Mina Reischer: Das garstige Feuerrad

Oh Romeo.
Oh Romeo.
Du musst die Vene nicht sehen.
Du musst sie nur spüren.

See if the sea is still there.

I tell my fortune in the tealeaves.

All meine Last
Ich hab es selbst verschuldet
Was Du getragen hast
Schau her, hier stehe ich
Der Zorn verdienet hat
Gib mir den Anblick Deine Gnad’.

Ich will hier bei Dir stehen
Verachte mich doch nicht
Von Dir will ich nicht gehen
Wenn Dir Dein Herze bricht.

Da, wo ich wohne, sind die Berge alt.
Sie haben ihre Spitze verloren.

Was sollen wir tun?
Was sollen wir tun?

Es gibt viele Arten, seine Ansicht zu ändern.
Aber bestimmt nicht, indem man fragt: Warum?

Was soll ich jetzt tun?
Mich umdrehen und den Raum verlassen?

Licht, Sonne! Schickt ihm die Sonne!

Sonne.
Licht.

Ich bin für die Vögel, nicht für die Käfige,
in die sie von manchen gesteckt werden.

Es gibt Männer bei uns, die über Bord springen,
um einen Stern aus dem Wasser zu holen.
Das Wasser ist ein Traum.
Und der Himmel und alles, was er abends und morgens
an Sternen und Wind, Lügen und Wolken birgt,
ist nur ein Gaukelspiel,
das über die Vergänglichkeit der Zeit hinwegtäuscht.

Und der gute Fährmann setzte hinzu:
Zu wenig Zeit.
Und da wo Zeit ist, Wartezeit.

Glauben Sie das ernsthaft?

Sometimes it was my breakup, but still a waste of time.

Ich gestalte mich nicht spannend genug!
Nicht genug.
Nicht genug!

Feuer! Feuer in die Augen!
Ich möchte, dass Du endlich wieder zurückkommst.

Und dann komm ich mit einem Nagel im Auge.

Es ist ja auch schwer, einen Unfall zu erzählen.

Alsdann will ich Dich fassen
In meinem Arm und Schoss.

Reiß mich aus den Ängsten.
Reiß mich aus den Ängsten.
Reiß mich aus den Ängsten.
Reiß mich aus den Ängsten.
Reiß mich aus den Ängsten.

Du hast Recht. Es hätte nicht anders sein können.
Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie es geschah.
Wir haben die Gabe, die Dinge hässlich zu machen.
Jemand, der ganz alleine ist,
wird immer die Ecke, in der er sich befindet,
mühelos verfinstern.

Das helle Licht, es blendet Dich.

Das ist die Geschichte.

Musik: Sebastian, Szegvari, Julia Liedel,
Michael Akstaller, Mina Reischer

Gesang: Julia Laura

Zeha Schmidtke: Wohnungstausch


Ein Hausflur. Die Tür zu einer Wohnung öffnet sich knarzend.
Aus der Wohnung: Schlager der 50er. Rocky schafft seinen
schweren Körper aus der Bude. Er ist in schlechter
Verfassung, grunzt und brummt vor sich hin.


ROCKY
Boah – was hab ich denn da für Mucke laufen?
Kommt die denn her? Egal. Meine Fresse, hab
ich einen Schädel. Wo ist denn hier der
Lichtschalter?

Er macht das Flurlicht an und schlurft durch den Flut.

Wollen wir mal gucken, wie es Oma Kowalski
geht. Die hat sich ja gestern auch gut einen
genommen, die alte Fregatte!

Er klingelt an einer zweiten Haustür.

Hoffentlich ist sie schon wach…

Die Tür öffnet sich. Aus dem Wohnungsinneren: Death
Metal.


Na, Oma Kowalski!

OMA
Joi! Junge, Du bist das! Haste schön
ausgeschlafen, Junge?

ROCKY
Sag mal – was hörst denn Du da für Musik,
Oma Kowalski?

OMA
Ich weiß auch nicht. Ich hab heute Morgen das
Radio angemacht, wie immer. Da kam das.

ROCKY
Und was hast denn du da an, Oma? Was ist
denn das für eine Lederkutte?

OMA
Ist ein bisschen zu groß, nicht?

ROCKY
Das ist meine Lederkutte, Oma Kowalsky.

OMA
Ist ein bisschen zu groß, nicht?

ROCKY
Das ist meine Lederkutte, Oma Kowalsky.

OMA
Dafür leierst Du gerade meinen Morgenmantel
aus, Junge. Du siehst ja aus. Wie eine
Riesenwurst mit rosa Blümchen.

ROCKY
Sag mal – kann das sein, dass wir gestern so
voll waren, dass wir unsere Wohnungen
vertauscht haben?

OMA
Ich trink nie mehr Eierlikör auf Wodka.

ROCKY
Hast Du beim letzten Mal aber auch schon
gesagt, Oma.

OMA
Pass auf, mein Junge: Die Oma muß noch ein
bisschen schlafen. Und du gehst auch noch ein
bisschen schlafen. Und nachher komm ich
rüber. Und dann tauschen wir die Wohnungen
wieder zurück.

ROCKY
So machen wir das, Oma Kowalsky. Du bist die
Beste.


Ende.

Michael Schmidt: Wuiser und die Legenden

„Also, ich weiß nicht. Diese Heiligen, das sind schon lauter seltsame Leut. Kennen Sie einen Heiligen? Ich meine, persönlich? Nein? Dumme Frage auch von mir. Weil Heilige, denen sieht man’s zu Lebzeiten auch gar nicht an, dass sie welche sind. Die werden ja erst dann heiliggesprochen, wenn sie schon lang tot sind. Trotzdem denk ich mir, kann’s ja sein, dass man schon mal einem begegnet ist, hier im Bus herinnen oder in der Sauna oder im Wirtshaus und so weiter. Anmerken tut man es ihnen halt nicht unmittelbar. Und einen Heiligenschein, den kriegen sie auch erst nachher. Als Voraussetzung, dass man ein Heiliger werden kann, muss man ja erst einmal ein paar Wunder gewirkt haben. Nachweislich! So wie der Herr Hämmlein zum Beispiel. Der studiert mittlerweile schon seit 26 Semester, und trotzdem studiert er allweil noch und kommt darum auch immer wieder dem Arbeitsamt aus. Dass der das überhaupt schafft, ist für uns alle ein Rätsel. Und dass er in seinem Alter dann auch noch fünf Nächte pro Woche durchmachen kann, grenzt schon an ein Wunder. Dass der das überhaupt so aushält, mein ich! Ist ja nicht normal. Schon fast übermenschlich! Nach 23 Semester allweil noch studieren, das ist ja schon extrem, aber nach 26! Also, wenn dem das nicht mal als ein Wunder ausgelegt wird, würd mich das tatsächlich wundern. Ein anderes Wunder, von dem auch eine Legende umgeht, ist das von dem einen Vorfahr da vom Professor Wuiser. Dem ist eines Tags einmal ein Zweig aus dem Hirn gewachsen. Wie von einem Zwetschgenbaum so einer. Ja! Tatsache! Kommt in der Früh so auf und denkt sich: Mensch, was hab ich denn da am Hirn oben! Hab ich mich da gestern im Rausch etwa noch wo angerannt? Nein, weil wie er da dann so abtastet, stellt sich heraus, dass da ein Zwetschgenzweig aus seinem Hirn rauskommt. Der hat dann natürlich gleich die volle Panik gekriegt, aber mit der Zeit kann man sich ja bekanntlich an alles gewöhnen. Noch dazu, weil ihm der Pfarrer gesagt hat, dass das halt ein Wunder ist und für Wunder nichts Seltenes, dass einem da oder dort wo was rauswächst, mit dem man gar nicht gerechnet hat. Und der Vorfahr vom Herrn Wuiser hat dann halt damit gelebt. Hat recht bald sogar die Vorteile da gesehen und von den Leuten Geld bekommen, damit sie ihn sehen und dieses Wunder anbeten dürfen. Und wie der Zwetschgenzweig auch noch getragen hat, hat er daraus einen Schnaps gemacht und auch den verkauft. Ist reich geworden damit! Und darum geht noch heut die Legende vom Wunder-Wuiser um. Nur der Professor Wuiser selbst, der winkt nur immer wieder ab, wenn wir drauf zu sprechen kommen. Der glaubt nicht an das Zeug, sagt er immer wieder. Außerdem glaubt der eh gar nichts. Der glaubt ja nicht einmal, dass der Herrgott damals barfuß übers Wasser gegangen ist.“

Sabrina Marzell: Der Schmacht


Eine Unterhaltung bei Nacht


N Ohne Rede ohne Antwort.
A Gäbe keine. Weder das Eine noch das Andere.
Was wolltest du?
N Was ich immer will.
A Aha, was du immer willst.
N Ja, was ich immer will.
A Verstehe.
N Ich dich doch auch. Auf Ruhland war ́s schön.
A Ja, gutes Abendprogramm und gute Aussicht.
Meistens bin ich gefahren.
N Ja, wir wissen ja beide warum, prost!
Du gefällst mir so. Deine Haltlosigkeit.
A Mir gefällt deine Unbeugsamkeit!
N Du warst nicht folgenlos.
A Das tut mir leid für dich!
N Soll ́s nich ́
Zigarette?
A Immer gerne.

Sabrina Marzell: Das Ich über sich


Ein Selbstgespräch


1 Kennst du mich?
2 Ja, inzwischen kenne ich dich.
Ich habe es geschafft und dich
zu meiner Seelenverwandten gemacht!
1 Und mag ich dich?
2 Inzwischen magst du mich.
1 Du hast immer gedacht
ich mag dich nicht. Doch es hat sich herausgestellt:
Ich liebe dich und du liebst mich!
2 Du bist eine wahre Existentialistin.
1 Deine Wahrheit ist: Du bist eine wahre Narzisstin und gießt
in deinem Garten Gertrude Steins Rosen.
2 Streite dich! Doch ohne mich würdest du nicht sein.

Welt ohne Gesicht

Spätnachmittag, ein spärlich besuchtes Cafè. Ein Gast kommt von der Toilette zurück, setzt sich auf seinen Platz und bedankt sich mit einem freundlichen Nicken bei dem Menschen am Nebentisch.  

gast

So. Danke. Bin wieder da.

Er greift zu seiner Tasche. Der Mensch am Nebentisch schlägt ihm geschwinde auf die Finger. 

aufpasser

Finger weg von der Tasche!

gast

Wie bitte? 

aufpasser

Der Besitzer hat mich gebeten, auf die Tasche aufzupassen, bis er wieder da ist. Er hat wohl mit solchen Langfingern wie Ihnen gerechnet! 

gast

Ich war das! Ich habe Sie gebeten.

aufpasser

Ihr Gesicht ist mir unbekannt.

gast

Mein Gott! Ich war doch gerade mal drei Minuten auf dem Klo!  

aufpasser

Sie stehlen also nicht nur fremde Taschen. Sie machen sich auch noch über meine Krankheit lustig.

gast

Welche Krankheit bitte?

aufpasser

Prosopagnosie natürlich. Laien sagen Gesichtsblindheit dazu. Ich bin unfähig, die Teile eines Gesichtes zu einem wiedererkennbaren Gesamtbild zusammenzufügen.

gast

So was gibt es doch gar nicht. 

aufpasser

Nur weil Ihnen Allgemeinbildung fehlt, leide ich nicht weniger darunter. Wissen Sie, wie das ist, sich sein ganzes Leben kein einziges Gesicht merken zu können? Weder Ihres noch das eines geliebten Menschen? Wissen Sie, wie das ist? WISSEN SIE DAS?

gast

Warum haben Sie mir das denn nicht vorher gesagt?  

aufpasser

Können Sie sich vielleicht vorstellen, dass ich nicht dauernd über meine Krankheit reden will? – Finger weg von der Tasche!

Er schlägt dem Gast wieder auf die Finger. 

gast

Das gibt es doch nicht! Wir haben doch jetzt gerade geklärt, warum sie mich nicht wiedererkennen.

aufpasser

Wir haben geklärt, dass Sie der Besitzer der Tasche sein KÖNNTEN. Nicht, dass Sie es auf jeden Fall sind.

gast

Natürlich bin ich es!

aufpasser

Oder ein besonders dreister Dieb! Es tut mir leid. Aber es ist ja wohl nicht allein meine Schuld, dass ich Sie nicht wiedererkenne. 

gast

Ja, meine vielleicht, oder was? 

aufpasser

Wessen denn sonst? Normalerweise orientiere ich mich immer an Auffälligkeiten, um jemanden wiederzuerkennen. Ein Tick, ein Kleidungsstück, eine Körperhaltung. Aber Sie sind so was von durchschnittlich. An Ihnen ist ja nichts Wiedererkennbares! Aus prosopagnostischer Sicht sind Sie behindertenfeindlich!  

gast

Sie haben doch einen an der Klatsche!

aufpasser

Ich bin nicht verrückt, ich leide lediglich an einer unheilbaren Krankheit. Das ist ein Unterschied. Auch wenn Ihnen dafür die Sensibilität fehlt. Auch wenn Sie Menschen wie mich am liebsten entmündigen würde! Und wegsperren! Und noch Schlimmeres!

gast

Am liebsten hätte ich meine Tasche. Soll ich Ihnen beschrieben, was drin ist?

aufpasser

Das könnten Zufallstreffer sein. Man hat mir diese Tasche anvertraut. Ich nehme diese Verantwortung ernst. 

gast

Doch wohl etwas zu ernst!

aufpasser

Wissen Sie, wohin wir kommen würden, wenn sich der eine nicht mehr auf den anderen verlassen kann? Wissen Sie, wohin wir dann kommen? (düster) Das wäre kein guter Ort.

gast

Also der Tisch neben Ihnen. 

aufpasser

Ist das wieder einer Ihrer Behindertenwitze? 

gast

Ich mache keine…egal. Wie klären wir das jetzt?

aufpasser

Wir müssen wohl warten, bis alle anderen gegangen sind. Wenn kein anderer die Tasche mitnehmen will – und es findet sich auch kein lebloser Körper auf der Toilette, wer weiß, wie weit Sie bei Ihrem Taschendiebstahl gehen – dann muß es wohl doch Ihre sein.

gast

Das sind ja noch fast acht Stunden!

aufpasser

Wenn Sie wirklich im Recht sind, wird die Zeit wie im Flug vergehen.

gast

Na prima. Dann hol ich mir mal was zum Lesen.

Der Gast holt sich eine Zeitung und will sich wieder setzen.

aufpasser

Na! Da sitzt schon jemand! 

Ende.

Zeha Schmidtke – Unkenrufe

Nachts in der Gartenkolonie. Grillen zirpen. Ein paar wirklich laute Unken dominieren die Stimmung. Ein später Spaziergänger wird auf seinem Gang durch die Gemeinde von einem Nachbarn angesprochen.

nachbar

Nabend.

spaziergänger

Guten Abend.

nachbar

Na? Können Sie auch nicht schlafen bei dem Lärm, ne? Wissen Sie, was das ist? Wissen Sie, was das ist? Das ist vom Nachbarn hier.

spaziergänger

Ach.

nachbar

Ich sag immer: Gartenteich ist ne schöne Sache. Gartenteich haben wir alle. Aber das reicht dem Nachbarn ja nicht, er muß ja immer ne Extrawurst haben. „Gartenteich haben sie alle“, hat er sich wahrscheinlich gedacht: „Ich brauch was spezielles.“ Manche ticken ja so.

spaziergänger

Ja, ja.

nachbar

Er brauchte was Exklusives. Diese fetten Frösche. Aus dem Import. Solche Kawenzmänner sind das! Und das geht jetzt hier die ganze Nacht.

spaziergänger

Ach, so.

nachbar

Tun Sie mir doch mal einen Gefallen. Ich hab bisschen Probleme mit den Gelenken. Können Sie mal hier…einmal hier kurz drücken.

spaziergänger

Hier?

nachbar

Ja, ja.

Der Spaziergänger drückt auf den Knopf. Eine Explosion zerreißt die Nacht. Die Unken unken nicht mehr.

Der Nachbar lacht sich kaputt.

nachbar

Da fliegen sie! Die fetten Frösche!

Der Froschgarten brennt. Ein paar Planken fallen zu Boden.

nachbar

Jetzt sind sie ruhig. Die haben Sie wirklich sauber ruhig gekriegt.

Aus der Ferne: herannahende Sirenen: Polizei und Feuerwehr.

spaziergänger

Wieso ich?

nachbar

Ich muss dann mal los. Ihnen alles Gute!

Die Sirenen kommen näher.

Ende.

Arne Zank: Die Vögel fliegen hoch

Teil 1: Bank

Teil 2: Krabben

Teil 3: Dr. Zank

Teil 4: Geld

Teil 5: Schnell essen

Teil 6: Dr. Zank II


Hörspielskript, Regie, Schnitt: Lukas Münich
Mastering: Bernd Pflaum

Sprecher*innen:
Vogel 1: Timo Möller
Vogel 2: Luca Rihm
Cousinvogel/Polizistvogel: Bird Berlin
Kapitän/Wirtin/Polizei/Arzt: Philipp Kause
Krabbenlehrling Nils/Bankbeamter: Roman Bahr
Dr. Arne Zank: Anders Möhl