Zu Weihnachten bekam mein Bruder eine Gitarre.
Meine Schwester eine Nähmaschine.
Und ich sogar ein Boot.
Ich heuerte bei mir selbst als Schiffsjunge an, mein Bruder nannte sich Freddy Quinn und sang schreckliche Lieder. Meine Schwester strickte ein Zelt für uns.
Wir fuhren über sieben Meere.
Wir umschifften tausend Klippen, bis unser hölzerner Rumpf an einem Fels in der Brandung zerbrach.
Wir hungerten. Wir hatten Dünnpfiff. Wir fütterten die Fische.
Aber das Meer nahm sich nur, was es uns gegeben hatte.
Vater bekam Skorbut und meine Schwester nähte ihm mit ihrer verrosteten Nähmaschine eine Angel. Mein Bruder sang immer noch schreckliche Seemannslieder. Mutter wurde mondsüchtig.
Am Samstagabend, vor der Hitparade, beschlossen wir baden zu gehen.
Auf dem Weg zum Strand saßen die Badehosen knapp, aber dies versprach eine
Prise Gefahr und Abenteuer. Meine Schwester wollte uns Tangas weben, aber wir lehnten ab. Mein Bruder wollte singen. Aber wir lehnten ab.
Wir verbrachten unser halbes Leben an diesem Strand. Die Badehosen saßen zwar immer noch knapp, aber da sonst alles an der richtigen Stelle war, blieben wir gelassen. Die Wellen spülten die Zeit und unsere Pisse hinweg, bis Vater nach vielen Jahren den ersten Fisch fing. Er war klein, weiß und lieb. Der kleine Fisch konnte meinen Hunger nicht stillen und in meinen Gedanken war wenig Platz für seinen Tod.
Ich betete, denn ich war gefangen am Ende der Welt und gestrandet im Hafen der Einsamkeit. Im Bauch eines Wals wurden wir gerettet.
Mein Leib blieb zurück, meine Schwester nähte nie mehr. Mein Bruder ist Freddy Quinn, meine Mutter reiste zum Mond und als mein Vater starb, waren seine letzten Worte:
Es gibt nichts Besseres als frischen Fisch zum Frühstück.