die zwanzig Dollar und verabschiede mich.

„Take care, Sweetheart“, sagt sie und steckt den Geldschein in die Hosentasche.

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Auf dem Spielplatz an der Taupiri Avenue spielen noch ein paar Kinder. Ich bleibe etwas entfernt an einem der großen Pohutukawa10 Bäume stehen und schaue ihnen zu. Zwei Buben im Vorschulalter turnen auf den Geräten herum, ein dickes, blondes Mädchen schaukelt. In der Ferne ragen Palmen auf wie Staubwedel, durch die der Wind fährt. Zwei Häuserzeilen, dahinter ist schon das Meer. Es brandet direkt an mein Ohr. Plötzlich kommt aus einem der Häuser, im Halbdunkel, ein kleiner weißer Hund gelaufen. Er springt auf das Mädchen zu, lässt sich von ihr streicheln, wirft sich auf den Boden vor der Schaukel. ‚Tu dir das nicht an‘, höre ich meine Mutter sagen. Ich stelle sie mir vor, wie sie mit in Sorgenfalten gelegter Stirn in unserer vertäfelten Tiroler Stube steht, auf der anderen Seite der Erdkugel, und sich das graue Telefonkabel, ohne es zu merken, um den Arm wickelt. Im Kachelofen ein Feuer. Vor dem Haus zwei Meter Schnee. ‚Tu dir das nicht an.‘

<> 

Am nächsten Morgen fahren wir ins Krankenhaus. Die Tablette, die ich vor dem Einschlafen genommen hab, scheint zu wirken. Ich weine nicht, spüre nur eine Leere in mir, Vorbotin der noch größeren Leere, die mir bevorsteht. Das geflochtene Körbchen liegt auf meinem Schoß, so feierlich, als läge unser totes Baby schon darin.

„I told you a few legends about Māui“, sagt Tommy in die Stille hinein und deutet mit der Hand, die nicht am Lenker liegt, auf das Körbchen.

„Yeah.“

„But did I tell you how he was born?“

Ich schüttle den Kopf. Zum ersten Mal seit Wochen sehe ich Tommy lächeln.

„When Taranga, Māuis mother, gave birth, she thought Māui was dead. She thought her son was stillborn. So she cut off her hair, wrapped it around him and gave his body to the sea.“


Sprecherin: Verena Schmidt
Regie: Lukas Münich
Schnitt: Andii M. Weber

Glossar:

1 Karakia (Gebet) vor dem Flechten von Harakeke. Der Karakia ist eine Anrufung der Harakeke-Pflanze, ein Lob ihrer Eigenschaften & ein Dank dafür, dass sie ihre Blätter gibt. Karakia werden traditionell nicht wörtlich übersetzt.

² Harakeke: Neuseelandflachs

³ Pounamu: dunkelgrüner Stein, der als Anhänger um den Hals getragen wird (Maorijade)

4 Tapu: Tabu, etwas Heiliges

5 Tereo: Sprache der Maori

6 Mokupuna: Kind/Sohn

7 Tā moko: traditionelle Tätowierung der Maori

8 Kumara: weißliche Süßkartoffel der Maori

9 Fa’afafine: eine Person, die sich der Einteilung in zwei Geschlechter entzieht (körperlich werden Fa’afafine meist als „männlich“ gelesen, sozial aber als „weiblich“)

10 Pōhutukawa: Baumart mit schönen, roten Blüten (Eisenholzbaum)

Zeha Schmidtke: Wohnungstausch


Ein Hausflur. Die Tür zu einer Wohnung öffnet sich knarzend.
Aus der Wohnung: Schlager der 50er. Rocky schafft seinen
schweren Körper aus der Bude. Er ist in schlechter
Verfassung, grunzt und brummt vor sich hin.


ROCKY
Boah – was hab ich denn da für Mucke laufen?
Kommt die denn her? Egal. Meine Fresse, hab
ich einen Schädel. Wo ist denn hier der
Lichtschalter?

Er macht das Flurlicht an und schlurft durch den Flut.

Wollen wir mal gucken, wie es Oma Kowalski
geht. Die hat sich ja gestern auch gut einen
genommen, die alte Fregatte!

Er klingelt an einer zweiten Haustür.

Hoffentlich ist sie schon wach…

Die Tür öffnet sich. Aus dem Wohnungsinneren: Death
Metal.


Na, Oma Kowalski!

OMA
Joi! Junge, Du bist das! Haste schön
ausgeschlafen, Junge?

ROCKY
Sag mal – was hörst denn Du da für Musik,
Oma Kowalski?

OMA
Ich weiß auch nicht. Ich hab heute Morgen das
Radio angemacht, wie immer. Da kam das.

ROCKY
Und was hast denn du da an, Oma? Was ist
denn das für eine Lederkutte?

OMA
Ist ein bisschen zu groß, nicht?

ROCKY
Das ist meine Lederkutte, Oma Kowalsky.

OMA
Ist ein bisschen zu groß, nicht?

ROCKY
Das ist meine Lederkutte, Oma Kowalsky.

OMA
Dafür leierst Du gerade meinen Morgenmantel
aus, Junge. Du siehst ja aus. Wie eine
Riesenwurst mit rosa Blümchen.

ROCKY
Sag mal – kann das sein, dass wir gestern so
voll waren, dass wir unsere Wohnungen
vertauscht haben?

OMA
Ich trink nie mehr Eierlikör auf Wodka.

ROCKY
Hast Du beim letzten Mal aber auch schon
gesagt, Oma.

OMA
Pass auf, mein Junge: Die Oma muß noch ein
bisschen schlafen. Und du gehst auch noch ein
bisschen schlafen. Und nachher komm ich
rüber. Und dann tauschen wir die Wohnungen
wieder zurück.

ROCKY
So machen wir das, Oma Kowalsky. Du bist die
Beste.


Ende.

Michael Schmidt: Wuiser und die Legenden

„Also, ich weiß nicht. Diese Heiligen, das sind schon lauter seltsame Leut. Kennen Sie einen Heiligen? Ich meine, persönlich? Nein? Dumme Frage auch von mir. Weil Heilige, denen sieht man’s zu Lebzeiten auch gar nicht an, dass sie welche sind. Die werden ja erst dann heiliggesprochen, wenn sie schon lang tot sind. Trotzdem denk ich mir, kann’s ja sein, dass man schon mal einem begegnet ist, hier im Bus herinnen oder in der Sauna oder im Wirtshaus und so weiter. Anmerken tut man es ihnen halt nicht unmittelbar. Und einen Heiligenschein, den kriegen sie auch erst nachher. Als Voraussetzung, dass man ein Heiliger werden kann, muss man ja erst einmal ein paar Wunder gewirkt haben. Nachweislich! So wie der Herr Hämmlein zum Beispiel. Der studiert mittlerweile schon seit 26 Semester, und trotzdem studiert er allweil noch und kommt darum auch immer wieder dem Arbeitsamt aus. Dass der das überhaupt schafft, ist für uns alle ein Rätsel. Und dass er in seinem Alter dann auch noch fünf Nächte pro Woche durchmachen kann, grenzt schon an ein Wunder. Dass der das überhaupt so aushält, mein ich! Ist ja nicht normal. Schon fast übermenschlich! Nach 23 Semester allweil noch studieren, das ist ja schon extrem, aber nach 26! Also, wenn dem das nicht mal als ein Wunder ausgelegt wird, würd mich das tatsächlich wundern. Ein anderes Wunder, von dem auch eine Legende umgeht, ist das von dem einen Vorfahr da vom Professor Wuiser. Dem ist eines Tags einmal ein Zweig aus dem Hirn gewachsen. Wie von einem Zwetschgenbaum so einer. Ja! Tatsache! Kommt in der Früh so auf und denkt sich: Mensch, was hab ich denn da am Hirn oben! Hab ich mich da gestern im Rausch etwa noch wo angerannt? Nein, weil wie er da dann so abtastet, stellt sich heraus, dass da ein Zwetschgenzweig aus seinem Hirn rauskommt. Der hat dann natürlich gleich die volle Panik gekriegt, aber mit der Zeit kann man sich ja bekanntlich an alles gewöhnen. Noch dazu, weil ihm der Pfarrer gesagt hat, dass das halt ein Wunder ist und für Wunder nichts Seltenes, dass einem da oder dort wo was rauswächst, mit dem man gar nicht gerechnet hat. Und der Vorfahr vom Herrn Wuiser hat dann halt damit gelebt. Hat recht bald sogar die Vorteile da gesehen und von den Leuten Geld bekommen, damit sie ihn sehen und dieses Wunder anbeten dürfen. Und wie der Zwetschgenzweig auch noch getragen hat, hat er daraus einen Schnaps gemacht und auch den verkauft. Ist reich geworden damit! Und darum geht noch heut die Legende vom Wunder-Wuiser um. Nur der Professor Wuiser selbst, der winkt nur immer wieder ab, wenn wir drauf zu sprechen kommen. Der glaubt nicht an das Zeug, sagt er immer wieder. Außerdem glaubt der eh gar nichts. Der glaubt ja nicht einmal, dass der Herrgott damals barfuß übers Wasser gegangen ist.“

Sabrina Marzell: Der Schmacht


Eine Unterhaltung bei Nacht


N Ohne Rede ohne Antwort.
A Gäbe keine. Weder das Eine noch das Andere.
Was wolltest du?
N Was ich immer will.
A Aha, was du immer willst.
N Ja, was ich immer will.
A Verstehe.
N Ich dich doch auch. Auf Ruhland war ́s schön.
A Ja, gutes Abendprogramm und gute Aussicht.
Meistens bin ich gefahren.
N Ja, wir wissen ja beide warum, prost!
Du gefällst mir so. Deine Haltlosigkeit.
A Mir gefällt deine Unbeugsamkeit!
N Du warst nicht folgenlos.
A Das tut mir leid für dich!
N Soll ́s nich ́
Zigarette?
A Immer gerne.

Sabrina Marzell: Das Ich über sich


Ein Selbstgespräch


1 Kennst du mich?
2 Ja, inzwischen kenne ich dich.
Ich habe es geschafft und dich
zu meiner Seelenverwandten gemacht!
1 Und mag ich dich?
2 Inzwischen magst du mich.
1 Du hast immer gedacht
ich mag dich nicht. Doch es hat sich herausgestellt:
Ich liebe dich und du liebst mich!
2 Du bist eine wahre Existentialistin.
1 Deine Wahrheit ist: Du bist eine wahre Narzisstin und gießt
in deinem Garten Gertrude Steins Rosen.
2 Streite dich! Doch ohne mich würdest du nicht sein.

Welt ohne Gesicht

Spätnachmittag, ein spärlich besuchtes Cafè. Ein Gast kommt von der Toilette zurück, setzt sich auf seinen Platz und bedankt sich mit einem freundlichen Nicken bei dem Menschen am Nebentisch.  

gast

So. Danke. Bin wieder da.

Er greift zu seiner Tasche. Der Mensch am Nebentisch schlägt ihm geschwinde auf die Finger. 

aufpasser

Finger weg von der Tasche!

gast

Wie bitte? 

aufpasser

Der Besitzer hat mich gebeten, auf die Tasche aufzupassen, bis er wieder da ist. Er hat wohl mit solchen Langfingern wie Ihnen gerechnet! 

gast

Ich war das! Ich habe Sie gebeten.

aufpasser

Ihr Gesicht ist mir unbekannt.

gast

Mein Gott! Ich war doch gerade mal drei Minuten auf dem Klo!  

aufpasser

Sie stehlen also nicht nur fremde Taschen. Sie machen sich auch noch über meine Krankheit lustig.

gast

Welche Krankheit bitte?

aufpasser

Prosopagnosie natürlich. Laien sagen Gesichtsblindheit dazu. Ich bin unfähig, die Teile eines Gesichtes zu einem wiedererkennbaren Gesamtbild zusammenzufügen.

gast

So was gibt es doch gar nicht. 

aufpasser

Nur weil Ihnen Allgemeinbildung fehlt, leide ich nicht weniger darunter. Wissen Sie, wie das ist, sich sein ganzes Leben kein einziges Gesicht merken zu können? Weder Ihres noch das eines geliebten Menschen? Wissen Sie, wie das ist? WISSEN SIE DAS?

gast

Warum haben Sie mir das denn nicht vorher gesagt?  

aufpasser

Können Sie sich vielleicht vorstellen, dass ich nicht dauernd über meine Krankheit reden will? – Finger weg von der Tasche!

Er schlägt dem Gast wieder auf die Finger. 

gast

Das gibt es doch nicht! Wir haben doch jetzt gerade geklärt, warum sie mich nicht wiedererkennen.

aufpasser

Wir haben geklärt, dass Sie der Besitzer der Tasche sein KÖNNTEN. Nicht, dass Sie es auf jeden Fall sind.

gast

Natürlich bin ich es!

aufpasser

Oder ein besonders dreister Dieb! Es tut mir leid. Aber es ist ja wohl nicht allein meine Schuld, dass ich Sie nicht wiedererkenne. 

gast

Ja, meine vielleicht, oder was? 

aufpasser

Wessen denn sonst? Normalerweise orientiere ich mich immer an Auffälligkeiten, um jemanden wiederzuerkennen. Ein Tick, ein Kleidungsstück, eine Körperhaltung. Aber Sie sind so was von durchschnittlich. An Ihnen ist ja nichts Wiedererkennbares! Aus prosopagnostischer Sicht sind Sie behindertenfeindlich!  

gast

Sie haben doch einen an der Klatsche!

aufpasser

Ich bin nicht verrückt, ich leide lediglich an einer unheilbaren Krankheit. Das ist ein Unterschied. Auch wenn Ihnen dafür die Sensibilität fehlt. Auch wenn Sie Menschen wie mich am liebsten entmündigen würde! Und wegsperren! Und noch Schlimmeres!

gast

Am liebsten hätte ich meine Tasche. Soll ich Ihnen beschrieben, was drin ist?

aufpasser

Das könnten Zufallstreffer sein. Man hat mir diese Tasche anvertraut. Ich nehme diese Verantwortung ernst. 

gast

Doch wohl etwas zu ernst!

aufpasser

Wissen Sie, wohin wir kommen würden, wenn sich der eine nicht mehr auf den anderen verlassen kann? Wissen Sie, wohin wir dann kommen? (düster) Das wäre kein guter Ort.

gast

Also der Tisch neben Ihnen. 

aufpasser

Ist das wieder einer Ihrer Behindertenwitze? 

gast

Ich mache keine…egal. Wie klären wir das jetzt?

aufpasser

Wir müssen wohl warten, bis alle anderen gegangen sind. Wenn kein anderer die Tasche mitnehmen will – und es findet sich auch kein lebloser Körper auf der Toilette, wer weiß, wie weit Sie bei Ihrem Taschendiebstahl gehen – dann muß es wohl doch Ihre sein.

gast

Das sind ja noch fast acht Stunden!

aufpasser

Wenn Sie wirklich im Recht sind, wird die Zeit wie im Flug vergehen.

gast

Na prima. Dann hol ich mir mal was zum Lesen.

Der Gast holt sich eine Zeitung und will sich wieder setzen.

aufpasser

Na! Da sitzt schon jemand! 

Ende.

Zeha Schmidtke – Unkenrufe

Nachts in der Gartenkolonie. Grillen zirpen. Ein paar wirklich laute Unken dominieren die Stimmung. Ein später Spaziergänger wird auf seinem Gang durch die Gemeinde von einem Nachbarn angesprochen.

nachbar

Nabend.

spaziergänger

Guten Abend.

nachbar

Na? Können Sie auch nicht schlafen bei dem Lärm, ne? Wissen Sie, was das ist? Wissen Sie, was das ist? Das ist vom Nachbarn hier.

spaziergänger

Ach.

nachbar

Ich sag immer: Gartenteich ist ne schöne Sache. Gartenteich haben wir alle. Aber das reicht dem Nachbarn ja nicht, er muß ja immer ne Extrawurst haben. „Gartenteich haben sie alle“, hat er sich wahrscheinlich gedacht: „Ich brauch was spezielles.“ Manche ticken ja so.

spaziergänger

Ja, ja.

nachbar

Er brauchte was Exklusives. Diese fetten Frösche. Aus dem Import. Solche Kawenzmänner sind das! Und das geht jetzt hier die ganze Nacht.

spaziergänger

Ach, so.

nachbar

Tun Sie mir doch mal einen Gefallen. Ich hab bisschen Probleme mit den Gelenken. Können Sie mal hier…einmal hier kurz drücken.

spaziergänger

Hier?

nachbar

Ja, ja.

Der Spaziergänger drückt auf den Knopf. Eine Explosion zerreißt die Nacht. Die Unken unken nicht mehr.

Der Nachbar lacht sich kaputt.

nachbar

Da fliegen sie! Die fetten Frösche!

Der Froschgarten brennt. Ein paar Planken fallen zu Boden.

nachbar

Jetzt sind sie ruhig. Die haben Sie wirklich sauber ruhig gekriegt.

Aus der Ferne: herannahende Sirenen: Polizei und Feuerwehr.

spaziergänger

Wieso ich?

nachbar

Ich muss dann mal los. Ihnen alles Gute!

Die Sirenen kommen näher.

Ende.

Arne Zank: Die Vögel fliegen hoch

Teil 1: Bank

Teil 2: Krabben

Teil 3: Dr. Zank

Teil 4: Geld

Teil 5: Schnell essen

Teil 6: Dr. Zank II


Hörspielskript, Regie, Schnitt: Lukas Münich
Mastering: Bernd Pflaum

Sprecher*innen:
Vogel 1: Timo Möller
Vogel 2: Luca Rihm
Cousinvogel/Polizistvogel: Bird Berlin
Kapitän/Wirtin/Polizei/Arzt: Philipp Kause
Krabbenlehrling Nils/Bankbeamter: Roman Bahr
Dr. Arne Zank: Anders Möhl